Kapitel 27

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Die Kerzen flackerten als Berenike aus dem Bad kam. Mit ihr kam ein Schwall nach Rosen duftender warmer Luft aus dem Bad. Verwirrt hatte Berenike vorhin auf die im Wasser schwimmenden Rosen gestarrt.

Als Prinzessin war ich durch einen Zufall auf dieses entspannende Bad gekommen. Ich sah ihr an, dass sie das Bad genauso entspannt hatte, wie mich damals. Von dem Nervenbündel von vorhin war nichts mehr zu spüren.

Berenike war schon den ganzen Tag so aufgekratzt gewesen, denn jetzt machte sie, nach der Wahl einer Zofe, nun den zweiten Schritt in Richtung einer erwachsenen Frau. Heute ging sie auf ihren ersten Ball. Der Ball fand zu Ehren des 10. Geburtstags von Prinzessin Henriette statt.

Ich hatte ihr ein wunderschönes, dunkelblaues Kleid mit einem V-Ausschnitt ausgesucht, der durch eine blickdichte schwarze Spitze überdeckt wurde. Der Schnitt betonte auf eine süße Art ihre schmale Figur und die schlanke Taille. Berenike strich andächtig über den glatten leichten Stoff. Ihre inzwischen trockenen Haare, die immer noch leicht nach Rosen dufteten, steckte ich in Form einer Blüte hoch.

Im Schein der vielen Kerzen hier im Ankleidezimmer sah Berenike unglaublich schön aus. Vor dem Spiegel klimperte sie mit ihren silbernen Armreifen und rückte den Rosenanhänger ihrer silbernen Kette zurecht.

„Ihr seid wunderschön, Prinzessin. Keiner wird Euch auf dem Ball übersehen können." Das Licht spiegelte sich in ihren großen braunen Augen. „Ich wusste gar nicht, dass ich so schön aussehen kann." sagte sie ehrfürchtig.

„Kommt, Prinzessin, dann teilen wir das auch den anderen jungen Adligen auf dem Ball mit." Um ihr eine Freude zu machen, knickste ich tief und bot ihr meine Hand an. Sie nahm sie lächelnd und ich ging mit ihr aus ihren Gemächern zum Ballsaal.

Aus dem Ballsaal kam laute, fröhliche Musik. Die Prinzessin hatte ihr Geschenk für Henriette in der Hand und sah mich nun scheu an. „Alles gut, Prinzessin. Ihr geht durch die Tür, werdet vorgestellt, dann geht ihr zu Henriette, gratuliert ihr und gebt ihr Euer Geschenk. Danach könnt ihr zum Buffet gehen oder es fordert Euch jemand zum Tanzen auf."

„Kannst du nicht mitkommen?" fragte Berenike ängstlich. „Ich bin in der Nähe und passe auf Euch auf, aber Ihr werdet mich nicht sehen. Ich halte mich im Hintergrund und greife nur im Notfall ein."

Berenike nickte, schien aber noch nicht zu 100% überzeugt zu sein. „Los Prinzessin, ihr seht wunderschön aus und wollt Eurer Schwester eine Freude machen, Ihr werdet das mit Sicherheit schaffen. Jede Prinzessin stand mal vor ihrem ersten Ball und jede Prinzessin hat ihn überlebt."

Ich erinnerte mich sehr genau an meinen ersten Ball, wie ich plötzlich in einem riesigen Saal stand mit lauter Musik, grellen Lichtern und viel zu vielen Stimmen und Gerüchen um mich herum. Ich weiß noch wie ich das Gefühl hatte, als würde ich keine Luft mehr bekommen.

Dann weiß ich nur noch, wie meine Mutter mir über den Kopf strich und mir versicherte, dass es jedem passieren kann, ohnmächtig zu werden. Nach diesem Tag hatte ich beschlossen, dass ich nach außen hin nie wieder Schwäche zeigen wollte. Bei dem nächsten Ball war ich vorbereitet und ich fiel nie wieder in Ohnmacht.

Es würde nicht leicht werden für Berenike, doch sie hatte ihre beiden Schwestern und ihren Bruder, die sie auffangen würden, wenn etwas sein sollte. Dies war ein unangenehmer Schritt, aber eine Erfahrung, die ihr niemand abnehmen konnte. Ich drückte der Prinzessin die Hand und strich ihr über die Wange.

„Ihr schafft das!" mit diesen Worten trat ich zur Seite und gab den Wachen an der zweiflügeligen Tür ein Zeichen. Diese öffneten synchron die Tür und helles Licht fiel aus dem Saal auf Berenike, die ängstlich die Augen zukniff.

„Augen auf!" raunte ich ihr zu. Sie gehorchte, öffnete die Augen und nahm den Ballsaal in Augenschein. Dann richtete sie sich auf und ging die paar Schritte zum Zeremonienmeister. „Ihre königliche Hoheit Prinzessin Berenike Maria von Equitanien"

Unter der Haube goldenes HaarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt