Chapter Six

1.5K 131 54
                                    

Patricks Sicht

Ach Gott, warum zum Teufel ist Manu so verdammt... Niedlich?

Ich weiß, er ist echt ein wenig zu alt, um niedlich genannt zu werden. Aber er erinnert mich an den kleinen Jungen von damals und das färbt ein bisschen auf meine Wahrnehmung ab.

Nachdem ich den Topf auf den Tisch in der Küche gestellt und gedeckt hatte atmete ich einen Moment durch. Neben den sonst so riesigen Räumen wirkte die Küche wie in einem Puppenhaus. Aber ich mochte alte Küchen und Holzschränke verdammt gerne und naja, der Rest ergibt sich vermutlich von selbst. Einige Minuten später stand ich auf und trat durch die Tür in den Flur. Kurz entschlossen ging ich zur Badezimmertür und klopfte an diese.

"J-ja?" Stammelte Manu und ich wusste, das ihn die Situation vermutlich ziemlich überforderte.

"Bist du fertig?" Fragte ich also so sanft wie es ging. Kurz darauf stand Manu vor mir. Ich lächelte ihn an. Er schien nervös, als wenn er Angst hätte, ich würde ihm doch noch ins wunderschöne Gesicht schlag... Warte mal, Stopp. Was bitte, wunderschön? Ich glaub, mein Hirn kommt mit der Situation auch nicht klar. Was für ein Quatsch.

"Du brauchst keine Angst haben, ich tue dir wirklich nichts! Ich möchte dir nur helfen, okay? Super. Komm mit, du isst jetzt erstmal was und dann sehen wir weiter."

Manu biss sich auf die Unterlippe, folgte mir aber in die Küche. Er sah jetzt wirklich besser aus. Allerdings konnte ich jetzt auch ganz genau sehen, wie es eigentlich um ihn stand. Man könnte sagen, kurz vor unterirdisch. Und das ist nicht witzig gemeint. Er war wirklich furchtbar dünn und hatte kaum genug Kraft, als das ihn seine Beine halten würden. Als er unsicher zum Tisch sah, merkte ich, das er wirklich Angst hatte, etwas falsch zu machen. Er wollte nicht wieder auf die Straße. Wahrscheinlich wegen Typen wie mir...

"Du darfst dich ruhig hinsetzen, ich werde dich schon nicht rauswerfen." Meinte ich also sanft und deutete auf einen Stuhl. Etwas unsicher setzte er sich hin. Mir ein seufzen verkneifend tat ich ihm etwas Suppe auf den Teller und nach kurzem überlegen legte ich ein Stück Brot nicht daneben sondern hinein. Sonst würde er es wohl nicht essen und ich bestand darauf, auch wenn ich es ihm nicht sagen würde. Bei mir tat ich das selbe, als wenn ich das immer so machen würde und setzte mich dann. Sein Blick huschte durch die Küche. Und dann kam die Frage, auf die ich schon gewartet hatte. "Wer hat denn hier die Baupläne vertauscht?" Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. "Hab ich mich auch gefragt." "Ehrlich?" Fragte Manu überrascht weshalb ich wieder lachen musste. "Nein, ich mag einfach solche Küchen." Scheinbar war ihm diese Antwort recht, denn er schwieg. Ich biss mir auf die Unterlippe.

"Weißt du, du kannst hier tun und lassen, was du willst. Ich bestimme nicht über dich. Und ich werfe dich bestimmt nicht raus. Es tut mir furchtbar Leid, was ich getan habe. Was dir wiederfahren sein muss. Aber ich kann es nicht mehr ändern. Nur noch vermindern, aber dafür müsstest aufhören, solche Angst zu haben."

Manu seufzte und senkte den Kopf.

"Ich... Schon lange war niemand mehr so zu mir... Ich versuchs..."

"Ich fresse dich schon nicht." Meinte ich deshalb und schenkte ihm ein Lächeln. Und er erwiderte es. Zwar nur schwach, als wenn er sich nicht trauen würde, aber es reichte schon, um mein Herz zum rasen zu bringen. Und nein, dort gießt es nicht die Rosen.

Ich begann zu essen und achtete von diesem Moment an nicht mehr auf Manu, dem das essen dadurch scheinbar leichter fiel. Wirklich viel essen tat ich aber nicht. Meine Gedanken waren ganz wo anders, und zwar bei meinem Schuldgefühl. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, so gemein zu ihm gewesen zu sein. Ich war doch bloß so verdammt eifersüchtig gewesen! Noch nie hab ich eine männliche Stimme als schön empfunden und seine Stimme war in meinen Ohren mehr als nur schön. Sie war regelrecht atemberaubend. Scheinbar schien das bisher niemand bemerkt zu haben, sonst hätte er nicht so lange auf der Straße leben müssen. Ich wollte ihm helfen. Um mein schlechtes Gewissen zu verdrängen. Um nicht mit dem Wissen zu leben, das ich ihm hätte helfen können. Ich muss ihn nur dazu bringen, vor meinem Vater zu singen, dann hätte er für's Leben ausgesorgt. Und erst dann hätte ich wohl kein schlechtes Gewissen mehr.

Auch Manu hatte inzwischen aufgehört zu essen und musterte mich unsicher.

"Alles in Ordnung? Du siehst so... Abwesend aus." Meinte er leise und ging sich durchs noch feuchte Haar. Ich lächelte ihn nur an.

"Ja, alles okay. Ich... War wohl ein echtes Arschloch, was?"

Er nickte und rieb sich über den Arm.

"Ja, schon... Aber es ist okay. Ich... Ich kenne das ja schon."

"Ich wette, du kannst nichts dafür..."

"Wofür?" Fragte Manu verwirrt und nahm doch noch eine Gabel voll.

"Das du... Naja, auf der Straße lebst."

Er biss sich auf die Unterlippe und nickte langsam.

"Sagen wir, es gab bestimmte Umstände, die mich dazu brachten, hierher zu kommen..."

Er seufzte und sah hinunter zum Teller, bevor er ihn von sich schob.

"Das ist ja wirklich nett und alles, aber ich kann dir nichts zurückgeben... Selbst meine Gitarre ist kaputt gegangen... Sonst... Hätte ich vielleicht..."

"Gesungen?" Fragte ich und konnte mir den hoffnungsvollen Ton nicht verkneifen. Er sah hoch und nickte wieder vorsichtig.

"Ja..."

"Irgendwo müsste ich noch eine haben. Und weißt du was? Wenn ich keine habe, besorge ich eine."

"Warum bist du so nett zu mir?"

Ich grinste schief.

"Warum stellst du immer alles in Frage?"

Er begann zu Lächeln.

"Du willst mich singen hören, das ist es!"

Ich schüttelte belustigt den Kopf. Er verzog verärgert das Gesicht, doch das brachte mich nur noch stärker zum grinsen.

"Och, komm schon. Hab ich jetzt deinen Stolz verletzt?"

Er nickte entschieden und verschränkte die Arme vor der Brust.

Ich sah in seine Augen. Und er sah in meine. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen und mein Herz setzte einen Schlag aus. Seine Arme ließ er wieder unbeachtet in den Schoß fallen. Wir sahen uns weiter an. Und ich weiß nicht, warum, aber mir wurde immer wärmer. Irgendwann konnte ich seinen grünen Augen nicht mehr standhalten und begann, den Tisch abzuräumen.

Ich glaube, das wird noch witzig werden.

---

Geschrieben von StrawberryPikaChan

[1060 Wörter]

Wrecked  [Kürbistumor]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt