Tag. 33 - Ich Hab Dich Vermisst

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Wade:
"Weg?", fragte ich mit bebender Stimme. Mir wurde schlecht und mein Puls ging ungefähr eine Milliarden Mal schneller als zuvor.
"Wie weg?"
Ms. Lift sah mich besorgt an.
"Geht es dir gut Wade? Du siehst... Blass aus"
"Mir geht es gut. Was meinen Sie mit weg" Meine Stimme wurde unbewusst lauter und ich musste mich sehr beherrschen, sie nicht bei den Schultern zu packen und kräftig durch zu schütteln.
Sie öffnete kurz den Mund, vielleicht um mich noch mal zu fragen, ob es mir auch wirklich gut ginge, aber dann schloss sie ihn doch wieder.
"Er ist in Maine."
Ich begann unwillkürlich zu Schwitzen.
"In Maine?" Ich sah sie ungläubig an.
"Was zum... Was will er denn in Maine?"
Ms. Lift zog eine Grimasse und kentetet ihre Hände.

"Nun ja..."
Sie schwieg kurz und schien abzudriften. Kann auf diesem Planeten einmal jemand reden, der sich nicht so anhört, als hätte er das Sprechen bei Meister Yoda höchstpersönlich gelernt? Aggressionen sind da.
"Nachdem du das letzte Mal hier warst hat sich sein Zustand sehr verschlechtert... Er wollte nichts mehr essen, er hat nur noch sehr selten getrunken. Einmal ist er sogar während einer Sitzung umgekippt. Er Ist dehydriert." Ich starrte auf meine Füße und versuchte regelmäßig zu atmen und mich nicht herzhaft zu übergeben.
"Danach wurde er noch abweisender als zuvor. Und eines Tages... hat er angefangen zu reden. Einfach so." Sie klang, als könnte sie es selbst immernoch nicht glauben.
"Er saß auf seinem Bett und hat mit mir gesprochen. Aber... Das wusstest du vermutlich schon nicht wahr?" Ich lachte nervös. "Möglich...?" Es klang mehr wie eine Frage, als ein Eingeständnis.
"Dachte ich mir." Sie lächelte kurz.
"Er hat mir gesagt, dass er nicht mehr will. Dass er keine Lust mehr hat, zu kämpfen. Ich bin raus und ein paar Minuten später sollte er zur Therapie abgeholt werden." Sie schüttelte den Kopf und kniff die Augen zusammen.
"Er hat sich geweigert. Er hat um sich getreten und geschlagen wie ein wild gewordenes Tier. Kurz darauf wurde er abgeholt und in eine Anstalt gebracht, die für sowas ausgelegt ist"

Sie zog die Nase hoch und stütze ihr Kinn auf den Handballen.
Ich starrte an ihr vorbei ins Leere. Ich fühlte nichts. Nichtmal Trauer oder Wut. Einfach nur Leere.
Ich stand auf und ging.
Ich murmelte leise:"Danke" Dann machte ich mich auf den Weg nach Hause.

"Mangos"
Ash ließ ihr Tablett vor meiner Nase auf den Tisch knallen und setzte sich dann.
"Was?" Ich starrte sie verwirrt an und fragte mich, was ihr denn jetzt bitteschön die Mango angetan haben mochte.
"Mangos. Die einzige Frucht, die nicht mit Joghurt schmeckt." Sie stocherte in ihrem Obstsalat (fragt einfach nicht, warum sie das anstelle von Kuchen genommen hat) und sah mich ernst an.
"Bananen , Blaubeeren, Erdbeeren, Trauben, Himbeeren, sogar Äpfel schmecken gut. Nur Mangos nicht." Sie spieste eine unschuldige Frucht auf ihre Gabel und schob sie in den Mund.
"Aha" Ich widmete mich wieder meinem Kuchen und hüllte mich in meine übliche Blase aus Selbstmitleid und Depressionen (teilen sich eine faire 50/50 Miete in meinem Kopf)
Ash seufzte.
"Ist es immer noch wegen Peter? " Ich schielte zu ihr hoch, wie ich hoffte so böse wie es ging.
Ne, weißte. Fünf Tage und ich bin drüber weg, dass die Liebe meines Lebens in einer Gummizelle hinter Betonwänden 626,39 Kilometer entfernt eingesperrt ist. (Wikipedia und Google Maps regeln)
Ich schnaubte nur anstatt das zu sagen.
"Hör zu", sagte sie sanft und legte ihre Gabel beiseite, "Ich versteh ja, dass du dich beschissen fühlst, aber-"
"Nein, Ash du verstehst es nicht! Ich hab ihm gesagt, dass ich ihn nicht allein lassen werde, okay? Ich hab's ihm versprochen! Und dann habe ich ihn allein gelassen, gerade dann, wenn er mich vielleicht am ehesten gebraucht hätte"
Ich sah mich um, da ich doch sehr laut geworden bin. Dann stütze ich meinen Kopf in meine Hände. "Scheiße..." Ich schniefte. Jetzt fang bloß nicht an zu heulen Wade. Du heulst schon zu Hause genug. Nicht vor allen Leuten, komm schon.

Ich wischte mir über die Augen. Ash sah mich erschrocken und mitfühlend an.
" 'Tschuldigung", murmelte ich. "Ich wollte dich nicht anschreien. Ich vermisse ihn einfach zu sehr"
Ash nickte langsam. Dann lächelte sie vorsichtig.
"Schon gut. Aber Wade... Du weißt, dass das nicht deine Schuld ist oder?" Ich zuckte mit den Schultern.
"Fühlt sich aber so an"
"Ist es nicht, ganz sicher"
Ich war mir da zwar nicht so besonders sicher, aber es tat gut, dass mal von jemandem zu hören. Meine Mundwinkel zuckten.

Alone  (Spideypool) [✔] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt