Kapitel 17 - Vampirziele

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Im selben Moment kamen Kyrie und Marenia in den Raum herein. Kyrie riss ihn von mir und zischte: „Du verdammter Mistkerl, Iliana hat nichts mit ihm zu tun." Ich sank zu Boden und atmete gierig die Luft ein und hustete. In Lucs Augen war immer noch dieser irrsinnige Hass. Marenia legte ihm eine Hand auf die Schulter und schlagartig verflog dieser Ausdruck. Er blinzelte und sah zu Marenia. Sie breitete die Arme aus und Luc kuschelte sich sofort an sie. Irgendwie sah das komisch aus, ein so großer und starker Mann, der sich an eine kleine und zierliche Frau kuschelte. Währenddessen hatte sich Kyrie zu mir gekniet und hatte beschützend einen Arm um mich gelegt.

Ein paar Sekunden war alles wie eingefroren, niemand bewegte sich oder sagte etwas. Doch dann löste Luc sich aus Marenias Umarmung. Er legte einen Arm um sie und sagte ruhig: „Es tut mir leid. Ich wollte das nicht.“ „Oh ja, kein Problem, ist ja nicht so, dass du mich fast umgebracht hättest oder so.“, meine Stimme triefte vor Sarkasmus. Kyrie, der neben mir hockte, sah so aus, als wollte er gleich etwas tun, was er nicht wollte. Ich richtete mich auf und trat zu Luc. Mit todernster Stimme sagte ich: „Also ist das wirklich alles, was du dazu zu sagen hast? Noch nicht mal eine Erklärung, wer dieser Claude ist?“ Ich klatschte ihm eine, und das mit einer Kraft, die ich nicht für möglich gehalten habe. Ich funkelte ihn noch einmal feindselig an und wollte den Raum verlassen, doch Luc hielt mich kurz vor der Tür auf: „Komm, ich werde dir alles erklären.“ „Das ist ja wohl das Mindeste“, schnaubte ich leise und drehte mich um. Luc saß nun wieder hinter seinem Schreibtisch, Marenia auf seinem Schoß. Kyrie hatte sich schon auf einen der beiden Stühle gesetzt, die vor dem Schreibtisch standen. Ich ging zu ihm und wollte mich auf den Stuhl neben ihm fallen lassen, doch er zog mich auf seinen Schoß. Ich bedachte Kyrie mit einem wütenden Blick, als ich zu Luc sah, erntete ich seinerseits einen verwirrten und erstaunten Blick. „Also?“, fragte ich. Irgendwie fühlte ich mich hier bei Kyrie sicher. „Vorhin hat einfach mein Instinkt übernommen, ich habe nur noch daran gedacht, meinen Bruder zu beschützen.“ „Vor mir, der Super-Bedrohung überhaupt oder was?“, frage ich trocken. „Ja, vor dir und vor Claude.“ „Und das ist wer? Und was sollte ich mit dem zu tun haben?“ „Er ist ein Vampir, einer von diesen, die Lakaien erschaffen, aber das Schlimmste ist, er hat es auf uns abgesehen hat, auf uns alle, nun auch auf dich ...“ „Stopp mal, was habe ich bitte schön mit euch zu tun, ich bin nur hier, weil mein ach so lieber Daddy mich zum Vampir-Hapi-Hapi machen will!“ „Du bist Kyries Gefährtin, und er hat sich an dich gebunden.“ Ich wollte fragen, woher er das nun weiß, aber er kam mir zuvor: „Ich bin Seelenleser, schon vergessen? Außerdem könnte ich eine solche Verbindung nicht übersehen, selbst wenn ich gar nicht in euren Seelen lesen wollte. Du musst verstehen, dass du jetzt genauso ein Ziel für Claude bist wie jeder andere hier, denn wenn du tot bist oder schlimmere Sachen mit dir passieren, ist das alles andere als gut für Kyrie. Falls Claude dich in seine Hände bekommt, dann wird es Kyrie bald genauso gehen wie meinem Bruder Wesley. Zu der Sache mit deinem Vater kommen wir gleich, wenn wir das geklärt haben." Ich sah ihn mit großen Augen an. Was war mit Wesleys Gefährtin geschehen, dass so etwas passieren konnte? Ich wollte auf keinen Fall, dass aus Kyrie so etwas wie Wesley wird. Instinktiv hatte ich nach Kyries Hand gegriffen, was ich erst daran bemerkte, dass er meine Hand drückte. Mit etwas wackeliger Stimme fragte ich: "Wieso könnte Kyrie so enden wie Wesley, was ist mit Wesleys Gefährtin passiert?" Man hörte den Hass Claude gegenüber deutlich heraus, als Luc sagte: "Verbundene Gefährten spüren die Gefühle und starken Empfindungen des anderen, das war auch der Grund, wieso Kyrie und Marenia vorhin so schnell hier waren. Und Claude hat Sinatra, Wesleys Gefährtin, gefangen genommen und foltert sie. Er spürt alles, was ihr angetan wird. Außerdem macht ihn der psychische Entzug von ihr schwach.“ Ich schluckte schwer. Ich spürte, wie Kyrie sich unter mir anspannte. Da bemerkte ich, dass ich seine Hand viel zu doll drückte. Ich lockerte meinen Griff und sagte zu Luc: „Das wird ihm nicht passieren!“ Dieser nickte und sagte: „Das will ich hoffen. Aber wie hast du es geschafft, die Tür zu Wesley aufzubekommen?“ „Ich hatte eine Vision von dir, wie du den Code eingegeben hast. Ich habe ihn einfach nachgetippt.“ Daraufhin fing Luc an zu schmollen. Im Ernst, er schmollte! Sein Ernst?! Okay, darauf lasse ich mich jetzt gar nicht ein. Themawechsel! „Und was ist jetzt mit der Sache mit meinem Vater?“, fragte ich. Nun antwortete Marenia: „Woher weißt du überhaupt … Okay, warte, ich glaube, ich weiß es. Du hattest eine Vision?“ Ich nickte. „Okay, was genau hast du gesehen?“, fragte sie. Ich erzählte ihnen von beiden Visionen. Sie hörten mir alle aufmerksam zu. Marenia ergriff das Wort, nur dieses Mal lag nichts von ihrer üblichen Leichtigkeit in ihrer Stimme: „Das klingt sehr danach, als ob Grey, Hyden oder Claude etwas damit zu tun haben. Und glaub mir, du willst von keinem das Ziel sein.“

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