„Die ist einfach blöd!" schimpfte Berenike während ich ihre völlig zerzausten Haare kämmte. Immer wieder legte ich den Kamm zur Seite und zog der Prinzessin kleine Ästchen oder Blätter aus den Haaren. „Ihr habt doch aber zugestimmt fangen zu spielen." „Ja, aber Lady Kathline hat mich geschubst." widersprach mir Berenike. „Das hat sie bestimmt nicht mit Absicht gemacht. Das kann im Eifer des Gefechts passieren." Berenike zog einen Schmollmund
„Au!" „Tut mir leid, Prinzessin, der Ast hatte sich sehr verfangen." Ich legte das Ästchen auf den Schminktisch und beschloss die Prinzessin etwas abzulenken: „Wie war denn Euer Unterricht heute Vormittag?" „Wir mussten rechnen und ich hatte nur eine Aufgabe falsch." „Sehr gut!" lobte ich überschwänglich „Was hat der Lehrer zu Eurem Bild gesagt, dass Ihr gestern nach dem Gottesdienst gemalt habt?" „Er fand es sehr gut gelungen."
Sie strahlte: „Ich möchte es gerne Johannes schenken, können wir nachher zu ihm gehen?" „Eine schöne Idee, Prinzessin."
Prinzessin Berenike klopfte an die Tür. „Herein!" Ich öffnete für Berenike die schwere Tür, wobei ich fast die Mappe fallen gelassen hätte. Die Prinzessin schlüpfte durch die Tür, sobald der Spalt groß genug für sie war. Ich öffnete die Tür noch weiter und folgte ihr in die Gemächer des Kronprinzen.
Direkt im Eingangsbereich stand, wie bei Berenike, ein Sofa vor einem Kamin. Bevor ich mich weiter umsehen konnte, sah ich gerade eben noch wie der Rock von Berenikes hellrotem Kleid in dem rechten Raum verschwand. Ich folgte ihr und blieb überrascht in der Tür stehen.
Vor mir lag ein großer Raum, der über und über mit Büchern vollgestellt war. An allen Wänden standen Bücherregale voller Bücher, die Wände dahinter waren nur noch zu erahnen. Überall waren Bücher. Der Schreibtisch in der Ecke schien unter den ganzen Büchern fast zusammenzubrechen und die großzügige Sitzgelegenheit in der Mitte bot nur noch an wenigen Stellen einen freien Platz zum Hinsetzen.
Sogar der Fußboden war übersät mit Bücherstapeln. Berenike schlängelte sich gerade geschickt durch das Labyrinth aus wackligen Bücherstapeln zu der rechten Ecke der mit hellbraunem Leder bezogenen Sitzgelegenheit, auf der, der Prinz in ein Buch vertieft, saß.
Als sie bei ihm ankam, legte er einen Zettel zwischen die Seiten des Buches und klappte es zu. Dann packte er Berenike und setzte sie sich auf den Schoss. „Na, was will meine kleine Prinzessin?" „Ich habe dir ein Bild gemalt."
Sie winkte mich zu sich und ich versuchte mich genauso geschickt durch das Bücherlabyrinth zu schlängeln. Scheu blieb ich neben den beiden stehen. Ich war überrascht, wie sehr es mir etwas ausmachte, nun von oben auf die beiden Hoheiten herabzublicken. Es fühlte sich nicht richtig an.
„Gib mir die Mappe Katharina." „Bitte!" erinnerte ich die Prinzessin und gab ihr dann die Mappe. Die Prinzessin wurde leicht rot und nahm mir dann die Mappe mit ihren Zeichnungen ab. „Guck mal!" Berenike schlug die Mappe auf. „Sehr schön. Warst du nochmal im Garten?" lobte der Prinz „Ja, gestern nach dem Sonntagsgottesdienst bin ich mit Katharina in den Garten gegangen und habe den Einhornbusch gezeichnet." Die Prinzessin hielt stolz ihre Zeichnung hoch und der Prinz gab bewundernde Laute von sich.
„Hast du das auch gezeichnet?" fragte der Prinz verwirrt, während er auf das Blatt unter Berenikes Zeichnung guckte. „Nein, Katharina hat mich gezeichnet, wie ich im Garten sitze und zeichne. Es ist wunderschön geworden oder? Sie hat es mir geschenkt." Die beiden guckten mich an, die Prinzessin überglücklich und stolz und der Prinz mit schief gelegtem Kopf, der Verwirrung und Verwunderung ausdrückte.
„Deine Zofe scheint viele Talente zu haben." „Ja, ich habe die beste und hübscheste Zofe von allen. Henriettes und Viviens Zofen können das nicht." Ich wurde knallrot „Und so jung..." fügte der Prinz mit gerunzelter Stirn hinzu. „Wie alt bist du Katharina?" „17, Eure Hoheit." sagte ich leise.
Der Prinz öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch seine Schwester fuhr ihm dazwischen: „Darf ich mein Bild bei dir aufhängen?" Der Prinz wandte sich wieder seiner Schwester zu: „Natürlich, such dir einen hübschen Platz aus." Berenike strahlte, sprang auf und huschte wie der Blitz aus dem Zimmer.
Plötzlich war ich alleine mit dem Prinzen und wusste nicht, was nun von mir erwartet wurde.
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Unter der Haube goldenes Haar
Historical Fiction„Ich muss weg" Gilde hielt in ihrer Bewegung inne: „Entschuldige Hoheit, wie war das?" „Ich kann nicht mehr im Schloss meines Bruders bleiben. Ich kann mit dieser Angst nicht leben. Ich werde fliehen." Gilde sah mich unendlich traurig an. „Wie könnt...