Ellies POV

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Es klingelt an der Haustür. Unter Schmerzen stehe ich auf und tapse in Jogginghose, schlabberigem Oberteil barfuß und mit Wärmkissen zur Tür. Es klingelt ein zweites Mal.

"Jaha, ich bin ja schon unterwegs." rufe ich genervt. Ich schließe auf und erwarte einen genervten Postboten oder einen Nachbarn, aber was ich sehe, haut mich fast um. Vor mir steht Kate, die Augen rot und geschwollen, ein wenig getrocknetes Blut an der Nase und ebenfalls in Jogginghose und einem XXL-Sweatshirt.

"Was... Was machst du hier?" frage ich verdattert. Eigentlich müsste sie noch in der Schule sein, wir hätten heute Nachmittagsunterricht.

"Wir müssen reden." sagt sie ernst. Tränen treten ihr in die Augen und sie schnieft, dann tritt sie an mir vorbei ins Haus. Oh nein. Oh nein oh nein! Ich kenne diesen Spruch. Übersetzt heißt das "Ich mache Schluss." Nein Nein Nein! Sie kann doch nicht Schluss machen! Wir sind erst seit gestern wirklich zusammen. Oh bitte nicht. Mir laufen Tränen die Wangen runter. Ich kann sie nicht stoppen und ich versuche es auch gar nicht. Kate dreht sich zu mir um.

"W-warum weinst du denn? Du weißt doch gar nicht, was passiert ist..." fragt sie unsicher. Ich zucke mit den Schultern.

"'Wir müssen reden.' Kennt man doch aus jeder 0815 Schnulze." schluchze ich. Kates Augen werden groß und sie umarmt mich.

"Aber ich will doch gar nicht Schluss machen! Ich muss wirklich mit dir reden!" murmelt sie in mein Haar. Ich schlinge meine Arme um ihre Taille und ziehe sie enger an mich. Als ich mich beruhigt habe, setzen wir uns aufs Sofa.

"Was wolltest du mir denn erzählen?" frage ich.

Und sie erzählt.

-

"Und meine Mutter glaubt jetzt, dass Ash, Mel und ich alle auf den selben Jungen stehen." endet sie. Ich schweige. Das muss ich alles erstmal verdauen. Kate lässt mir die Zeit, kuschelt sich nur enger an mich. Irgendwann spüre ich eine unbändige Wut in mir aufsteigen. Ich springe auf, was Kate erschrocken aufs Sofa kullern lässt, renne in den Keller zu dem Boxsack von meinem Bruder und fange an, auf ihn einzuschlagen. Kate kommt atemlos nach zwei Minuten an. Mir läuft der Schweiß irgendwann am ganzen Körper herunter und ich kann nicht mehr unterscheiden, ob es die Tränen oder der Schweiß ist, der über meine Wangen rinnt. Kate erhebt sich und legt mir ihre Hand auf die Schulter und in diesem Moment lasse ich mich fallen. Ich lasse mich einfach auf den weichen Boden fallen. Dort liege ich, bis sich Kate zum mir herunterbeugt, um mir hochzuhelfen. Ich nehme ihre Hand und ziehe sie zu mir nach unten; auf meinen Körper. Sie beginnt mich grob zu küssen, was ich von ihr nicht gewohnt bin, aber es stört mich nicht. Sie reißt mir mein Top förmlich vom Körper und will sich gerade an meiner Hose zu schaffen machen, als ich sie stoppe.

"Nicht. Du weißt doch..." murmele ich, obwohl ich gerade nichts lieber würde, als mit Kate zu schlafen.

"Mir egal." sagt sie enttäuscht, während ihre Augen sich in meine bohren.

"Aber mir nicht." sage ich ernst, halte ihre Hand fest und drehe sie auf den Rücken.

"Aber was ich nicht kann, kannst du dafür um so besser." sage ich und küsse sie.

-

Kate hat ihr Sweater und ihre Unterhose wieder an und sitzt neben mir auf dem Sofa. Ihren BH und die Jogginghose haben wir unten gelassen. Kate hat sich die Haare zu einem wuscheligen Dutt gebunden und sieht fertig aus. Ihre Wangen sind gerötet und sie schlürft von dem Tee, den ich ihr gegeben habe.

"Meinst du, wir sollen wirklich mal bei diesen Beratungsstellen anrufen?" frage ich, während ich die Spaghetti würze.

"Ich weiß es nicht. Ich weiß ja nicht, was du für ein Verhältnis zu deiner Mutter hast, aber wenn ich es meinen Eltern sagen muss, sollte ich mich vielleicht beraten lassen." sagt sie. Ich denke an meine Mutter. Ich denke nicht, dass sie sauer oder enttäuscht sein würde. Sie würde es akzeptieren.

"Dann komme ich mit dir. Du musst da nicht allein durch." sage ich. Ich höre sie aufstehen und den Tee abstellen, dann legt sie von hinten ihre Arme um meine Taille und drückt sich an mich. Ich spüre sie lächeln und lächele ebenfalls. Warum kann es nicht alles so friedlich sein?

Nachdem wir gegessen haben, liegt Kate entspannt auf dem Sofa und ich hole mir gerade eine weitere Tablette gegen die Schmerzen, die während des Essens wieder zurückgekehrt waren. Plötzlich springt Kate wie von der Tarantel gestochen auf.

"Oh Gott, ich muss nach Hause!" ruft sie. Ich beruhige sie.

"Ruf deine Mutter an und frag sie, ob du hier bleiben kannst."

Sie steht auf und geht zum Telefon. Mit skeptischem Blick nimmt sie den Hörer in die Hand.

"Sag ihr, du musst dich bei mir ausheulen wegen dem Jungen. Ob du hier schlafen kannst. Oder so..." sage ich. Sie wählt und sofort scheint jemand ranzugehen.

"Hallo Mama... Ja... Ich bin bei einer Freundin... Was?... Ja, äh... Ja... Nein, sicher nicht... Ich frag mal..." und damit dreht sie sich zu mir um.

"Hat deine Mutter was dagegen, wenn ich hier bleibe? Weil du ja eigentlich morgen in die Schule musst..."

Ich nicke. Dann hole ich mein Handy aus der Tasche und erkläre meiner Mutter, was passiert ist. Sie sagt nur, wir werden da in den nächsten Tagen mal drüber reden, aber sie wird mir natürlich für morgen eine Entschuldigung schreiben. Ich gebe Kate ein Zeichen.

"Ja, also Ellies Mutter hat nichts dagegen..

Ja?... Brauchst du nicht... Danke Mama!... Ich dich auch, tschüss und bis morgen."

Sie legt auf.

"Alles klar, meine Mutter schreibt mir eine Entschuldigung..." sagt sie.

"Wann kommt deine Mutter eigentlich nach Hause?" fragt sie plötzlich. Ich zucke die Schultern.

"Vermutlich erst spät, sie arbeitet noch." antworte ich. Kate nickt.

"Wollen wir einen Film gucken?" frage ich.

"Was hältst du von einer Schnulze?" fragt Kate zurück.

"Also da hätte ich 'Pretty Woman' im Angebot... Oder 'Mädchen Mädchen'. Oder 'Blau ist eine warme Farbe'." antworte ich.

"Was ist das letzte?" fragt Kate aufgeregt.

"Eine Story über zwei Mädchen, die sich ineinander verlieben." lächele ich. Kate nickt. Ich baue ein gigantisches Kissenlager, hole Chips und Sprite und lege den Film ein. Kate küsst meine Wange und kuschelt sich dann eng an mich.

All I Want (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt