Kapitel 3

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Summend öffneten sich die Türen des Supermarktes. Mit meiner Playlist im Ohr, dem Beutel über der Schulter und dem Skateboard unter dem Arm schlängelte ich mich zwischen den schmalen Regalen hindurch. Es gab hier nur das Nötigste, weshalb ich diesen Laden eigentlich nicht als Supermarkt, sondern als eine Art Kiosk bezeichnen wollte, aber für meine Zwecke, nämlich einer Packung Nudeln und einer Tafel Schokolade für meinen Bruder würde dieses Geschäft schon ausreichen.

Gerade als ich mich nach den Nudeln streckte, die meine Familie am liebsten zum Kochen benutzte, surrten die Schiebetüren am Eingang erneut. Für diese Uhrzeit war das nichts Ungewöhnliches, da die Läden rund um die Uhr geöffnet hatten und die Menschen in Los Angeles spät zu Bett gingen. Doch als ich die kaum zu überhörenden Stimmen einer Gruppe Jungs wahrnahm, hielt ich für einen Moment inne und drehte den Kopf, so gut es ging, nach hinten. Ich schaffte es zwar nicht, meinen Hals so rotieren zu lassen wie eine Eule, jedoch reichte es, um zu sehen, wer mich und den armen Kassierer zu solch später Stunde störte.

Die Footballer meiner Schule betraten den Laden und schienen sich lautstark über die Taktik ihres nächsten Spieles zu unterhalten. Was machten sie hier? Vermutlich war ihr Training vorbei, jedoch lag unsere Schule einige Meilen von hier entfernt und es gab in dieser Metropole nicht nur ein einziges Kiosk, dass sie genau jetzt in dem auftauchten, in dem ich meine Besorgungen erledigen wollte.

Ich war nicht gerade scharf auf eine unnötige Begegnung zwischen mir und diesen Angebern, weshalb ich schnell nach einer Packung griff und in Richtung Süßigkeitenregal hastete. Dabei kam ich mir vor wie ein Agent auf einer geheimen Mission, der versuchte, von seinen Feinden nicht entdeckt zu werden.

Mein Bruder war – was die Auswahl seiner heißgeliebten Schokoladentafeln betraf – sehr eigen und daher musste ich erst einmal alle Aufschriften der bunten Verpackungen studieren, bevor ich die fand, die mein Bruder im Moment am liebsten mochte. Das einzige Problem bestand darin, dass ich dort nicht ohne weiteres hochkam und in meiner Nähe auch keine kleine Leiter oder so etwas stand, die mir mein Vorhaben erleichtern könnte.

Ich war mit meinen fast eins siebzig nicht die Kleinste, aber auch nicht die Allergrößte und hatte somit einen entschiedenen Nachteil gegenüber diesem kakaohaltigen Produkt, das über meinem Kopf im Regal stand und mich mit seiner bunten Verpackung förmlich provozierte.

Um der ganzen Sache aber noch die Krone aufzusetzen, schienen mich die Footballer ebenfalls bemerkt zu haben. Ich hörte Schritte, die sich in meine Richtung bewegten und wappnete mich auf eine nervenraubende Konversation mit diesen testosterongeladenen Halbstarken.

»Wen haben wir denn da?« Ich kniff die Augen zusammen. Johnsons Stimme erklang hinter mir, so selbstgefällig und nervig wie eh und je. »Kasey McMillen«, sprach er meinen Namen so aus, als wäre ich ein Fuchs im Wald und er der Jäger, der meinen Pelz unbedingt haben wollte. Ein Augenrollen konnte ich mir nicht verkneifen, bevor ich mich zu ihm umdrehte und meine Augen seine trafen.

»Was macht ein Mädchen wie du hier zu so später Stunde?«, fragte ein anderer und ich empfand es als recht unangenehm, von einem halben Dutzend Jungs angestarrt zu werden, von denen mich mindestens die Hälfte nicht leiden konnte.

»Einkaufen«, erwiderte ich trocken. »Sieht man doch.« Mein tiefstes, innerstes Verlangen war, mich so schnell wir möglich aus dieser Situation herauszuwinden und endlich den Heimweg anzutreten. Ich war müde und ausgelaugt und hatte morgen wieder Unterricht, sodass ich bei Zeiten gern ins Bett gehen und schlafen wollte.

»Nicht so frech«, erwiderte Johnson und warf mir ein anstößiges Lächeln zu. Heute Morgen wäre ich aufgrund meiner Unausgeglichenheit vermutlich nicht so ruhig geblieben wie jetzt, aber nach dem Training und gutem Essen bei den Parks war mein Gemüt besänftigt und ich dadurch weniger auf Konfrontation aus.

RachegöttinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt