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Haylie

Ich bin ein einsamer Alpha. Ein Alpha ohne Rudel.

Mir war garnicht aufgefallen, dass schon wieder Nacht war, bis ich die Stimme höre, die mir sagt, dass die Werwölfe erwachen.

Nachdem Viktor gestorben ist hat Claudia mich in mein Zimmer gebracht. Seit dem sehe ich die Wand an. Zwischendurch muss jemand bei mir gewesen sein, denn auf dem Tisch steht ein Teller und ein Glas Wasser.

Ich springe auf, muss mich aber gleich wieder hinsetzen, weil mein Kreislauf das nicht mitmacht. Etwas langsamer stehe ich erneut auf.

Im Spiegel betrachte ich mein Gesicht mit den leuchtenden Augen und spitzen Zähnen, vielleicht zum letzten Mal.

Heute Nacht kann ich eine Person töten, morgen bei der Abstimmung stirbt noch jemand. Dann sind wir noch zu zweit. Der andere wird dann wissen, dass ich es bin. Wenn ich bei der Abstimmung nicht sterbe, habe ich gewonnen.

Alexa hat Viktor vorgeschlagen. Es wäre naheliegend, sie zu töten. Dann würden die anderen beiden aber sofort wissen, dass ich der Wolf bin. Ich weiß, was Claudias Figur ist, eine der zwei Schwestern. Sie ist nicht gefährlich für mich. Also Liam.

Zielstrebig gehe ich auf seine Zimmertür zu.

Er sitzt auf seinem Bett und sieht mich direkt an. Das Licht ist nicht an, weshalb er mich wahrscheinlich nicht erkennen kann, aber ihm muss klar sein, dass er verloren hat.

"Es gab eine Chance von eins zu drei, dass ich diese Nacht sterben würde", sagt er. "Oder eins zu zwei, wenn es zwei Wölfe geben würde. Ich weiß, dass Alexa kein Werwolf ist, ihr würdet niemals einen eurer eigenen Leute umbringen. Also, bringen wir's hinter uns. Claudia."

Ich beginne zu lachen. Es hört sich rau an und schmerzt meiner Kehle, aber es tut so gut.

"Was ist?", fragt Liam. "Warum lachst du?"

"Mach das Licht an", fordere ich ihn auf.

Er knipst die Lampe an, die auf dem Nachttisch steht und erstarrt. Er zieht scharf die Luft ein. Ich grinse ihn an.

"Ich denke, ich habe einen grauenvollen Fehler gemacht."

"Ja, das hast du. Eigentlich hatte ich vor, das hier still und leise zu tun. Du hättest gar nichts bemerkt. Aber jetzt bist du wach..." 

Ich bewege mich langsam auf ihn zu, gebe ihm die Chance zurück zu weichen, aber er bleibt starr an seiner Stelle. Mit einer schnellen Bewegung reiße ich seine Kehle heraus. "Sag Viktor hi von mir." 

Ich wasche meine Hände in seinem Waschbecken und verlasse dann den Raum, ohne Liam noch einmal anzusehen. Wieder in meinem Zimmer kehre ich in mein tranceartiges Stadium zurück. 


Ein Klopfen an meiner Zimmertür ertönt. Ich sage "Ja?", allerdings so leise, dass ich nicht denke, dass die Person draußen es gehört hat. 

Claudia öffnet die Tür und lächelt mich gedrückt an. "Liam ist tot", informiert sie mich. Ich nicke. "Ich komme." 

Ich ziehe mir ein frisches Shirt an und trete dann in den Gemeinschaftsraum. Alexa legt eine Karte auf den Tisch. 

"Liam, der Beschützer.

"Wen hat er beschützt?", fragt Claudia. 

Alexa wirft mir einen Seitenblick zu. "Haylie." 

Oh. Er hat wirklich einen grauenvollen Fehler gemacht. Einen Werwolf beschützen. Ironie des Schicksals. 

"Wie auch immer", fährt sie fort. "Wer stirbt jetzt?"

Ich kann nicht zulassen, dass Alexa so stirbt. Ich will es selbst tun. Ich will, dass sie weiß, wer ich bin. 

"Ich schlage Claudia vor", sage ich so gelassen wie möglich.

"Was?", ruft sie erschrocken. "Aber ich... Ich bin kein Werwolf! Ich könnte nie..."

"Das ist genau, was ein Werwolf sagen würde", erwidere ich ruhig. "Seht euch doch nur mal die Fakten an. Nach dem Feuer sahst du ziemlich niedergeschlagen aus. Das Feuer, in dem Max gestorben ist. Ein Werwolf."

"Ich... Nein! Das war wegen Mia!"

"Wegen Mia? Du hast nie irgendwas mit ihr gemacht, nicht einmal mit ihr geredet."

"Du sahst auch mitgenommen aus", versucht Claudia meine Argumentation gegen mich zu kehren. 

"Weil Mia tatsächlich meine Freundin war."

"Aber..."

"Okay", schreitet Alexa ein. "Abstimmung. Wer ist für Claudia?"

Sie und ich heben unsere Hände. Sie mustert Claudia mitleidig. "Sorry, Süße." 

Alexa geht los um ein Messer zu holen. Claudia versucht davon zu laufen, jedoch bin ich schneller und halte sie am Arm fest. Ihre Bemühungen, sich los zu bekommen, sind zwecklos. Ich wusste gar nicht, wie stark ich wirklich bin. Wie stark es mich gemacht hat, ein Werwolf zu sein. 

Das Messer gleitet so einfach in Claudias Brustkorb, während ich versuche, sie still zu halten. Dank meines stählernen Griffes gelingt mir das auch, was sie aber nicht vom Schreien abhält. Als ihr endlich die Pust ausgeht und ihr Herzschlag sich verlangsamt lass ich sie los. Sie fällt zu Boden. Ich nehme meine Augen nicht von Alexa. 

"Claudia, eine der zwei Schwestern."

Es braucht einige Sekunden, bis Alexa es realisiert. Ihre Augen weiten sich in Schock. "Du", wispert sie. 

Ein Grinsen stiehlt sich auf meine Lippen. "Ich." 

Sie stürzt sich auf mich, das Messer noch in der Hand. Ich weiche ihr aus. 

Kommt schon, Werwolfkräfte. Ich brauche euch jetzt! 

Alexas nächster Schlag trifft meine Wange und hinterlässt dort einen Schnitt. Das ist die erste Verletzung, die ich mir zugezogen habe, seit ich hier bin. Und es wird auch die letzte sein!

Ich beobachte wie in Zeitlupe, wie sie ihren Arm zurück zieht, offensichtlich zufrieden mit sich selbst, mich getroffen zu haben. Ehe ich es mich versehe liegt meine Hand an ihrer Kehle und ich drücke sie auf den Boden. 

"Du hast Viktor getötet", zische ich. "Jetzt töte ich dich." 

Meine Krallen fahren durch ihre Kehle bevor sie Schreien kann. 




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