Chapter Eightteen

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Patricks Sicht

Als mein Bauch knurrte, zuckte Manu sofort zusammen und drehte sich zu mir um, ehe er anfing zu kichern. Wie süß das doch war. Warte, süß? Ich wurde leicht rot, lenkte jedoch von mir ab, indem ich mich umdrehte und mit dem Grünäugigen an der Hand durch die Eingangstür ging. Ich nutzte die Zeit, in der er wieder in Gedanken versunken war, um mit einer Kellnerin zu sprechen. Ihren begeisterten Blick, als sie mich erkannte, ignorierend, erkundigte ich mich nach einem abseits gelegenen Platz für zwei Personen. Sofort nickte sie und bedeutete mir mit einer Handbewegung, ihr zu folgen, was ich auch grinsend tat.

Nachdem wir durch das ganze Restaurant gelaufen waren, bogen wir um eine Ecke und standen vor einem in romantische Atmosphäre getauchten Tisch. Er hatte gemütlich aussehende Sitzgelegenheiten und wurde mithilfe von Kerzen in warmes Licht getaucht. "Perfekt", hauchte ich beeindruckt, es war noch viel schöner, als ich es mir vorgestellt hatte. Ohne lange nachzudenken stellte ich mich hinter einen der ledernen Sessel und zog ihn zurück, ehe ich Manu, der immer noch perplex vor dem edel dekorierten Glastisch stand, ein charmantes Lächeln zuwarf. Mit sichtbarem Rotschimmer auf seinen Wangen setzte er sich und heftete seinen Blick auf die Tischplatte, um meinen weitestgehend auszuweichen.

Um ihn nicht zu sehr zu überfordern, löste ich mich schweren Herzens von seinem Anblick und las mir die Speisekarte durch, welche durch und durch mit leckerem Essen und tollen Getränken gefüllt war, doch die niedliche Person mir gegenüber, die die Speisekarte interessiert und leicht überfordert musterte, war in meinen Augen viel interessanter und lenkte meine Augen immer wieder weg von der Karte direkt zu dem hübschen Gesicht von Manuel. Mich selbst ermahnend durchsuchte ich die Speisekarte nach dem Essen, dass mir am meisten zusagte und entschied mich nach ein paar Minuten für einen simplen Leberkäse mit Kartoffelsalat.

Gedankenverloren beobachtete ich das Flackern der Kerze. Was war das zwischen mir und Manuel? Unterbewusst war mir schon vor längerer Zeit klar geworden, dass ich mehr als nur Freundschaft für den Grünäugigen empfand, doch in meinen Kopf wollte es trotzdem noch nicht so recht. Ich konnte mich doch nicht in einen Jungen verliebt haben? Doch was wäre daran eigentlich so schlimm, so verwerflich? 
Ich überlegte schon seit einiger Zeit, ob es wirklich wirklich nur der kleine Junge von damals war, den ich in ihm als süß empfand. Doch langsam wurde ich immer sichererer, dass es der Manu von heute war, den ich mit Worten wie niedlich, attraktiv und hübsch betitelte.

"Was hast du dir ausgesucht?" Mit dieser Frage zerrte mich Manu aus meinen Gedanken. "Ähm was? Achso, ich nehm einen Leberkäse mit Kartoffelsalat", stotterte ich vor mich hin, noch immer leicht durcheinander von der plötzlichen Frage. Doch im nächsten Moment schien meine Verwirrung auf ihn überzuspringen. "Was ist ein Leberkäse genau?", erkundigte er sich, im Gesicht leicht errötet. Kurz musterte ich ihn überlegend, was er wohl falsch auffasste, da er sich sofort anfing zu rechtfertigen. "Ich, ähm, kenne das nicht wirklich, also ich weiß, dass es irgendwas mit Fleisch ist oder so, aber ich erinnere mich nicht mehr daran. Ich habe es als Kind mal gegessen, aber seitdem nicht mehr und habe daher vergessen, wie es schmeckt und was es ist", erklärte er hastig und sah mich entschuldigend an, in seinen Augen spiegelte sich Unsicherheit und... Angst. Er hatte tatsächlich ein wenig Angst vor mir. Wieder wurde mir klar, wie schrecklich es ihm ergangen sein musste, wie schrecklich ich zu ihm gewesen war. Doch ein anderer Gedanke schob sich vor meinen Selbsthass, der gerade aufkeimte.

