Die restliche Zeit der Winterferien verbrachte ich größtenteils zu Hause oder mit Leslie. Wir waren mittlerweile wirklich gute Freundinnen geworden, da sich Charlotte eher von ihr abgewandt hatte. Allerdings merkte man ihr die Sache mit Gideon gar nicht mehr so stark an, denn sie redete mittlerweile wieder mit mir. Gideon wurde nur zwei Tage nach mir entlassen, sodass er schon kurz darauf rechtzeitig zu Weihnachten nach Frankreich zu seiner Mutter fliegen konnte, wie er mir im Krankenhaus erzählte, auch wenn ich ihn davor gerne noch einmal gesehen hätte. Schon allein bei dem Gedanken an unsere gemeinsame Zeit im Krankenhaus schlug mein Herz ein klein wenig schneller. Ich konnte es gar nicht mehr abwarten, dass die Schule wieder anfing und ich Gideon endlich wieder sehen und mit ihm reden konnte.
Die Ferien vergingen wie im Flug und ehe ich mich versah war das neue Jahr da und der öde Schulalltag begann wieder. Doch ich stand an jenem Montagmorgen voller Vorfreude auf und verließ das Haus nur kurz nach Charlotte, weil ich meine Haare noch entwirren musste. Im Bus traf ich dann auf Leslie, die meine Aufregung natürlich verstand, denn ich hatte ihr alles haarklein erzählt – natürlich nicht von der Vorgeschichte mit meiner psychischen Krankheit.
Nach einer endlos scheinenden Busfahrt voller Vorfreude hielten wir endlich vor Saint Lennox und machten uns zu zweit auf den Weg zu unserem Klassenraum. Und da saß er. Ohne Charlotte – wie erwartet. Das Haar wirr wie immer und die Arne lässig vor der Brust verschränkt. Alles was man ihm noch von dem Unfall ansah, war die leicht bläuliche Beule an seiner Schläfe. Doch ich musste sagen, ich war froh, dass es passiert ist, ansonsten wäre es nicht so weit gekommen, wie es ist.
Leslie zog mich eine Reihe weiter nach hinten zu unseren Plätzen. „Wie lange wolltest du da noch stehen und starren?", fragte sie kichernd und ließ sich mit ihrer Tasche neben mir nieder. „Ksch!", machte ich, damit Gideon nichts von unserem Gespräch mitbekam, schließlich saß er nur knapp ein einhalb Meter vor uns. Doch anscheinend musste mein Geräusch lauter gewesen sein, als alles andere, denn Gideon setzte sich plötzlich aufrecht hin und drehte sich zu uns um. „Ich geh mal zu Raphael", flüsterte Leslie und stand hastig vom Tisch auf, während Gideon sich ebenfalls von seinem Platz erhob und zu mir nach hinten kam. Die Arme auf den Tisch gestützt blickte er auf mich hinab und ich schluckte einmal schwer, bevor ich ein leises „Hallo", heraus bekam. Doch sein blick blieb ernst und er senkte den Kopf zum Tisch, als würde er sich nicht trauen, etwas auszusprechen, während ich ebenfalls nur wie erstarrt dasaß. „Hör mal, Gwendolyn..." Doch weiter kam er nicht, denn von hinten kam eine Person, die ihn unbedingt begrüßen wollte. Diese Person ließ Gideon herumfahren und er beugte sich etwas zu ihr hinab, um sie zu küssen. Das goldschimmernde Haar fiel ihr wie immer elegant über die Schultern und ihr Lächeln war aufrichtig wie üblich und zeigte ihre strahlend weißen Zähne. Auch Gideon schien glücklich in ihrer Gegenwart. Zusammen setzten sie sich auf ihre Plätze eine Reihe vor mir, ohne das Gideon mir etwas erklärt hatte, und ich starrte sie nur verdutzt an. In mir brodelte die Wut, Enttäuschung und die Verwunderung.
Ich wusste nicht, dass Gideon und Charlotte wieder zusammen waren.
Es fühlte sich innerlich so an, als würde eine Welt zusammenbrechen. Eine Welt, die anscheinend nur in meinem Kopf existiert hatte.
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Back to Life - Liebe besiegt alles. | ✅
FanfictionZeitreisen und Geister? Alles nur Macht der Einbildung. Gwendolyn muss eines Tages in der Psychiatrie feststellen, dass die ganze Zeitreise- und Liebesgeschichte nur in ihrer Fantasie stattfand. Nun ist sie geheilt von ihrer Krankheit und muss sich...