Oh, wenn er es doch schon eher gewusst hätte. Er hätte sich mental darauf vorbereiten können. Oder wenigstens auf das Gedankenmachen davor verzichten können. Genauer gesagt kann man immer auf das Gedankenmachen davor verzichten, weil es auch nichts ändert.
Nun sitzt er hier, in einem Raum, den er noch nicht sonderlich gut kennt. Auf dem Bett, an dem er mittels Fesseln angebracht ist. Matthew sitzt dort, Füße auf dem Boden, Arsch auf dem Bett und starrt auf die Tür. Es ist sicherlich schon eine Ewigkeit vergangen. William hat ihn hier sitzen lassen, in diesem merkwürdigem Zimmer, dessen ganzer Grund Matthew noch nicht ganz entschlüsselt hat. Doch er sitzt nun hier, starrt und macht sich Gedanken. Er ist aufgeregt und zwar nicht so aufgeregt, wie wenn er gleich ein wichtiges Examen schreibt oder eine mündliche Prüfung hat, sondern wie wenn er gleich vor Nervosität seine Fesseln durchbeißt und dann auf allen Vieren durchs Zimmer geht, auf der Suche nach einer Antwort.
Er ist geschafft. Er ist so unglaublich geschafft, seine Augen fallen ihm fast zu. Er könnte, um ehrlich zu sein, auch ein bisschen Heulen. Denn wieso auch nicht? Er ist zwar Matthew Wellington, hatte schon seit 48 Stunden keine Zigarette mehr, und wen juckt es denn noch, dass er unter diesen Umständen Heulen will wie ein kleines bockiges Kind, das kein Eis bekommen hat?
Matthew merkt, wie seine Füße einschlafen. Es ist so ein ekeliges Gefühl und er verzieht prompt das Gesicht. Sie fangen an zu kribbeln und er krümmt seine Zehen, um das Gefühl loszuwerden. Doch es verschwindet nicht. Es scheint nur schlimmer zu werden.
Seine Hände sind hinter seinem Rücken fest gebunden. Und er ist zudem noch nackt.
Seine Kleidung ist sonst wo, wer weiß das schon und sein ganzer Körper ist umschlungen mit Seilen. In seinem Mund steckt ein Knebel, der dafür sorgt, dass Matthews Kiefer schmerzt.
Die erste Träne fällt. Er weiß ja selbst, dass es dumm war, das Bild zu schicken. Es überhaupt zu machen, war dämlich. Immerhin ist er in einer BDSM-Beziehung und Regel Nummer 1 ist da immer: Keine Masturbation. Auch wenn Matthew nicht masturbiert hat. Er wollte William nur etwas ärgern und als er dann keine Antwort bekommen hat, dachte er sich schon, dass er Scheiße gebaut hat. Er wusste es eigentlich schon die ganze Zeit, aber Matthew ist daran gewöhnt, mit allem irgendwie durchzukommen.
Er hätte nicht erwartet, dass William ihn ans Bett bindet, ihn erregt, bis Matthews Penis pocht und zuckt und dann letztendlich mit einem Cockring dafür sorgt, dass Matthew nicht kommen kann.
Und dann... lässt er Matthew wieder hier sitzen. Das ist schon fast zu gemein, um noch als BDSM zu gelten. Dennoch. Trotz alledem und der Ungerechtigkeit, die Matthew hier durch das Schicken eines Bildes erfährt, will er nicht das Signal geben, dass das Ganze hier abbricht. Er will nicht das Safeword benutzen. Denn er will weiter machen, obwohl es schmerzt und unangenehm ist und wehtut und nervt und stört und er losheulen will als würde es keinen Morgen geben.
Die Tränen rollen dann einfach seine Wangen herunter. Er ist so am Ende. Es tut weh und er kann einfach nicht mehr. Er schluchzt. So viel, wie er es auch tun kann mit einem Knebel im Mund.
Er will, dass William wieder kommt.
Und als wäre er der Telepathie fähig, steht William dann plötzlich dort vor ihm im Raum und schaut auf ihn hinab. Ein Stück Arroganz im Blick und der Rest scheint Admiration zu sein. Er hat die Hände in den Hosentaschen seiner schwarzen Jeans. Seine Augen verfangen sich an einigen Punkten an Matthews Körper und schweifen dann weiter. Bis er wohl sein Meisterwerk endgültig begutachtet hat.
Dann umfasst er Matthews Gesicht mit seinen Händen und löst den Knebel los, indem er den Verschluss, der sich hinten an Matthews Kopf befindet, aufmacht. Er legt das Instrument zur Seite und tupft Matthews Lippen mit einem Taschentuch, das er aus seiner Hosentasche holt, ab. Matthew schluchzt leise weiter. Er presst vor Scham die Augen zusammen, wagt es nicht, William anzusehen. Sein Mund verzieht sich krampfhaft und William kommentiert dies damit, ihm über diesen zu streichen.
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Most People #Wattys2019
General FictionMatthew und William lernen sich in einem BDSM-Club kennen und müssen schnell feststellen, dass ihre Beziehung nicht allzu einfach ist. Cover by @SilberSchokokeks