,,Also bist du Janne?"

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Tatsächlich vergingen zwei Wochen, bis Rob Janne zu Gesicht bekam. In der Zeit war es immer noch leise in der Wohnung, obwohl er sich manchmal wirklich darauf konzentrierte ruhig zu sein, um Geräusche von nebenan zu vernehmen. Nur war da halt nichts. Nur Stille. Als sie gerade mit dem Aufräumen nach einem Kochvideo fertig waren, hörte Rob ein Klingeln. Es war nicht die Haustür unten, sondern direkt an der Wohnung. Simon kam so weit, hatte aber einen Schlüssel für die Wohnung und die anderen mussten unten klingeln. Also konnte es nur der Vermieter oder die Nachbarin sein. Rob wrang seine Hände, während er zur Tür lief.

Als er diese öffnete, stand eine junge Frau in einer engen Jeans und einem weiten Shirt vor ihm. Dass mit kurzen Haaren nicht schulterlang gemeint war, hätte Simon ihm auch sagen können. ,,Hi, so'n anderer Typ - ich hab' nicht nach seinem Namen gefragt - hat mir letztens euer Duschgel geliehen und meinte, er baut das in einen Prank ein. Ich wollte es euch zurückgeben, hab' es immer verpennt und gerade ist es mir eingefallen." Sie reichte ihm die Flasche. ,,Also bist du Janne?" ,,Jap." ,,Ich bin Rob, einer von den beiden Chaoten, die hier wohnen. A propos Wohnen, wie lange lebst du hier schon? Wir haben dich nie gesehen oder gehört." Janne erklärte ihm, dass sie eigentlich schon fast ein Jahr die Wohnung mietete, aber beruflich viel unterwegs und deswegen seltener in Köln war. Bevor er nach ihrem Beruf fragte, bat Rob Janne in die Wohnung. Sich zwischen Tür und Angel unterhalten war ziemlich nervig und sie wirkte sympathisch.

Nachdem er ihr ein Getränk angeboten hatte und sie die Cola dankend annahm, stellte Rob gleich die nächste Frage: ,,Was machst du denn beruflich?" ,,Ich bin freiberufliche Bühnenbildnerin. Das heißt, ich entwerfe Bühnen für Shows, seien es Opern, Theater, Musiker, die auf Tour gehen oder Specials für's Fernsehen aufnehmen. Ihr macht irgendwas mit Videos oder so, wenn ihr Pranks dreht?" ,,Hat Simon - so heißt "der andere Typ" übrigens - das erwähnt?" Janne bejahte das und fragte ihn dann weiter aus. Sie hatte zwar auch mit YouTube zutun, aber ihr Gesicht war nicht zu sehen, weil sie nur Arbeiten im Hintergrund übernahm. Ihre beste Freundin schrieb und erzählte die Geschichten zusammen mit Freunden. Deren Gesichter und Namen kannte man. Janne war nur "Jey", die man Holz bearbeiten sah. Aber das erwähnte sie jetzt nicht. Die Bühne bestimmte ihr Leben und nicht die Kamera. Davon konnte sie so viel mehr erzählen, als von irgendwelchen Schnittprogrammen und Algorithmen. Sie unterhielten sich also weiter über ihre verschiedenen Jobs und die Schwierigkeiten des Selbstständig Seins.

Im Gespräch kamen sie auch irgendwann darauf, dass sie beide aus Aachen stammten und Janne bald wieder dort leben würde: ,,Gewöhnt euch aber nicht daran, dass ich neben euch wohne. Ich ziehe Mitte Dezember wieder nach Aachen, um näher an der Werkstatt und meinen Eltern zu sein. Der Mietvertrag ist auch schon unterschrieben." ,,Du weißt schon im Juli, was du im Dezember vorhast?" ,,Ich muss mich dann um mehrere Aufträge gleichzeitig kümmern und brauche mehr Arbeitsfläche. Im Moment sind Schlaf- und Arbeitszimmer der gleiche Raum und das geht einfach nicht mehr." Das war absolut logisch, aber beeindruckte Rob trotzdem. YouTube machte im Voraus planen oft schwierig und dann war da Janne, die ein halbes Jahr vorher schon wusste, woran sie arbeiten würde. Klar, es stand wahrscheinlich der CrispyKalender an, aber was er da genau filmen und veröffentlichen würde, wusste er jetzt auch noch nicht.

Janne hatte mittlerweile ihre Cola geleert und verabschiedete sich von ihm. Rob lud sie noch zu seiner Home ein, die er für die nächste Woche plante. Sie sagte erstmal zu. Neue Leute kennenlernen machte Janne immer Spaß und der Großteil ihres Freundeskreises gehörte in die Theaterszene und war teilweise auch etwas versnobt. Rob wirkte schon wesentlich lockerer und wenn die anderen auch so drauf waren, konnte das eine entspannte Abwechslung zu ihrem sonstigen Alltag werden. Zwischen Auslandstelefonaten, Recherchen zu Bühnenbildern und dem tatsächlichen Design dieser blieb gerade nicht viel Zeit, sich mit ihren Freunden zu treffen. Vor allem, weil auch sie gerade in der Vorbereitungsphase für Aufführungen steckten und ihre gesamte Kraft darauf verwendeten. Noch dazu waren sie in der ganzen Welt verstreut und nicht unbedingt in ihrem näheren geografischen Umfeld. Neue Bekanntschaften in Köln zu finden klang also nach einer gar nicht so schlechten Idee.

Living next door to Janne (Rezo)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt