Die Nachricht von den Gästen des Herrn Miko ging auf Burg Wulfesal schnell von Ohr zu Ohr.
Vielleicht war es, weil die Kinder des Fürsten Berogast hier Obdach fanden, vielleicht aber auch, weil einige der Neuankömmlinge mit ihnen angereist waren- Neuankömmlinge aus Bojek, die wohl aus dem Brisanenland geflohen waren.
Der Kälte trotzend sprangen am Morgen einige Kinder in ihrem Spiel um das große Feuer am Platz, als Larno aus der Hütte trat, um sich zu strecken.
Zwei der kleineren Kinder wirbelten sofort um Larno herum, als wollten Sie ihn in ihr Jagen mit einbeziehen. Dies belustigte ihn.
Doch heute wollte Larno sich umhören, wo sich Gelegenheit bot.
Diejenigen Zwei, welche hier beim Herrenhaus verliebt als Paar standen, erschienen Larno zu jung, um ihm eine Auskunft geben zu können. Dennoch fragte er das junge Paar freundlich, wo er jemanden finden könne, der schon sehr lange in der Burg Wulfesal lebte.
„Smielo." bekam er von der jungen Frau als Antwort. „Aber der ist heute früh schon hinaus in den Wald gegangen. Ach ja- und die alte Gerbotha."
„Ja. Die alte Gerbotha. Die lebt hier schon lange.", bestätigte der junge Mann sofort.
„Wo finde ich Sie, die Frau? Diese Gerbotha?"
Die junge Frau überlegte nicht lang. „Hier wird sie wohl sein. Im Haus von Herrn Miko. Sie kocht für Uns. Sie wird vielleicht Fleisch schneiden. In der Küche werdet ihr sie finden."
Larno bedankte sich und ging zum Haupteingang des Herrenhauses herein.
Der große Raum mit den vier großen Tischen wirkte bei Tageslicht kleiner, als es gestern am Abend noch den Anschein hatte. Eine angenehme Wärme hatte der Raum, wohl auch da hier der kalte Wind nicht herein fand.
Eine junge Frau scheuerte mit Sandstein und Wasser die Tische ab. Sie erwiderte den morgendlichen Gruß durch ein freundliches Zunicken.
Doch eine ältere Frau war hier nicht. Und wenn diese kleine Kammer dort auf der rechten Seite die Küche war, so war dort auch niemand. Der Vorhang war aufgezogen, so dass die Wärme der Feuerstelle dort heraus konnte.
„Sucht Ihr etwas zum Essen? Wir haben dort in dem Holzeimer noch Trockenobst. Die Kinder holen sich immer etwas davon. Oder wollt ihr ein kleines Fladenstück? Ich habe es noch über von gestern. Doch wenn ich es Euch am Ofen aufwärme, wird es noch schmecken, wie grade gebacken."
Die ältere Frau, die Larno diese Fragen stellte, zog einen schweren, geflochtenen Korb über den Boden, den sie aus einer Kammer von der anderen Seite des großen Raumes hergeholt hatte. Abgehangenes Fleisch und ein kleiner gefüllter Sack lagen im Korb und schienen der alten Frau wohl zu schwer, um die Sachen zu tragen.
„Gern nehme ich den Fladen. Lasst Euch von mir helfen, ich kann..."
„Nein, nein. Es geht schon. Ich bin es gewohnt und hab es auch gleich dort, wo ich es haben will.", sprach die Alte.
Larno musterte die gebückt gehende Frau. Sie hatte schmale, aber sehr kräftige Hände. Ihr Haar war gekräuselt in einer Vielzahl dicker grau- blonder Locken. Dem Anschein nach könnte es sich vielleicht um die beschriebene Frau handeln.
Doch Larno tat nicht so, als wollte er dies jetzt in Erfahrung bringen. Er sprang stattdessen hinzu und nahm den schweren Getreide- Sack aus dem Korb, um die Last für die Alte zu erleichtern.
Kurz hielt die Frau inne und blickte dankend zu Larno auf, dann hob sie den Korb mit dem verbliebenen Inhalt vor die Brust und trug die Last in die Küche.
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- Larno- Im Ränkespiel der Macht
Fiction HistoriqueIm Jahr 1001 gelingt es den vor Gewalt und Knechtschaft geflohenen Brisanen bei dem elbslawischen Linonen eine Zuflucht zu finden. Die Flüchtigen können ein neues Leben aufbauen. Doch im Ränkespiel der Mächtigen geschehen seltsame Dinge- manche Gesc...