Werwolf

15

Vickie

Ich wende mich von den Bildschirmen ab und beginne Notizen in meinen Ordner zu kritzeln.

Die Tode von Mia und Max werden Haylie und Viktor dazu bringen mehr denn je zusammen zu halten.

Mias Tod wird auch Auswirkungen auf Claudia zeigen, die andere der zwei Schwestern. Ohne es je auszusprechen oder viel miteinander zu tun zu haben gab es einen Bund zwischen ihnen.

Es war eine sehr gute Idee, das kleine Mädchen in den Test zu integrieren. Sie war eine Bereicherung und außerdem interessant zu betrachten, trotz der Tatsache, dass sie Stadium eins nie verlassen hat.

Die Werwölfe befanden sich von Anfang an im dritten Stadium. Mit dem ersten genommenen Leben haben sie sich ins vierte Stadium katapultiert.

Valerian war ein wirklich guter Spieler, einer meiner Favoriten. Er hatte eben nur das Unglück, verdächtigt und umgebracht geworden zu sein.

Jetzt sind die Anwärter auf den Sieg vor allem Alexa und Haylie, wenn sie vorsichtig und weise spielt auch Viktor.

Es war eine geniale Idee von den Wölfen, eine Spur zu Lauras Tür zu legen, die leider viel zu lange vergessen wurde.

Etwas auf den Bildschirmen zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Es ist Haylie, die mit einem roten Stift in der Hand zu den Portraits geht, die an der Wand hängen. Mit zitternden Strichen streicht sie Mia, Max, Laura und Veronica weg. Eine Träne rollt ihre Wange hinab. Viktor, der hinter ihr steht, nimmt ihre Hand und führt sie in sein Zimmer.

Ich erhebe mich. Bis in ein paar Stunden wird es hier nichts mehr zu sehen geben, nicht, bis es wieder "Nacht" wird. Wir haben die Tage und Nächte etwas abgekürzt, was aber keinem aufzufallen scheint.

Meinem Schlafrhythmus aber tut es gut. Ich habe an regulären Tests mitgearbeitet, und während diese laufen ist nie jemand ausgeschlafen. Es ist einfach zu aufregend.

Ich werde aufgeweckt durch den nervigen Klingelton meines Handys. Ich reibe mir über die Augen und hebe dann ab.
"Ja?", murmele ich.

"Hey, Vickie." Es ist Andreas, einer meiner Testleiter. "Es ist Zeit, die Werwölfe zu wecken."

"Ich bin gleich da", antworte ich. "Fünf Minuten."

Ich lege auf ohne ihm die Möglichkeit zu geben, noch etwas zu erwidern. Aus meinem Kleiderschrank ziehe ich einen frischen Pullover.

Im Vorübergehen schnappe ich mir einen Apfel aus einer Obstschale. Ich trete in den Aufzug und drücke auf den Knopf mit der leuchtenden 11 darauf. Leise summe ich zu dem Radiosong mit, der über die Lautsprecher läuft. Ich höre erst auf zu summen, als ich den Kontrollraum betrete.

"Alles bereit für eine nächste Nacht?", frage ich.

Die Gesichter der Anwesenden drehen sich zu mir. Es sind nur vier Leute. Die anderen wurden anscheinend anderweitig eingespannt.

"Ja", beantwortet Maya meine Frage. Sie ist so etwas wie meine Assistentin. "Alle sind in ihren Zimmern, die meisten schlafen."

"Gut. Weckt die Wölfe."

Andreas drückt auf zwei Knöpfe, den für Viktor und den für Haylie. Die anderen drei werden von rotem Klebeband bedeckt.

Ich setzte mich neben Maya. "Gibt es noch irgendetwas neues?"

"Viktor hat sich als bisexuell geoutet", erwidert sie.

"Das hatte ich noch mitbekommen."

"Es wurde ein wenig aufgeräumt. Es ist nichts weiter gravierendes passiert."

Es beginnt sich etwas zu regen. Es sind Haylie und Viktor, die ihre Zimmer verlassen. Zielgerichtet, als hätten sie sich abgesprochen, gehen sie auf Nils Zimmer zu.

Kaum eine Minute später treten sie wieder in den Gemeinschaftsraum. Ich kann kein Blut an irgendeinem der beiden erkennen.

"Nils Bley ist tot", verkündet Mark. Er war früher Krankenpfleger und ist bei diesem Test für das Medizinische zuständig.

Ich streiche seinen Namen von meiner Liste. Einer weniger. Noch drei Dorfbewohner und zwei Werwölfe.

Ich hoffe wirklich, dass die Wölfe gewinnen. Ich will wissen, was die Langzeitwirkungen des Werwolf-Serums sind.