Kapitel 16

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So zauberhaft dieser Moment auch war, so falsch fühlte er sich an. Genau diese Sache wurde mir eiskalt bewusst, als ich Banks' Kuss erwiderte. Ich riss mich von ihm los und trat nach vorn, sodass er gezwungen war, einige Schritte zurückzuweichen.

»Spinnst du?«, fuhr ich ihn an. Immer noch explodierte alles um uns herum und die Leute schrien hellauf begeistert. Mir war nur gerade gar nicht mehr nach Feiern zumute.

Ich wusste nicht, was meinen Geist in diesem Moment so lahmgelegt hatte. Vermutlich war es der Alkohol. Aber das war immer noch keine Entschuldigung für das, was ich eben getan hatte. Ich hatte Banks geküsst; nein, er hatte mich geküsst und nicht anders herum.

Banks hatte sich wieder gefangen und schenkte mir ein arrogantes Grinsen. »Jetzt tun nicht so, als hätte es dir nicht gefallen«, gab er arrogant von sich, woraufhin sich Wut in mir anstaute. »Du hast den Kuss schließlich erwidert.«

Mein Ärger stieg ins Unermessliche. Zum einen, weil dieses Arschloch sich die Freiheit herausnahm, mich einfach so zu küssen und mir zu unterstellen, dass es mir gefallen hätte und zum anderen, weil er verdammt nochmal recht hatte. Ich hatte den Kuss erwidert, anstatt ihn sofort von mir wegzustoßen.

»Gib's doch zu: Du bist genauso scharf auf mich wie alle anderen auch.« Dabei kam er mir wieder näher.

»Ich bin genauso scharf auf dich wie auf vier gebrochene Rippen«, presste ich hervor, um die Wut nicht überhandnehmen zu lassen. Nebenbei hatte ich schon einmal eine Rippenserienfraktur und konnte aus eigener Erfahrung sagen, dass das die wohl schlimmste Zeit meines bisherigen Lebens gewesen waren.

»Weißt du eigentlich, wie attraktiv du aussiehst, wenn du wütend bist?«, sagte er und war nun wieder vor mit angekommen, sodass ich meinen Kopf leicht in den Nacken legen musste, um ihm ins Gesicht sehen zu können.

»Und weißt du, wie schmerzhaft ich zutreten kann, wenn ich wütend bin?«, entgegnete ich und funkelte ihn finster an. In seinen Augen konnte ich noch immer ein Funkeln erkennen, welches aber auch nur das Licht der ganzen Neujahrsraketen sein konnte, welches durch seinen hohlen Schädel schien.

»Nein, aber du kannst es mir gern mal zeigen. Wie wär's, morgen zwanzig Uhr bei mir?«, schlug er vor und löste in mir eine weitere Welle des Hasses aus. Wie hatte ich mich von ihm küssen lassen können? Er widerte mich einfach nur an mit seiner Arroganz, Überheblichkeit und diesem süffisanten Grinsen.

»Das kann ich dir auch jetzt beweisen«, zischte ich und trat mit meinem Fuß fest dahin, wo es einem Mann besonders wehtat. Wie erwartet fiel er vor mir auf die Knie und verzog das Gesicht zu einer schmerzerfüllten Grimasse. Ich hatte ihn vorgewarnt und das altbewährte Sprichwort ›Wer nicht hören will, muss fühlen‹ passte perfekt zu dieser Situation.

»Du Schlampe«, presste er hervor. Ich packte ihn am Kragen seines schwarzen Shirts und zog ihn energisch ein Stück zu mir heran, sodass er auch gut verstehen konnte, was ich ihm nun zu sagen hatte.

»Jetzt hör mal zu, du kleines aufgeblasenes Arschloch. Nenn mich noch einmal Schlampe und ich reiße dir deine Kronjuwelen eigenhändig ab! Du denkst vielleicht, dass dich jeder toll findet, aber wenn ich ehrlich sein soll, würde ich im Moment lieber einen Affen küssen als dich. Wobei es da ja auch keinen großen Unterschied gibt«, gab ich in einer Mischung aus Zischen und Knurren von mir.

Daraufhin ließ ich ihn los und lief wutentbrannt über den Rasen zurück auf die Party. Hier wurde ausgiebig weiter getanzt und die Ersten waren auch schon in den Pool gesprungen. Mein Ziel war aber ein ganz anderes: die Bar.

Bevor ich noch groß darüber nachdenken konnte, bestellte ich mir das Härteste, was der Barkeeper zu bieten hatte. Diese Idee war nicht nur außerordentlich dämlich, sondern auch besonders gefährlich in Anbetracht der Tatsache, dass meine Sinne sowieso schon verlangsamt reagierten und sich in meinem Kopf allmählich ein Nebel breitmachte, der mir die Fähigkeit des logischen Denkens erschwerte - wenn nicht sogar gänzlich verhinderte.

RachegöttinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt