Einarmige Banditen

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Anskar fluchte. „Und das verdammte Ding wird hochgezogen. Kommt, gebt Gas! Arme und Beine ergeben eine rotierende Scheibe! Kommt! Kommt!"

Sie hatten jedoch kaum mehr als ein paar Meter geschafft, als Anskar warnend die Hand hob und stehen blieb. Weiter die Straße herunter und nahe der Zugbrücke kamen zwei Gestalten aus dem Nebel gerannt. Beide trugen ein Flickwerk-Sammelsurium aus Fellen und Vor-Kriegs-Kleidung und zogen einen schwer beladenen Schlitten hinter sich her. Sie kamen schlitternd zum Stehen und schimpften wie betrunkene Seefahrer. Einer trat sogar gegen den Schlitten und führte einen Moment später einen einbeinigen Hüpf-Tanz auf.

Sein Kamerad winkte wie wild mit einem Arm. „Hey! Hey ihr! Wir sind's: Benny und Denny! Lasst uns rein, ihr Penner!"

Der zweite humpelte unterdessen zu einem quadratischen Nebengebäude aus Glas und gelben Plastik, das nicht weit entfernt beim Ufer stand.

Anskar blinzelte, mehr als ein bisschen überrascht. „Eine Telefonzelle? Hier?"

Die drei Gefährten blickten sich ratlos an. Dies war ihr erstes Zusammentreffen mit etwas, dass man Vertreter der Zivilisation nennen konnte, denn in der Wildnis des Harzes waren ihnen bisher nur Monster und Marodeure begegnet.

Leonora räusperte sich. „Ich denke, wir stellen uns besser mal vor."

„Geh du vor", sagte Theodor. „Wenn die Skar zuerst sehen, werfen sie sich vermutlich in den Fluss."

Der große Mann zuckte die Schultern. „Hmm. Wo er Recht hat, hat er Recht."

Leonora seufzte, schritt ihren Gefährten voran und räusperte sich lauthals, um die beiden Fremden nicht zu alarmieren. „Ähm. Hallo?"

Der Mann am Flussufer - kaum aus seinen Teenagertagen heraus, wie es schien - unterbrach sein frenetisches winken und rufen. Er fuhr herum, doch nach einem kurzen Schreck spiegelte sich auch schon ein schiefes Grinsen auf seinen Zügen. Er winkte kurz mit seiner Linken und erst da sah Leonora, dass sein rechter Ärmel leer und zu einem Knoten gebunden herabhing. Dann schlenderte er schon auf sie zu, die Hand verdächtig unverdächtig nahe dem Messer an seiner Hüfte.

„Hey-Ho", begann der Jüngling. „Habt ihr den Last Call auch verpasst? Dann sin wir heute wohl-" Er kam abrupt zum stehen, als er Leonora besser erkannte. Sein Unterkiefer klappte auf und die Augen weiteten sich. „Wow."

Leonora konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Der Sukkubus war schön nach jedem Standard und mehr noch in einer rauen Welt wie dieser. Einen Herzschlag später schoss die Hand des jungen Mannes hoch und er zog seine schmutzig-grüne Pommelmütze vom Kopf und verbeugte sich. Die scheinbar mit einem stumpfen Messer geschnittenen Haare waren zerzaust und sein Gesicht erinnerte Leonora stark an ein Frettchen.

Ein freundliches Frettchen.

„Schönen Abend, die Lady. Denny ist der Name, auch bekannt als Lefty. So wie es aussieht sin wir heute wohl Nachbarn - es sei denn ihr habt mehr Glück als mein Bruder Benny hier."

Denny deutete mit einem schmutzigen Kinn auf seinen Bruder, welcher gerade animiert in den Hörer sprach und so aussah, als wolle er den selbigen aus der Zelle reißen. Erst da bemerkte der Sukkubus das Kabel, das sich vom gelben Kasten über den Fluss zu einem der schiefen Zwillingswachtürme auf der anderen Seite streckte.

Der Sukkubus schenkte dem jungen Mann ihr wärmstes Lächeln, was ihn fast aus seinen Latschen kippen lies. „Sehr erfreut. Mein Name ist Leonora und das hier sind meine zwei Freunde."

Der verträumte Ausdruck in den Augen des Jünglings wurde schnell von einem furchtvollen ersetzt, als Anskar sich neben Leonora aufbaute. Er hatte diesen Effekt. Der Vernarbte war ein Hüne in einer Welt der kleinen Männer, gesegnet mit der Art funktionaler, kompakter Muskulatur, wie man sie nur durch konstante, harte Nutzung und Erprobung erlangte. Groß und massiv wie er war, überragte er die zwei Brüder um Kopf und Schultern. Mangelhafte Ernährung war ein echtes Problem im Post-Apokalyptischen Deutschland wie es schien. Anskar nickte und grinste schief, was ihn im Anbetracht seiner vielen Narben nicht wirklich freundlicher erscheinen lies.

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