Mein Plan war im Grunde einfach, ich würde mich in eine Zofe verwandeln und so unbemerkt das Königreich verlassen. Gilde war von dem Plan begeistert und ich war überglücklich als sie mir sagte, dass sie mit mir kommen würde. Zusammen tüftelten wir einen immer detaillierteren Plan aus.
So vergingen die nächsten Tage in einem Wirbel von Vorbereitungen und täglichen Pflichten. Gilde brachte mir im Schnellverfahren bei, wie man sich als Zofe verhielt, was hauptsächlich darauf hinauslief mir das Prinzessin-Sein abzugewöhnen. „Geht nicht so aufrecht." „Senkt den Kopf" „Strafft die Schultern nicht so, entspannt sie." „Geht schnell und leise"
Wir hatten unsere Flucht auf das bevorstehende Osterfest gelegt. In der Nacht auf Ostersonntag hatte mein Bruder ein großes Fest geplant, bei dem man bis in den Morgen die Auferstehung des Herren mit viel Wein und Tanz feiern sollte. Gilde besorgte die Kleider einer Zofe für mich und die Kleider einer Magd für sich selbst. Ich hatte es nicht verstanden, doch Gilde hatte mir verdeutlicht, dass sie nicht von meiner Seite weichen würde. Aber eine Anstellung für zwei Zofen gleichzeitig zu finden wäre fast unmöglich, aber Mägde wurden immer gesucht. Ich vertraute ihrem Urteil.
„Aua" Ich guckte auf meinen Finger, aus dem ein kleiner Tropfen Blut herausquoll. Ich hatte mir mit der Nadel in den Finger gestochen. Frustriert darüber, dass es mir trotz Gildes Anweisungen beim Stopfen der Kleider immer noch passierte, steckte ich mir den Finger in den Mund. Das ziemte sich für eine Prinzessin überhaupt nicht, aber ich wollte ja auch eine Zofe werden. Man hatte mir, wie allen jungen adeligen Frauen das Sticken beigebracht, aber das hatte nur ganz entfernt mit den Näh- und Stopfarbeiten zu tun, die eine Zofe erledigen musste. Gilde, die gerade dabei war, eine Liste aufzustellen, was wir noch alles brauchten, kam zu mir rüber und betrachtete meine Arbeit: „Das macht ihr gut Prinzessin, Ihr müsst nur aufpassen, wo Ihr mit Euern Fingern gegen den Stoff haltet, dann stecht Ihr Euch nicht so häufig in den Finger. Aber ich fürchte, es wird Euch noch einige Male passieren. Selbst ich steche mir noch ab und zu in den Finger, wenn ich nicht aufpasse." Entmutigt legte ich den Stoff zur Seite. Ich würde noch Wochen brauchen um alles hinzubekommen. Aber heute war schon Gründonnerstag. Es blieben nur noch zwei Tage.
„Kommt, wir müssen Euch für das Festmahl Eures Bruders heute Abend fertig machen." Ich stand auf und ging in die Ankleidekammer, wo Gilde schon mein Kleid aufgehängt hatte. Bis zum Osterfest würde ich von einem Kleid ins nächste schlüpfen und kaum noch Zeit haben zum Packen und zum Üben. Die letzten Vorbereitungen würde Gilde erledigen, doch im Prinzip musste jetzt alles fertig sein. Die Nervosität packte mich ohne Vorwarnung und ich ließ mir alles hundertmal durch den Kopf gehen, aber wir waren bereit, ich musste nur noch die Tage samt den Verpflichtungen überstehen.
„Haltet still Hoheit" Gilde klang ungehalten, da sie versuchte mich in mein Kleid für dieses Essen zu stecken. „Ich wünschte, wir könnten heute schon fliehen." „Ihr wisst warum das nicht geht. Wenn ihr heute fliehen würdet, dann fällt das sofort an dem frühmorgendlichen Karfreitagsfrühstück auf. Außerdem wird Eure Anwesenheit bei dem Gottesdienst am Karfreitag erwartet und abends müsst Ihr dann noch zu dem gemeinsamen Essen erscheinen. Und am Karfreitag wird Euch gestattet, dass Ihr durch die Straßen geht und den Armen etwas zu Essen bringt. Wenn Ihr nicht da seid, dann würden sie nichts bekommen. Ihr wisst, dass der beste Moment ist, wenn Ihr Euch am Samstag kurz auf dem Fest zeigt. Der König beginnt mit dem Fest schon vor dem Mittag, wenn Ihr Euch bis Mittag dort aufhalten würdet, wird der Saal so voll sein, dass es niemandem auffallen wird, wenn Ihr verschwindet. Erst am nächsten Tag zum großen Ostergottesdienst am Mittag, fällt Eure Abwesenheit auf. Wenn wir die ganze Nacht durch gehen, dann haben wir einen ganzen Tag lang Zeit, so viel Strecke wie möglich zwischen Euch und den König zu bekommen." Ich ließ den Kopf hängen. Ich wusste das natürlich alles. Ich musste mich zusammenreißen. Für zwei Tage musste ich noch Prinzessin sein.
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Unter der Haube goldenes Haar
Historical Fiction„Ich muss weg" Gilde hielt in ihrer Bewegung inne: „Entschuldige Hoheit, wie war das?" „Ich kann nicht mehr im Schloss meines Bruders bleiben. Ich kann mit dieser Angst nicht leben. Ich werde fliehen." Gilde sah mich unendlich traurig an. „Wie könnt...