Er hatte als Kind mal Leberkäse gegessen? Sofort kamen all die Bilder wieder hoch. Das Abendessen. Genau genommen das letzte Abendessen mit meinem Bruder. Damals bei dem Privatkonzert hatten wir mit den Gastgebern gegessen und es gab Leberkäse. Der kleine Giftzwerg, wie ich ihn damals genannt hatte, war fasziniert und begeistert von dem Essen, er hatte es zuvor nicht gekannt. Nach dem Essen hatte ich mit meinem Bruder noch ein wenig musiziert und hatten uns dann mit dem kleineren Grünäugigen zurückgezogen, wo mein Bruder ihm ein wenig Gitarre beigebracht hatte. Und dann... brachte er sich am späteren Abend um. 

"Palle? Alles in Ordnung?", ertönte eine vertraute Stimme und riss mich aus meinen tragischen Erinnerungen. "Ja, alles gut", nuschelte ich nur und sah verunsichert auf meine Hände, die ich vor mir auf dem Tisch abgelegt hatte. Um jedoch nicht in unangenehmes Schweigen zu verfallen, ergriff ich nach kurzer Zeit das Wort. "Ich weiß nicht so recht, wie man Leberkäse beschreiben soll, aber ich kann dir ja dann einfach etwas von dem Essen abgeben, sodass du es probieren kannst." Ich hatte meine Augen wieder von der Tischplatte abgewandt und sah in die Augen des Braunhaarigen, welche nach meiner Aussage sofort anfingen zu strahlen. Mit einem sanften Lächeln im Gesicht erkundigte ich mich danach, was er bestellen wollte. "Schnitzel mit Pommes", antwortete er mit seinem typischen, warmen Grinsen, welches mein Herz wie so oft Sprünge machen ließ. Was machte er nur mit mir?

Kurze Zeit später kam die Bedienung und erkundigte sich nach unseren Wünschen, die wir ihr auch ohne Zögern mitteilten. "Für mich bitte einmal Spezi und ein Schnitzel Wiener Art mit Pommes", teilte Manu der Dame freundlich mit, woraufhin ich ihr erklärte, dass ich einen Leberkäse mit Kartoffelsalat und eine Apfelschorle wollte. Meinen Kopf hielt ich dabei so gut wie möglich gesenkt, mit dem Ziel, dass mich die Frau nicht erkennen würde, was sie glücklicher Weise auch nicht tat. Daher verschwand sie direkt nach dem Notieren unserer Bestellungen von unserem Tisch und lies uns alleine zurück.

Da Manuel in Gedanken versunken schien, fing auch ich an nachzudenken. Über Musik, Ruhm, Fans, doch, wie in letzter Zeit sehr häufig, am meisten über Manu und mich. Ich hatte echt unglaubliches Glück, den Grünäugigen gefunden zu haben, ihn kennen lernen zu dürfen und ihn nun sogar bei mir haben zu dürfen. Doch war es wirklich nur enormes Glück gewesen? Hatte uns vielleicht das Schicksal zusammengeführt? Oder war es für uns eventuell vorhergesehen worden, dass wir uns kennen lernen durften? War unsere Freundschaft doch tiefgründiger als gedacht? War es überhaupt Freundschaft? Fragen, die ich nicht beantworten konnte. Jedoch war ich glücklich. Und ich spürte etwas, was ich, seit der Grünäugige in mein Leben getreten war und es begleitete, seit Ewigkeiten endlich wieder spürte. 

Dankbarkeit.

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Kapitel von der lieben zylinderschneckchen

[1051 Wörter]

Wrecked  [Kürbistumor]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt