Ich stand nun in einem kleinen Raum mit einem großen hohen Fenster, der mit einem kleinen Sofa, einem Wohnzimmertisch, einer Kommode und einem Kamin möbliert war. Auf der Kommode rechts von mir lagen ein paar Bücher.
Leise seufzend machte ich mich an die Arbeit, die Gemächer der Prinzessin aufzuräumen. Ich nahm die Bücher und stellte sie zu den anderen Büchern in die Kommode. Bei dem Sessel schüttelte ich das Kissen auf, schob den Tisch zurecht, wischte ihn ab und zündete den Kamin an. Dann ging ich vor dem Fenster links in den Nebenraum.
Dies war das Lern- und Schminkzimmer. Rechts von mir wurde der Raum durch dunkelblaue Vorhänge vor dem großen Fenster verdunkelt. Ich zog die Vorhänge auf und das sanfte Morgenlicht flutete in den Raum. Dann wandte ich mich zu dem Schreibtisch links neben der Tür auf dem noch die angefangene Zeichnung vom Vortag lag.
Schnell nahm ich die herumliegenden Stifte und räumte sie in eine Schublade unter der Schreibfläche. Rechts von mir überprüfte ich das kleine Bücherregal, in dem ausschließlich Lehrbücher standen. Mit schnellen Handgriffen räumte ich auch den Schminktisch auf. Die nächste Tür führte in Berenikes Schlafzimmer, in dem Berenike immer noch schlief.
Ich klopfte leise an und trat dann in den dunklen Raum. Prinzessin Berenike lag zusammengerollt auf dem großen Bett. Es war fast lächerlich, wie ihre kleine Gestalt nur etwa ein Drittel des Bettes einnahm. Sie hatte die Bettdecke weggetreten und lag nun, nur mit ihrem Nachtgewand bekleidet, frei in diesem kühlen Raum.
Ich hob die Decke vom Boden auf und legte sie zu ihren Füßen aufs Bett. Dann beugte ich mich über sie und strich ihr sanft über die Wange: „Aufstehen, Prinzessin." Sie öffnete ihre Augen und blinzelte mich ein paar Mal an, während sie wach wurde. Ich kletterte vom Bett, ging zu den Fenstern und zog die schweren Vorhänge auf.
Vom Bett kam ein Stöhnen: „Zu hell!" „Heute ist ein wunderschöner Samstag, Ihr habt keinen Unterricht und könnt den Vormittag frei gestalten. Heute Nachmittag möchte Eure Mutter mit Euch spazieren gehen und abends ist das große familiäre Abendessen. Was wollt Ihr also heute Vormittag machen?" Die Prinzessin setzte sich nun deutlich wacher auf. „Ich darf mir etwas aussuchen?" „In einem gewissen Rahmen, Prinzessin, ja" Berenike sprang begeistert vom Bett und rannte in Ihr Ankleidezimmer: „Dann will ich reiten!"
Während Berenike frühstückte, räumte ich ihr Schlaf- und Ankleidezimmer auf und ging dann in die Küche um mir Essen für ein kleines Picknick zusammenstellen zu lassen. Ich traf im Stall wieder auf die Prinzessin. Ein Stallknecht hatte bereits die Schimmelstute der Prinzessin und ein Pferd für mich mit dem Damensattel gesattelt. Ich befestigte die gepackten Satteltaschen am Sattel. Dann half ich der Prinzessin in ihren Sattel.
Es war ein spezieller Sattel, der extra für die kleine Statur der Prinzessin gefertigt worden war, aus dem weichsten hellbraunen Leder. Als sie sicher im Sattel saß, half mir der Stallknecht in meinen Sattel. Ich begab mich in die richtige Position und nahm dem Knecht die Zügel ab. Mein rechtes Bein lag nun über der Gabel am Sattel und meinen linken Fuß schob ich in den Steigbügel, den der Knecht nochmal auf die Länge meines Beines einstellte. Ich hatte mir extra einen weiten Rock angezogen, sodass ich ihn nun über meinen Beinen arrangieren konnte.
Normalerweise ritten Zofen nicht im Damensattel, doch da die Prinzessin diesen Sitz noch nicht so gut beherrschte, war es anschaulicher, wenn ich auch im Damensattel ritt. Der Damensattel war nicht gerade der bequemste Sitz, jedoch konnte man mit langen Röcken nicht in dem normalen Sattel sitzen und als Prinzessin Hosen anzuziehen, durfte man nur im sehr privaten Bereich wagen.
So war die vollkommene Beherrschung des Damensattels eine unbedingte Pflicht. Mit dem linken Fuß, der genau wie der rechte jetzt in festen Stiefeln steckte, drückte ich leicht gegen den warmen Pferdekörper. Das Pferd setzte sich gehorsam in Bewegung, während ich noch schnell die Zügel in meinen Händen sortierte. Ich ritt aus der Stallgasse auf den Hof, wo Berenike bereits auf mich wartete.
Wir verbrachten einen lustigen Vormittag. Wir ritten, tobten und machten ein herrliches, leckeres Picknick. Prinzessin Berenike vertraute mir inzwischen blind und ich liebte sie über alles. Als ich nach dem Picknick auf dem Rücken im hohen Gras lag und in den strahlend blauen Himmel blickte, fühlte ich mich so frei und glücklich wie schon seit Jahren nicht mehr.
Dies war ein perfektes Leben und ich hatte vor, dieses Leben zu behalten. Ich würde mit der Lüge meiner Person leben und die Schuldgefühle unterdrücken, doch es würde ein wunderschönes Leben sein und ich würde jede Minute davon genießen.
Ich lächelte. Da packte mich plötzlich jemand an den Füßen. „Aufstehen, Katharina, ich will Blumen pflücken." Berenike beugte sich über mich. Meine Hand schnellte vor und ich stupste ihr gegen die Nase: „Na dann legt mal los Prinzessin."
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Unter der Haube goldenes Haar
Historical Fiction„Ich muss weg" Gilde hielt in ihrer Bewegung inne: „Entschuldige Hoheit, wie war das?" „Ich kann nicht mehr im Schloss meines Bruders bleiben. Ich kann mit dieser Angst nicht leben. Ich werde fliehen." Gilde sah mich unendlich traurig an. „Wie könnt...