Chapter Eight

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Patricks Sicht

Mein Herz hatte begonnen, viel zu schnell zu klopfen, während die Worte aus Manuel herausgesprudelt waren und auch jetzt noch schlug es nur mehr oder weniger regelmäßig.

Ich freute mich darüber, dass der Braunhaarige unbewusst zu Lächeln begonnen hatte, als ich ihm die Gitarre in den Schoß gelegt hatte.

Vorsichtig strich er mit dem Finger über den Steg hinab zu den Saiten, zupfte an der einen Saite und lächelte noch breiter.

Irgendetwas an dieser Situation kam mir bekannt vor. Sei es die Art und Weise, wie er lächelte oder die sanften Bewegungen, aber es kam mir vertraut vor, als würde ich einem Film erneut schauen.

All das wurde noch so viel stärker, als seine helle Stimme erklang.

"Go and take, the northern line, and leave the Ghost of us behind, cause I refuse, to turn back time, I don't want to change the world ould I..."

Ein Dejavue. War es das? Hatte ich das alles schon einmal erlebt? Im Traum vielleicht oder doch in der Realität?

Die Erinnerungen an das Privatkonzert von damals stiegen in mir hoch.

Das Bild von meinem Bruder und dem kleinen Giftzwerg, wie ich ihn genannt hatte wegen seinen grünen Augen. Mein Bruder zeigte ihm, wie man der Gitarre die schönsten Töne entlockte und keine zehn Minuten später hallten die tollsten Melodien durch den Raum. Hätte ich damals gewusst, wie der Abend enden würde, ich hätte all das erbarmungslos in mich aufgesogen.

"I'm taking a train, where we used to stay, remember your smile, remember every day, now i'm falling, yeah i'm falling..."

Weitere Erinnerungen. Unsere Stimmen, die sich vermischten, während unsere Eltern sich miteinander unterhielten. Der braune Junge mit dem breiten Lächeln, seine glockenhelle Stimme, der Enthusiasmus, mit dem er die Zeilen schmetterte, obwohl er sie nie zuvor gehört hatte. Es war ein Lied von mir und meinem Bruder, das ich erst Jahre später aufgenommen hatte.

"Smoking a lot, and i'm screaming your name, bars are closed, but i'm drinking again, and i'm falling, you were calling..."

Das Licht, das kurz flackerte, bevor er für einige Minuten aus ging. Ich hatte Angst im Dunkeln und der Kleine beruhigte mich auf eine Art und Weise, wie es niemand sonst zustande brachte. Er war wie meine Mutter damals. So lieblich und sanft wie ein Reh.

"I'm picking up the phone, I don't want to hear your Voice, I don't even want to be in Love, i want to feel your Love, I Need a Moment to hold on..."

Wir sind gemeinsam auf den Balkon gegangen. Mein Bruder hatte kurzzeitig geweint, doch er hatte das öfter und ich war zu jung gewesen und zu fasziniert von klein Giftzwerg, als das ich mir hätte Gedanken machen können.

"And everything is useless, give it a try, tears of London and I don't no why, your eyes are dry, lets travel again..."

Er war gesprungen. Wir standen dort, machten ein Foto für den jungen mit den braunen Haaren. Dann hatte mein Bruder ihm die schwarze Gitarre in die Hand gedrückt. Er hatte gesagt, der kleine solle gut darauf aufpassen. Dann hatte er mich angeschaut. In seinem Blick lagen tausend Entschuldigungen, die er niemals ausgesprochen hatte, für all die kleinen und großen Sünden, die er begangen hatte. Er holte tief Luft und dann stürzte er sich rückwärts das Geländer hinunter.

"So go and take, the northern line, and leave the ghost of us behind, cause I refuse, to turn back time, oh I don't want to change the world ould I, just want to change your mind..."

Immer wieder und wieder. Er fiel, ich hörte den kleinen Giftzwerg schreien, erinnerte mich daran, die Situation gar nicht verstanden zu haben. War das ein Trick? Gehörte das zur Show? Spätestens, als der Kleine zu weinen begonnen hatte und ich durch die Metallstäbe hinunter auf die Straße schaute, wurde mir klar, was geschehen war. Er hatte mich im Stich gelassen. Immer und immer wieder sah ich diese Szene, sah den Jungen weinen, spürte die Erkenntnis wie einen Schlag ins Gesicht. Er hatte sich gestürzt. Hatte alle Erwartungen auf mich abgewälzt, ohne auch nur daran zu denken, dass ich daran ersticken könnte. Ich war plötzlich allein mit meinem Vater. Von diesem Tag an war ich traurig und leer, sang und sang und strapazierte meine Stimmbänder. Ich konnte oft tagelang nicht sprechen. Ich hatte Angst, den Text zu vergessen und schrieb ihn mir auf, wieder und wieder und immer öfter, nicht, das ich ihn verlor und ihn vergaß und er fort war für immer...

Wrecked  [Kürbistumor]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt