Kapitel 29 „Psst, nicht weinen"

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Müde steige ich aus Ethans Auto aus. Aiden hat mich gestern nach Hause gefahren und ohne ein Wort bin ich aus dem Auto gestürmt und ins Haus gerannt. Ich hab mich in meinem Zimmer verbarrikadiert und versucht in meinem Bett zu versinken. Doch trozdem habe ich die Nacht kaum ein Auge zu gemacht und aller höchstens 3 Stunden geschlafen.

Diese ganze Situation lässt mir keine Ruhe und noch schlimmer ist, dass ich jetzt auch noch Schuldgefühle Aiden gegenüber habe. Ich war nach der Aktion gestern so abweisend zu ihm. Er weiß nicht wieso und so gerne ich es ihm sagen würde, ich möchte niemanden schaden und riskieren, dass etwas passiert. Die Drohung, die mir gegenüber geäußert wurde und mir unmissverständlich klar gemacht hat, Stillschweigen zu bewahren, nehme ich vollkommen ernst. Ich habe keine Lust herauszufinden was passiert wenn ich nicht nach seinen Regeln spiele.

„Du siehst ja grauenhaft aus", sagt Selin und umarmt mich flüchtig zur Begrüßung. Ich schrecke leicht zusammen und nehme wieder meine Umgebung war, nachdem ich in meinen Gedanken versunken war. Ich habe nichtmal bemerkt, dass ich bereits vor der Eingangstür unserer Schule angekommen bin. „Tja, da hilft der Concealer von Mac auch nicht viel", scherzt Nele und spielt auf meine Augenringe an. Ja ich habs verstanden... ich seh kacke aus.

Im Normalfall würde ich jetzt lachen, aber ich bekomme nichts außer ein kleines, gut gemeintes Grinsen über die Lippen. „Ist alles okay bei dir?", fragt Dylan und mustert mich besorgt. Ich nicke kurz als Antwort und krächze dann „Wo ist Aiden?". Ich muss mich dafür entschuldigen, dass ich einfach abgehauen bin.

„Wir bekommen heute zwei neue Rudelmitglieder, sie kommen sogar aus der Nähe eures alten Rudels und deshalb kommt er und Keneth etwas später nach", erklärt Dylan.

Ich nicke kurz verstehend und wir betreten die Flure. Gequält stelle ich fest, dass wir jetzt zwei Stunden Geschichte haben. Noch schlimmer kann ein Tag gar nicht werden.

Auf einmal breitet sich ein komisches Gefühl in meinem Magen aus. Ein bekannter Geruch steigt mir in die Nase und ich schaue mich wachsam um. Meine Arlamklocken klingen wie bei einem Überfall. Mein Blick fährt an allen Schülern vorbei die mit uns im Gang stehen und bleiben an einem Rotschopf hängen.

Meine Kehle schürt sich zu und ich habe einen kürbisgroßen Kloß im Hals. Nein, das kann nicht sein! Das darf nicht sein! Das ist ein schlechter Scherz. Geschockt ziehe ich Nele zu mir und stoße ihr meinen Ellenbogen in die Rippen. Sie sieht mich fragend an. Vorsichtig deute ich in die Richtung von Ihm. Nele schaut in die angedeutete Richtung und ihr Augen weiten sich. „Das ist jetzt nicht wahr", sagt sie unglaubwürdig.
Hass und Verachtung, genau das fühle ich gerade, aber leider schwingt auch die Angst mit. Angst vor ihm .

Ich starre ihn weiter an, bis seine tiefen dunkeln Augen meine treffen. Geschockt ziehe ich die Luft ein. Er grinst mich an. Ich sammele mich schnell und starre ihn finster an. Das selbe düstere Grinsen welches ich schon mehrfach, nein, zu oft gesehen habe, steht mir genau jetzt, genau Heute gegenüber. Keine 20 Meter entfernt. Ich löse mich von seinem Anblick und schaue wieder zu Nele. Sie starrt ihn aus zusammen gekniffenen Augen an und schupst mich in unseren Kursraum. Auf einem Zweiersitz nehmen wir Platz. Ich blinzle mehrmals um zu verarbeiten was gerade passiert ist.

Ich weiß nicht was ich sagen oder denken soll.

„Dafür gibt es bestimmt eine Erklärung", sagt sie ruhig. Fassungslos starre ich sie an. „Ein Erklärung? Nele, er ist zurück! Er wird mir mein Leben weiter zur Hölle machen.", sage ich frustriert und kleine Tränen bilden sich in meinen Augenewinkeln und ich schlage frustriert die Hände über dem Kopf zusammen.

Erst die Sache von gestern und jetzt das? Das wird mir alles zu viel! Ich raufe meine Haare und ziehe leicht an ihnen, um auch ja sicher zu gehen, dass das alles wirklich passiert „Hey, beruhige dich. Wir sind alle für dich da und Aiden nun auch. Dir wird nichts passieren. Verstanden?", fragt sie und sieht mich abwartend an. Ich wische mir die angebahnten Tränen weg und Nele hakt noch einmal mit etwas mehr Nachdruck in der Stimme nach. „Verstanden?", ich nicke bestätigend und atme einmal tief ein und aus und lasse meinen Kopf auf die Tischplatte sinken. Du musst stark bleiben. Lass dir nichts anmerken.

Widerstand? Zwecklos!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt