Kapitel 20

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Der Februar begann nicht gerade rosig für mich: Erst schrieb unser Physiklehrer Mr. Johnson einen unangekündigten Test über die Gravitationslehre und leider war das ein Thema, bei dem ich absolut nichts verstanden hatte. Dementsprechend wenige Hoffnungen machte ich mir auf eine gute Note.

Während einer Sportstunde, in der wir Fußball gespielt hatten, schoss mir eines der Mädchen den Ball derartig intensiv in den Bauch, dass ich mich einige Zeit lang keuchend auf die Bank setzten musste und dachte, dass mein Mittagessen wieder den Weg nach oben finden würde. Vermutlich war das die Rache dafür, dass wir nicht mehr mit Bändern durch die Gegend hüpften.

Eine Entschuldigung hatte ich bis heute nicht erhalten und wenn ich an den Vorfall zurückdachte, dann konnte ich mich entsinnen, sie hinter hervorgehaltener Hand lachen gesehen zu haben.

Die Krönung jedoch bestand darin, dass unsere bitterböse Direktorin Mrs. Church sich an meine und Banks' Bestrafung erinnert hatte. Ich hatte diese ausstehende Bestrafung bereits erfolgreich verdrängt und konnte meine Aufregung kaum in Grenzen halten, als sie mich und Banks in ihr Büro zitiert und uns unsere Aufgabe mitgeteilt hatte. Da sie die eine Hälfte dieses Duos – mich - nicht leiden konnte, für die andere jedoch mehr Sympathien übrig hatte, als angebracht war, musste eine Zwischenlösung gefunden werden. In diesem Fall sollte das Putzen unserer Schultrophäen genau diese goldene Mitte sein.

Zusätzlich zu den ganzen Sachen kam noch dazu, dass mich der Anblick von Banks' Schwester mit diesem seltsamen Jungen immer noch grübeln ließ. Vor allem, da er und Banks sich beinah alle Knochen gebrochen hatten und ich daher schlussfolgerte, dass sie nicht allzu gut aufeinander zu sprechen waren.

Natürlich konnte es aber auch sein, dass Larissa - ihren Namen hatte ich aus Banks' Telefonat in der Neujahrsnacht aufgeschnappt - mit diesem Typen zusammen war, Banks das aber nicht akzeptieren wollte oder sich gegen diese Beziehung aussprach. Am Ende wusste ich jedoch nicht, wie Banks und seine Schwester zueinander standen und konnte daher nur wilde, unfundierte Vermutungen anstellen.

Apropos Geschwister: Mein Bruder hatte letztens erst Jonah gedroht, wenn er mich verletzten würde, dass er ihn windelweich prügeln würde. Dieser Akt der Solidarität hatte mich beinahe zu Tränen gerührt. Mein Bruder hatte noch nie jemandem gedroht und dass er damit gerade bei meinem Freund anfing, den er sonst so verehrte, kam einem Wunder gleich. Den Hintergrund hatte ich bis heute nicht verstanden, jedoch spielte er für mich auch eher eine untergeordnete Rolle.

Dass Noah – mein kleiner, böser Bruder - für mich Partei ergriff, berührte den Teil in meinem Herzen, der für die Geschwisterliebe zuständig war und ich hatte bereits mit dem Gedanken gespielt, meine Mordpläne komplett auf Eis zu legen.

Da ich aber nicht sagen konnte, wie lange diese Phase der Freundlichkeit bei ihm anhalten würde, schob ich meine Pläne lediglich in eine weniger wichtige Schublade meines Gehirns und bewahrte sie dort für schlechtere Zeiten auf.

Wie dem auch sei: An diesem Freitag traten Banks und ich gemeinsam unseren Putzdienst an. Zufälligerweise fiel heute auch das Football-Training aus, da Coach Logan bereits die gesamte Woche krankgeschrieben war und seine Mannschaft daher nicht über das Feld jagen konnte. Ob Zufall oder nicht, ich fand es trotzdem unfair, dass ich mein Training ausfallen lassen musste.

Dementsprechend gut gelaunt wartete ich nach dem Unterricht vor dem Trophäenraum. Unser lieber Hausmeister war natürlich so freundlich und schloss mir die Tür auf, nur um mir wenige Sekunden später zwei Paar Gummihandschuhe und zwei Eimer in die Hand zu drücken.

»Ihr habt zwei Stunden, um das alles sauber zu bekommen. Dann schließe ich die Schule ab. Wenn ihr bis dahin nicht fertig seid, dann müsst ihr das Wochenende hier verbringen.« Mit diesen Worten verschwand er und schloss hinter sich die Tür, wodurch ich nun allein war. Verärgert schaute ich auf die Uhr an meinem Handgelenk? Wo blieb dieser arrogante Saftsack?

RachegöttinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt