Three fates

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Hels schlanke Finger fuhren zärtlich durch Theodors Haare als Doc mit zwei altertümlichen Glasspritzen zurückkam. Eine war mit einer von Docs selbstgebrauten Wahrheitsdrogen gefüllt, die andere enthielt eine bläuliche Flüssigkeit: Winterwut. Die Ursprünge der Droge reichten bis in die Tage vor der Apokalypse zurück, zu den Zeiten, als dem Militär noch alles Recht war um die psychischen und physischen Nachteile der Menschen gegenüber den Veränderten auszugleichen. Damals hatte es einen langweiligen, chemischen Namen; heute kannten es die meisten nur als Winterwut. Eine Mischung aus verschiedensten Amphetaminen um Müdigkeit und Reaktionsvermögen zu steigern, einem Morphium-Derivat gegen Schmerzen, einem schnell agierenden Super-Steroid-Komplex und verschiedene psychoaktiv wirkende Chemikalien.

„Wenn das hier unseren kleinen Freund nicht aus Morpheus Umarmung reißt, wird es wohl nichts, fürchte ich", sagte Doc und schlug mit dem Mittelfinger gegen die Glaskanüle der ersten Spritze, um Luftbläschen aus der Flüssigkeit zu treiben.

Wenn Theodor wach gewesen wäre, hätte er sich wohl bis zum Tode gewehrt, mit den Spritzen überhaupt in Kontakt zu kommen. Beide sahen aus, als wären sie bereits zu Zeiten der Götterdämmerung Museumsstücke gewesen und schon bei tausenden Gelegenheiten zum Einsatz gekommen.

„Gib ihm nicht zu viel Winterwut", sagte Hel und strich dem kleinen Mann zärtlich über die Wange. „Wir wollen ja nicht, dass er aufwacht und jemand den Arm abreißt."

Keiner der beiden lachte, da sie dieses und Ähnliches bei einem schlechten Winterwut-Trip bereits miterlebt hatten.

Hel stand auf und band ihre rabenschwarzen Haare zu einem straffen Pferdeschwanz zusammen. Sie überprüfte die Haltegurte an Theodors Armen und Beinen auf Stabilität. „Sollte reichen", sagte sie und nickte Doc zu.

Ein gepeinigter Ausdruck huschte über das karge Gesicht des Heilers und er flüsterte, „Mein tiefstes Bedauern, junger Freund", bevor er Theodors Kopf zur Seite drückte, die Nadel in seinen Hals senkte und ein gutes Drittel der klaren Substanz injizierte. Ein Zucken durchlief den kleinen Mann und Doc verabreichte ihm schnell eine Dosis Winterwut mit der zweiten Spritze.

„Lass die Spritzen bei mir und warte draußen", sagte Hel, als Theodors Zittern langsam nachließ und etwas Farbe in sein blasses Gesicht kam. Doc nickte verdrießlich, drehte sich jedoch umgehend auf dem Absatz um und verließ den Raum.

Die Elfe wartete geduldig. Der Effekt war weit weniger dramatisch, als während einer normalen Verabreichung, ein weiteres Zeichen dafür, wie schwach der kleine Mann war. Er begann zu stöhnen und sich unter der Decke zu winden. Seine Augen flatterten und schossen letztendlich auf, nur um verwirrt umher zu blicken. Die Pupillen waren glasig und geweitet. Sie fokussierten sich nur langsam auf Hel.

Die Elfe lächelte Theodor freundlich zu und kraulte seine Haare.

„F... Fräulein Hel? Sind Sie ... bis das du? Wo ist ... meine Brille", brachte Theodor krächzend hervor.

Die Elfe nickte und beugte sich zu ihm herunter, so dass ihr heißer Atem über seinen Hals strich wie der Finger eines Liebhabers. „Ich habe Fragen, Theodor. Fragen, auf die ich Antworten brauche. Leonora ist noch immer verschollen und Anskar hat sich in eine Art Monster verwandelt, als wir versucht haben ihn zu retten. Es gab Tote – viele Tote. Er hat selbst Gretchen umgebracht, hat sie verschlungen und wütet jetzt durch die Stadt. Du musst mir alles verraten, was du weißt, hörst du. Alles."

Theodor starrte vorerst nur verwirrt drein, seine Augen weiteten sich jedoch schnell mit grausigem Schock – insbesondere, als sie ihm die Lüge mit Gretchen auftischte. Es war fast zu einfach und die Geschichte floss zusammen mit heißen Tränen schnell aus ihm.

Und was für eine Geschichte es war ...

***

Die Dunkelheit huschte durch die nebelverhangenen Straßen Unterwaagens, bewegte sich auf allen vieren, ihr Haupt nah am Grund wie ein dämonischer Bluthund auf der Jagd. Er hatte eine Spur. Schwach. Überlagert von den mannigfaltigen Gerüchen der Unterstadt und der Passage dutzender, doch sie war da und der Archetype konnte ihr folgen. Das genetische Material der Brutkrieger erwies sich nun als ausgesprochen nützlich. Ihr ausgezeichneter Geruchssinn erlaubte es ihm die Welt auf eine Art zu sehen, wie kein Mensch es je vermocht hätte.

ARCHETYPE 2.0Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt