Zusammen gingen wir durch das große Tor hinaus auf eine Brücke. Dahinter begann der Wald. Je weiter wir hinein gingen, desto dichter und dunkler wurde er. Nach einer Stunde Fußmarsch setzte ich mich keuchend auf einen abgestorbenen Baum. Die Luft war so stickig hier.
"Der Grünwald wird für immer der Düsterwald bleiben, fürchte ich." sagte Tiranda traurig. Ich sah in ihre Augen und erkannte große Trauer. "Es tut mir leid.", wisperte ich. Tiranda drehte mir den Rücken zu und schaute in den Wald. "Ich wünschte, ich könnte dir den Wald zeigen, den es vor lange Zeit einmal gab.
Aber er ist gestorben."
Ich ging zu ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter. Eine Träne rollte über Tirandas Wange:"Manche Dinge kann man einfach nicht rückgängig machen." Nur zu gut konnte ich sie verstehen:" Es ist nicht hoffnungslos." Tiranda lächelte.
"Als der Wald begann abzusterben, war es für mich, als würde ich selbst
sterben. Und kurz darauf verschwand dann Legolas. Ohne ein Abschiedswort. Und ich hatte niemanden mehr."
"Aber er ist zurück gekommen. Aragorn meinte, er tat dies deinetwegen. Legolas wollte dich wiedersehen."
Tiranda nickte:"Komm, ich zeig dir ein paar schöne Stellen im Wald, die nicht so düster sind."
Ich wusste ,für sie war dieses Gespräch beendet, also fragte ich nicht weiter nach. Die Elbe führte mich auf eine kleine Lichtung, die mit kleinen weißes Blumen bewachsen war. Die Bäume standen in einem gleichmäßigen Kreis um die Wiese herum. Hinter der Baumreihe konnte ich eine Schlucht sehen.
"Das ist wunderschön.",hauchte ich bewundernd. Tiranda ließ sich auf einem Baumstumpf nieder und sah mich an."Die Kampfausrüstung steht dir wirklich gut. Ich bin davon überzeugt, dass du eine großartige Waldlandkriegerin wirst."
Verlegen schaute ich zu Boden:" Ich hoffe, ich enttäusche dich nicht." "Wieso zweifelst du immer an dir. Du magst aussehen wie deine Mutter, aber ich glaube, dein Charakter ähnelte mehr deinem Vater. Du musst nur noch dich selbst finden und deine Stärken entdecken."
Ich hatte mich gerade hingekniet, um eine Blume zu pflücken, sah dann aber verwundert auf:"Woher kennst du meinen Vater?"
"Ich bin ihm ein paar mal begegnet. Er hat einen starken Willen, nicht wahr?" Ich nickte und ging zwischen zwei Bäumen auf die Schlucht zu. Vor dem Abgrund stand ein großer Felsen. Vorsichtig kletterte ich hinauf und starrte eine lange Zeit in die Ferne. Ich konnte den Einsamen Berg sehen, den langen See und Stadt über dem Wasser.
Nach einer Weile lief ich zurück zur Lichtung, doch Tiranda war verschwunden. Oft rief ich ihren Namen, doch niemand antwortete. Hatte sie mich einfach hier zurück gelassen?
Dann plötzlich hörte ich ein Rascheln über mir. Jemand saß in den Bäumen und beobachtete mich. Erkennen konnte ich niemand. Ich musste wohl oder übel hinauf steigen, um es zu erfahren. Stück für Stück kletterte ich eine gewaltige Eiche hinauf. Als ich mich nicht mehr höher traute, blickte ich umher. Niemand da. Ich musste mich verhört haben.
Doch plötzlich landete jemand leichtfüssig neben mir. Vor Schreck stieß ich eine Schrei aus, ließ den Ast, an dem ich mich festgehalten hatte, los und viel mehrere Meter in die Tiefe. Zum Glück landete ich weich auf einem Blätterhaufen.
"Mist!",murmelte ich und rappelte mich auf.
Und da sprangen auch schon Tiranda und Legolas aus dem Baum und kamen elegant auf dem Boden auf.
"Es tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken.", sprach Legolas."Ich habe euch gesucht, weil ich dich heute nachmittag trainieren soll. Bestimmt möchtest du vorher noch etwas essen." Das wollte ich tatsächlich, schließlich hatte ich seit gestern nichts mehr gegessen.
"Kommt, wir gehen zurück. Ich kenne eine Abkürzung",meinte Tiranda und lief los. Ich hatte Mühe mit den beiden mitzuhalten, denn Elben waren schnelle Läufer.
Legolas führte mich in den hinteren Teil des Palastes."Hier befinden sich die Gemächer meines Vaters. Schau, dort drüben ist sein Speisesaal."
"Wo essen die anderen Elben?",fragte ich ihn.
"Wir haben mehrere Speiseräume, aber im vorderen Bereich, damit mein Vater seine Ruhe hat."
Mir schien es, als wäre Thranduil kein geselliger Elb. Als wolle er nichts mit seinem Volk zutun haben.
Legolas wusste wohl, was ich dachte, denn er sagte:"Thranduil ist sehr daran interessiert was in seinem Volk passiert, musst du wissen. Doch er genießt auch das Alleinsein, darum zieht er sich häufig zurück."
Ich war nicht wirklich überzeugt. Wir setzten uns an eine riesige Tafel, an der sonst niemand saß. Sie war reichlich gedeckt mit den herrlichsten Speisen.
Legolas schaute mir zu, wie ich mir Berge von Essen auf den Teller lud und es gierig verschlang. Er lächelte:"Deine Weise etwas zu essen, erinnert mich an einen alten Freund. Gimli hat auch immer die Speisen in sich hinein geschaufelt."
Jetzt musste ich auch lachen. Von Gimli hatte ich auch schon so manche Geschichte gehört.
Nachdem ich aufgegessen hatte, ging wir wieder in den Wald, blieben aber in der Nähe vom Fluss.
"Ich zeige dir heute ein paar einfache Anwendungen mit Bogen und Messern, damit du übermorgen bei den Wachen dabei sein kannst. Tiranda hat mir berichtet, dass du die Kunst des Bogenschießen bereits beherrschst." Langsam holte ich meinen Bogen hervor, denn ich auf dem Rücken getragen hatte."Ich habe es mir selbst begebracht, darum weiß ich nicht, ob ich alles richtig mache.
Legolas trat ein paar Schritte zurück und sah mich erwartungsvoll an. Mit zitternden Händen holte ich einen Pfeil hervor und legte ihn in die Sehne."Auf was soll ich zielen?",fragte ich ihn." Wie wäre es mit dem Stein, dort hinten am anderen Ufer?"
Das war ziemlich weit. Aus einer solchen Entfernung hatte ich noch nie geschossen. Ich spannte den Bogen, zielte auf den Stein und ließ die Sehne los. Der Pfeil surrte durch die Luft und traf das Gestein knapp an der Kante.
"Halt den Bogen etwas höher und versuch deinen Körper ruhig zu halten.",riet der Elb.
Ich versuchte es nochmal. Diesmal traf der Pfeil sein Ziel.
Ich schaute zu Legolas. Er lächelte, aber in seinem Gesicht lag auch etwas Nachdenkliches.
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Ismene
FanfictionWohlhabend, umsorgt und geliebt. Das ist die junge Ismene aus Gondor, Tochter des berühmten König Aragorn. Um die Verwandlung zur Elbin zu überstehen, schicken ihre Eltern Ismene zu einem alten Freund. Legolas. Doch während das Mädchen anfängt den D...