Nici x ?

91 6 3
                                    

Und hier kommt der letzte und längste OS für heute!
Tja.. das wäre vermutlich eine spannende FF geworden! Bin gespannt aufs Feedback 😁👏🏻

_______

Schluchzend saß sie am Bettrand und hatte die Hände zusammen gefaltet.
„Alles in Ordnung Rosa?"
Die alte Dame nahm mich wohl gar nicht wirklich wahr, zumindest hatte es nicht den Anschein.
Obwohl ich wusste, dass sich die Station nicht von selbst schmiss, konnte ich in solchen Momenten nicht einfach wortlos wieder den Raum verlassen. Besorgt setzte ich mich an den Bettrand und legte meine Hand vorsichtig an den Arm der alten Dame.
„Kommt er nicht?", fragte ich vorsichtig und plötzlich begann sie laut zu schluchzen.
„Nein.", presste sie kaum verständlich hervor und vergoss weitere, bittere Tränen.

Rosa lebte seit einem viertel Jahr in unserem Seniorenheim und war mir inzwischen richtig ans Herz gewachsen. Obwohl wir uns am Anfang überhaupt nicht eins waren und ein paar Mal ordentlich die Fetzen geflogen sind, waren wir inzwischen ein Herz und eine Seele. Genau genommen musste ich mir insgeheim eingestehen, dass sie definitiv meine absolute Lieblingsbewohnerin war, auf der Station, auf welcher ich arbeitete.
„Ihr Enkel hat bestimmt eine Menge zu tun.", versuchte ich sie etwas zu beruhigen, doch dass beruhigte die 93 jährige Dame nur sehr wenig.
„Als er noch klein war, hab ich ihn jeden Tag verhätschelt und bekocht. Wir waren unzertrennlich. Heute kann ich froh sein, wenn ich ihn einmal im Jahr zu Gesicht bekomme.", sagte sie traurig und seufzte laut auf.
„Aber was hat sich geändert? Er vergisst seine Oma mit Sicherheit nicht.", versuchte ich sie aufzubauen.
„Er hat einfach wichtigeres zu tun. Man muss im Leben Prioritäten setzen und ich zähle offensichtlich nicht dazu. Ich gönne ihm seinen beruflichen Erfolg von Herzen. Ich habe ihn immer unterstützt, aber dass er jetzt nicht einmal zu meinem Geburtstag kommt," wieder begann sie zu schluchzen „das bricht mir das Herz. Vielleicht ist es mein letzter. Ich kann morgen aus den Pantoffel kippen und dann wars das!", fuhr Rosa fort und setzte ein spitzbübisches Lächeln auf.
„Haben sie ihn angerufen? Ist das sicher, dass er nicht kommen wird?", fragte ich und hatte wirklich tiefes Mitgefühl.
„Ich hab ihn ausnahmsweise Mal erreicht. Er hat gesagt, dass er Morgen Abend nicht kann."
„Ja morgen Abend, aber was ist mit dem restlichen Tag?", fragte ich vorsichtig.
„Das bezieht sich auf den ganzen Tag."
Rosa atmete durch und erhob sich vom Bett.
„Danke fürs zuhören Nicole. Ich werde jetzt meinen Kadaver in den Speisesaal schleppen."
Rosa entlockte mir damit ein Lachen. Die alte Dame hatte einen klasse, trockenen Humor, der mir jeden einzelnen Tag versüßte.

Nachdenklich ging ich aus dem Zimmer und traf auf dem Gang meine Kollegin.
„Was ist denn mit der Rosa? Sie sieht heute aber nicht sonderlich glücklich aus."
„Ach ihr Enkel hält es nicht für nötig, sie morgen zu besuchen. Sie hat doch Geburtstag. Anscheinend hat er wichtigeres vor, als sich einen Tag im Jahr Zeit zu nehmen. Kennst du den Typen?", fragte ich und wischte den Pflegewagen mit einem Desinfektionstuch ab.
„Ne, sie erzählt nur immer so stolz von ihm. Ich hab den hier aber auch noch nie gesehen. Die tut auch immer so geheimnisvoll."

Stimmt allerdings.
Sie sagt immer nur, dass er schwer beschäftigt ist... mit was, dass lässt sie immer unter den Tisch fallen.
Wer weiß, am Ende ist der Pornodarsteller, Knasti oder bei der Mafia.

Den restlichen Tag ließ mich der Gedanke daran nicht mehr los. Irgendwie fühlte ich mich ihr gegenüber verpflichtet, ihr den Wunsch zu erfüllen, weswegen ich ihre Akte heraus kramte und nach der Telefonnummer suchte. Leider fand ich dort nur die Nummern ihres Sohnes, welchen ich bereits kennengelernt hatte. Alles in allem hatte ich bisher nur positive Erfahrungen mit den Schmidts gemacht, weshalb es mich wunderte, dass es einen gab, der so aus der Reihe tanzte.

Naja ein schwarzes Schaf gibt's ja immer, ne.

Als Rosa am Abend zum abendlichen Spaziergang aus dem Zimmer ging, lag ich bereits auf der Lauer.
Sobald sie außer Reichweite war, schlich ich unbemerkt ins Zimmer und durchsuchte ihr Telefonbuch.
„Was machst du denn da?", fragte Conny, die plötzlich hinter mir stand. Erschrocken zuckte ich zusammen.
„Meine Fresse, musst du mich so erschrecken?"
„Was wird das denn, wenn's fertig ist?"
Neugierig gesellte sie sich dazu, guckte mir über die Schultern und ich deutete ihr an, dass sie sich leise verhalten sollte. „Ich suche nach der Telefonnummer von ihrem Enkel! Die muss doch hier irgendwo sein."
„Sag nur, du willst dich da jetzt einmischen? Das halte ich für keine gute Idee.", äußerte Conny ihre Bedenken. Ich jedoch, wollte davon gar nichts wissen und setzte meine Suche fort.
„Du glaubst doch nicht im Ernst, dass Ross das hier wollen würde?!"

LeSmouFans OS-SammlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt