Der Missetäter

82 10 3
                                    

Übermüdet und ebenso zufrieden, vielleicht eine gute Tat zur Sicherheit der Prinzessin getan zu haben, war Larno von seinem Lager gekommen. Biello indessen war im tiefsten Schlafe und ließ dies auch lautstark aus seinem Hals durch Schnarchen hören. Die Ruhe hatte man ihm zu gönnen.

Nachdem sich Larno am Wasserbottich im Hof gewaschen hatte war er zur Küche gegangen, um etwas für das leibliche Wohl zu erhalten. Wenngleich es ein dicker Getreidebrei war, so füllte es den Magen- bis zum Abend vielleicht sogar, denn er hatte Schlaf nachzuholen.

Im Innenhof machten sich einige Leute bereit zur Abreise, wie es bei solch gut besuchten Burgen ganz normal erschien. Ein Stallknecht hatte dort auch Herrn Radomir's Reittier aufgestellt.

In der Hoffnung, Herrn Radomir vielleicht hier abpassen zu können, ging Larno zu dem Knecht und erfragte, wann Herr Radomir denn käme.

„Der slawische Kämmerer? Der hat mir aufgetragen, sein Pferd zu versorgen und dann zum Fluss herunter zu schaffen. Der Herr ist bereits dorthin gegangen- ist jedoch noch nicht lange fort. Ich wollte mich auch recht schnell mit dem Tier dort zum Hafen begeben. Ich muss danach noch zwei andere Tiere satteln. Versteht ihr?", erklärte sich der Knecht.

„Jaja. Ich verstehe. Wo am Hafen sollt ihr Herrn Radomir treffen?"

„An den Anliegern, die elbabwärts liegen. Es soll ein böhmischer Treidler sein. So viele Kähne sind dort auch heute nicht, die ablegen wollen. Elbaufwärts liegen mehr Kähne bereit."

Mit der Gewissheit, den Kahn schon finden zu können- und lange gähnend- ließ Larno den Knecht seine Arbeit machen und ging zum Abort, um sich zu erleichtern.

Dort hieß es anstehen und die Toilettengänge zweier anderer Männer abzuwarten. Doch war die Eile nicht so groß für Larno, dass es schon zwickte.

Die lange Nacht der Wache war vorüber, jedoch die Aufmerksamkeit schien auf dem Lager in der Kammer geblieben. Es fiel Larno merklich schwer, klar zu bleiben und sich zu besinnen, wie der Tag am besten anzugehen war.

Er freute sich jedoch darauf, Fräulein Nerin zum Fluss begleiten zu dürfen. Das sah er als Abwechslung an, da die Damen sich sonst nicht aus der Burg begaben und die Wärme der Kemenate schätzten.

Als Larno nun in den Wehrgang hinein bog, da kam eine Magd gerade aus der kleinen Kammer.

„Ah. Ihr werdet Euch noch gedulden müssen. Frau Nerin lässt sich soeben beim Ankleiden helfen. Sie bittet Euch, im Hof zu warten. Sucht dort bitte auch einen Ritter Ulrich, der von Herrn Hermann die Aufgabe erhielt, Frau Nerin zum Geleit zur Verfügung zu stehen."

Larno war ein wenig befremdet darüber, dass der Hausherr der Burg ein zusätzliches Geleit beauftragt hatte. Also ging Larno wieder hinunter auf den Innenhof der Burg und sah sich um.

Wenn Ritter Ulrich der junge Rittersmann war, welcher am Torhaus mit einem Wachknecht scherzte, so war Ulrich ein Mann in Larno's Alter- vielleicht auch jünger, der einen guten, metallenen Brustpanzer über sein Leibhemd trug- ein Brustpanzer, der wohl ein wenig zu groß für ihn angefertigt war.

Larno ging zu dem Ritter.

„Herr Ulrich? Ihr seid Fräulein Nerin von Lenzen heute für ihren Spaziergang zugeteilt?"

„Ja. So ist es. Ulrich von Nünchritz."

„Seit ihr von der Meißener Besatzung?"

„Nein, nein. Ich bin Knappe von Herrn Rawaldt von Nünchritz, meinem Oheim. Mein Onkel erbat bei Herrn Ekkehard, mir Aufgaben nach Belieben zuzuteilen, solange der Oheim mit Herrn Ekkehard von Meißen in Italien im Heerbann des Kaisers mitziehen. Für diese Zeit habe ich mich hier nützlich zu zeigen, bis der Onkel zurückkehrt und ich die Schwertleite erhalten kann."

- Larno- Im Ränkespiel der MachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt