Kapitel 1

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Ich sitze im Flugzeug. Unter mir zieht der Ozean dahin, das Blau erstreckt sich bis ins unendliche und mal wieder habe ich Tränen in den Augen.
In letzter Zeit kommt das ganz schön oft vor. Aber das hat auch seine Gründe: Ich wurde fortgerissen aus meinem Leben, weg von meiner kleinen Schwester Chloe, die einzigste die mich noch am Leben hielt. Freunde? Eine: May. Da hört es aber auch schon auf und Worte wie „Aufmerksamkeitssuchende Bitch" fangen an.

Ich höre immer noch die Stimme meiner Mutter, nachdem klar war das Dad die nächsten 5 Jahre im Knast sitzen würde, wegen Körperverletzung...an mir.

Sie sagte: „Es tut mir leid“ , die Tränen rannen ihr die Wangen herrunter, aber sie fuhr mit erstickter Stimme fort, „ich werde dich so vermissen, aber ich kann deinen Anblick nicht mehr ertragen. Ich will einfach nicht mehr sehen, was ER dir angetan hat. Was ich nicht gesehen habe. Mit dieser Schuld, jeden Tag vor meinen eigenen Augen, kann ich nicht mehr leben. Ich hoffe du verstehst mich.“

In diesem Moment war ich mir dem Ausmaß dieser Worte noch gar nicht bewusst, ich war so naiv. Jetzt sitze ich im Flugzeg. Fliege von Frankfurt nach Chicago, um dort bei meiner mir bis dahin unbekannten Tante zu leben.

Anfangs dachte ich noch, ja ein paar Kilometer von Frankfurt entfernt, schnell mit dem Zug bei meiner Familie. Aber da hatte ich mich gewaltig geirrt, denn meine Reise sollte erst einen Kontinent weiter enden. Meine Tante Olivia lebt in der Nähe von der Riesenstadt Chicago, zusammen mit ihrem Ehemann Lars, den sie kennenlernte als sie mit 18, ein Jahr in der USA verbrachte. Als sie dann wegzog, um ihr Leben an der Seite von Lars zu verbringen, konnte niemand das so richtig verstehen. Zumindest war meine Familie nicht mehr gut auf sie zu sprechen, bis die Möglichkeit bestand mir ein neues Leben zu bieten.

Generell die bemitleidigen Blick gehen mir inzwischen, schon so richtig auf den Keks. Was soll man sagen wenn jemand fragt wie es mir geht?! Ja also ich hatte zwar das beschissenste Jahr meines Lebens, habe für immer innerliche und äußerliche Narben, mein ganzes Leben wurde zerstört und zu allem Übel soll ich noch zu meiner Tante in die USA ziehen, welche immer als das schwarze Schaf der Familie dargestellt wurde. Außerdem soll ich mir ein neues Leben aufbauen, was ich natürlich versuchen werde, aber nicht einfach ist, wenn man nicht mehr weiß was Leben wirklich ist.

Aber sonst geht's mir gut. Ironie des Lebens. Positiv ist, dass ich demnächst auf keine Erinnerungen an meinen Vater stoßen werde.

Aber mein altes Leben ist jetzt vorbei, denn in genau 5 Minuten werde ich landen und ein neues Leben beginnen. Bei meiner Tante. Die mich nicht kennt, die ich nicht kenne. Ich weiß nicht wie ich das alles beschreiben soll, aber Schicksal ist schon etwas anderes.

(Oben noch ein Stammbaum von Grace und Family😉, die Kapitel werden ab 7 länger, also keine Sorge)

Wenn das Leben dich einholtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt