Kapitel 18

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POV Rezo

Ich hörte wie die Tür ins Schloss fiel. Und dann... nichts. Nia hatte noch immer kein Wort gesprochen. Ich blieb so stehen, bewegte mich nicht. Ich wartete, dass Nia eine Reaktion zeigte, doch auch er blieb stumm. Ich sah wie er seine Hände zu Fäusten ballte und die Finger wieder streckte.
Ich seufzte auf und trat hinter ihn. Seine Hände arbeiteten noch immer, er drückte seine Fingernägel in die Innenseiten seiner Hand. Ich streckte vorsichtig meinen Arm aus und begann sanft seine Hand zu öffnen. Er ließ es geschehen, wehrte sich nicht, doch auf einmal drehte er sich zu mir um. Ich hielt immer noch seine Hand und strich beruhigend mit meinem Daumen über seinen Handrücken.
Eine weitere Träne zog nun ihre Spur über sein Gesicht. Ein schluchzten entwich ihm. Ich zog ihn zu mir und nahm ihn in den Arm. Ich hielt ihn einfach fest, während er innerlich zusammenbrach. Vorsichtig führte ich ihn zum Sofa, legte mich darauf und zog ihn an mich. Er schluchzte nun ununterbrochen und die Tränen liefen über seine Wangen in mein T-Shirt. Ich weiß nicht wie lange wir so da lagen, ich weiß auch nicht ob das wirklich wichtig ist. Es schien als hätte sich Nia seine ganzen Sorgen, seinen ganzen Kummer der letzten Zeit zusammengesammelt und in sich aufgestaut und als wäre die Mauer, die bis jetzt alles gehalten hatte, gefallen.
Langsam beruhigte er sich und schließlich schlief er in meinem Arm ein. Wir hatten immer noch kein Wort gewechselt, mein Kopf arbeitete auf Hochtouren. Nias verhalten war für mich nicht zu erklären. Oder vielleicht doch? nein... das konnte nun wirklich nicht sein. Ich musste mir eingestehen, dass ich ihn, um eine plausible Erklärung zu finden, noch immer zu wenig kannte. Ich glaube, wir waren dafür einfach noch nicht vertraut genug.
Ich versank in meinen Gedanken, bis Toni zur Tür hereinkam. Nia wachte ebenfalls auf und sah mich panisch an. Beruhigend strich ich über seinen Rücken.
Ich erhob mich und trat dicht neben Toni, der in der Tür stehen geblieben war. Ich sprach gerade so laut das Nia mich noch verstehen konnte, es aber nicht unangemessen war:
„Stress mit nem Girl... wird schon wieder", ich blickte zu Nia, der mich dankbar anlächelte... oder es zumindest versuchte. Toni sah mich skeptisch an, doch dann nickte er und verließ das Zimmer. Ich folgte ihm. Er verschwand in seinem Zimmer, wo ich ihn auf dem Bett sitzend, fand. Ich lies mich neben ihm nieder und schlang meine Arme um ihn.
„Meinst du wirklich es geht ihm gut?", seine Stimme war voll von Sorge.
„Ich glaube er braucht im Moment etwas Ablenkung... ich denke ich werde ihn fragen ob er morgen mit zu mir kommen möchte, da dreht Ju sein neues Video... das wäre bestimmt eine gute Ablenkung oder? Was meinst du?"
„Doch sicher", er war enttäuscht, das konnte ich hören.
„Was hast du?"
„Es ist nur... Mich hast nicht gefragt ob ich mitkommen möchte..."
„Naja", ich grinste. „Erstens hast du sowieso keine Zeit, das weiß ich, und zweitens muss ich etwas schaffen zu Hause... wenn ich dich mitnehmen würde, würde ich nichts von meiner Arbeit erledigen können"
„Was soll das denn jetzt heißen?", fragte Toni empört.
„Du weißt genau was das heißen soll", lachte ich und boxte ihn in die Seite.
„Du könntest mir zeigen was du meinst", raunte er und legte seine Stirn an meine.
„Netter Versuch", grinste ich, drückte ihn aber entschieden weg. „Komm lass uns mal was zu essen machen, ich habe Hunger!" Ich stand auf und zog ihn mit mir.

Als ich später am Abend Nia von meiner Idee erzählte, ging es ihm schon viel besser, sodass er auch sofort zustimmte. Morgen um 9 würden wir losfahren, und Toni würde vielleicht nach ein paar Tagen nachkommen. Nia und Toni hatten das Drama von heute Mittag erfolgreich verdrängt und konnten sogar wieder zusammen lachen. Es freute mich. Ich wusste wie sehr es Toni weh getan hatte, dass Nia nicht mit ihm darüber geredet hatte.
Toni gähnte: „Es ist schon saumäßig spät... lasst uns schlafen gehen, wir müssen morgen früh raus"
Ich lachte: „Naja... eigentlich musst nur du früh los morgen. Nia und Ich können noch ganz gemütlich Frühstücken"
Toni sah mich strafend an. Ich wusste wie sehr er das frühe Aufstehen hasste und daher liebte ich es, ihn immer wieder damit aufzuziehen. Nia stand auf und verschwand mit einem „Gute Nacht" in seinem Zimmer. Toni stand ebenfalls auf und zog mich hinter sich her, in sein Zimmer. Er setzte sich auf sein Bett, während ich mir eine Jogginghose anzog und mir mein T-Shirt über den Kopf zog. Wo um alles in der Welt war mein Schlafshirt?
Ich hatte es wohl heute morgen im Bad vergessen. Seufzend verließ ich den Raum und ging den Flur entlang. Ich öffnete die Badezimmer Tür und trat ein.
Ich schreckte zurück. Vor mir stand Nia und starrte mich an. Sein Blick wanderte von meinem Gesicht zu meinem Oberkörper, wo er eine Weile haften blieb und dann schnell wieder zu meinem Gesicht. Er wurde rot.
Auch mir war die Situation verdammt unangenehm, daher stotterte ich nur: „äm sorry... ich hätte anklopfen sollen... hast du... hast du mein... ach egal...", bevor Nia noch etwas entgegnen konnte drehte ich mich um und verließ das Bad.
„Verdammt", murmelte ich nur. Ich hoffte, dass ich mir Nias Blicke nur eingebildet hatte. Oder vielleicht... vielleicht war sein Zustand doch ganz einfach zu erklären. Die Gedanken strömten in meinen Kopf. Ich bekam Panik.
Schnell ging ich in die Küche ließ kühles Wasser über meine Handgelenke laufen und konzentrierte mich auf meine Atmung. Es funktionierte. Ich beruhigte mich wieder. Was einen Schwachsinn hatte ich da gerade zusammengesponnen. Ich musste unbedingt mit Nia reden, bevor ich wieder auf solch verrückte Ideen kommen würde.

rezoni || Manche MomenteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt