Kapitel 35

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Ich atmete einmal tief ein und aus und hoffte inständig, dass Banks mein Herz nicht rasen hören konnte. Eine Mischung aus Angst und Aufregung machte sich in mir breit und Banks' selbstsicheres Auftreten trug nicht gerade dazu bei, dass mein rasendes Herz langsamer schlug.

Mit einem charmanten Grinsen, welches er bestimmt stundenlang vor dem Spiegel zuhause geübt hatte, blieb er vor mir stehen und betrachtete mich noch ein letztes Mal ausgiebig, was mir einen leichten Schauer über den Rücken jagte.

»Hübsch siehst du aus«, sagte er ohne jeglichen Spott in seiner Stimme und ich erkannte ein Funkeln in seinen Augen, was aber auch gut die Reflexion der Lampen des gewaltigen Kronleuchters sein konnte.

»Danke«, lächelte ich. »Du schaust aber auch nicht schlecht aus.« Dass ich - wie der Großteil aller Frauen – eine Schwäche für Männer in Anzügen hatte, musste ich an diesem Punkt wohl nicht erwähnen.

Banks wies eine gewisse Ähnlichkeit mit Matt Bomer aus White Collar auf, den sowohl ich als auch meine Mum ziemlich attraktiv fanden und was ebenso kontraproduktiv für meine erhöhte Herzfrequenz war.

»Bist du bereit für heute Abend?«, fragte er und sah mich neugierig an. Vor meinem inneren Auge rauschte eine Reihe von Bildern vorbei, die mit zunehmender Länge immer schlimmere Szenarien in mein Gehirn einbrannte.

Angefangen mit Essensflecken auf Madame Deváns Kleid, über meinen jämmerlichen Versuch, eine gute Figur beim Tanzen hinzulegen, bis hin zu einem eifersüchtigen Mädchen, das mir ein Bein stellte, ich dadurch umknickte und wieder mindestens sechs Wochen einen Gips tragen durfte.

»Kasey?«, hörte ich Banks' Stimme und bemerkte, wie er mit seiner Hand vor meinem Gesicht herumfuchtelte, um zu überprüfen, ob ich mich noch im Hier und Jetzt befand.

»Also ich hätte nichts dagegen, wenn wir das Tanzen ausfallen lassen würden«, schoss es prompt aus mir heraus und ich spürte, wie mir das Blut ins Gesicht schoss.

Schnell wandte ich den Blick ab und starrte stattdessen auf meinen Fußspitzen, die plötzlich überaus interessant geworden waren.

»Ach, kann hier jemand etwa nicht tanzen?«, stellte er belustigt fest und verschränkte die Arme vor der Brust, sodass man bei genauerem Hinsehen vermutlich das Muskelspiel unter seinem weißen Hemd sehen konnte.

»Wenn es nach Lia geht, dann verstecke ich mein Talent nur hinter einer Wand aus Ausreden und fehlendem Selbstbewusstsein, aber wenn es nach der Wahrheit geht, dann wollen meine Füße einfach nicht so wie mein Kopf«, gab ich ehrlich von mir und hob meinen Blick so weit, dass ich Banks' hochgezogene Augenbraue sehen konnte.

»Man kann nun mal nicht alles können«, verteidigte ich mich, warf die Arme in die Luft und sah in verärgert an.

»Ich habe nichts gesagt«, hob er abwehrend die Hände, trug jedoch immer noch einen amüsierten Ausdruck auf seinem Gesicht. Ich setzte gerade dazu an, etwas zu erwidern, als er mir mit einer einfachen Handbewegung das Wort abschnitt.

»Lass uns jetzt nicht streiten. Um dein kleines Problem kümmern wir uns, wenn es so weit ist«, sagte er mit ernster Miene, bevor er meine Hand ergriff und mich sanft in die Richtung seiner Freunde zog.

Ich stimmte ihm stumm dabei zu, dass es sich nicht lohnte, die gute Stimmung wegen so etwas Trivialen wie meinen fehlenden Tanzkünsten in Gefahr zu bringen und setzte ein halbherziges Lächeln auf, als wir bei der kleinen Gruppe angekommen waren.

»Hi«, begrüßte ich alle mit einem Nicken und erhielt größtenteils die gleiche Geste zurück.

Wenn es hochkam, dann hatte ich mit dem Großteil dieser Clique etwa einhundert bis zweihundert Worte in den letzten vier Jahren gewechselt und hatte auch nie das Bedürfnis gehabt, dies zu ändern.

RachegöttinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt