Kapitel 34

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Kurze Info: Am besten ihr hört zuerst das Lied und lest den Text dazu, damit ihr versteht, wovon Legolas immer gesungen hat.
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Legolas lächelte die ganze Zeit, während ich sang und sah mir in die Augen. Obwohl es ihn Schmerzen bereitete, blieb er stark.
Für mich.

Mit dem letzten Ton schloss er die Augen und ich konnte seinen Atem nicht mehr hören.

Sofort brach ich wieder in Tränen aus. Verzweifelt drückte ich seinen Körper an mich.
Ich konnte nichts mehr für in tun.

Sanft küsste ich Legolas auf die kalte Stirn. Jede Wärme war aus ihm verschwunden.

Doch mir war klar, dass ich nicht ewig hier sitzen konnte, auch wenn es mir schwer fiel, loszulassen.

Wackelig stand ich auf.
Irgendwie musste ich ihm die letzte Ehre erweisen.

Ich nahm ein Tuch und ging zum Fluss. Im Wasser unter mir betrachtete ich mein Spiegelbild.
Mein Gesicht war tränennass und sehr verschrammt.
Ich ignorierte das und tauchte das Tuch ins kühle Nass.

Damit kehrte ich zu meinem toten Freund zurück und tupfte seine Wunde einigermaßen sauber.

Ja, er war mein Freund gewesen.

Und vielleicht sogar mehr als das.

Jedes Mal wenn ich Legolas ansah, flossen mir weitere Tränen das Gesicht hinunter und tropften in seine Wunde.

Als ich fertig war, pflückte ich noch ein paar Blumen, die am Fluss wuchsen.

Rote, Gelbe, Blaue, die zusammen einen wunderschönen Strauß ergaben.

Ich legte ihn zwischen Legolas' verschränkte Finger auf seinen Bauch, sodass die Blumen die hässliche Wunde verdeckten.

Es sah so aus, als würde er friedlich schlafen.

Blattsturm und Arod stellten sich neben mich und ließen die Köpfe hängen. Ich streichelte sie abwesend, während ich auf Legolas' schöne Gesichtszüge blickte.

"Ich liebe dich.",flüsterte ich.
"Namárië!"*
*(elbisch: Auf Wiedersehen!)

Ich bestieg Blattsturm und ritt davon, Arod an meiner Seite. Ich wusste, dass auch er sehr betrübt sein musste, schließlich war er lange Zeit Legolas' Freund gewesen und er war ein kluges Pferd.

Mich allerdings zerriss es förmlich.
Wie sollte ich weiter leben?
Ich würde ihn niemals vergessen, das hatte ich ihm versprochen.
Doch würde mich jemals wieder etwas glücklich machen?
Wollte ich so mein Leben weiter führen?
Mein ewiges Leben.

Mit der Tatsache, das ich unsterblich war, hatte ich mich noch gar nicht auseinander gesetzt.
Naja, ein Schwert könnte mich natürlich schon töten....

Nein, dass hätte Legolas nicht gewollt. Das ich mich seinetwegen umbringen.

Der Nachmittag war schon weit fortgeschritten, als ich beschloss, auf einer großen Eiche zu übernachten.

Ich kletterte den mächtigen Stamm und machte es mir auf einem Ast gemütlich.

Die Träne rannen nun nur noch langsam hinunter, während ich in die Ferne blickte, ohne wirklich etwas zu sehen.

In Gedanken durchlebte ich noch einmal die Zeit mit Legolas. Wie ich ihn zuerst nicht leiden konnte und dann nach und nach seine Geschichte erfahren habe. Ich wurde ein Teil davon und dann...

"...dann habe ich mich in ihn verliebt. In das arrogante Elbenprinzlein...",sagte ich zu mir selbst, wobei ich ganz leicht lächeln musste.

Aber vielleicht wäre es besser gewesen, ich hätte mich von ihm ferngehalten. Dann müsste ich jetzt nicht so leiden....oder doch?

Ich war so hin und her gerissen, dass ich kaum Schlaf fand.

Jedes Mal, wenn ich versuchte zu schlafen, sah ich sein Gesicht. Er lächelte, doch es war ein trauriges Lächeln.

Irgendwann gab ich es auf und dachte daran, wie es wohl weiter gehen würde.

Wie macht man weiter, wenn man tief im Herzen weiß, dass man nicht zurück kann?

Ich würde nach Minas Tirith zurück gehen und einfach weiter leben, doch es würde sich alles verändern. Nicht für meine Eltern und meine Freunde, aber für mich.

Verzweifelt biss ich mir auf die Lippe, um nicht wieder los zu weinen.

Mit voller Wucht, dass es weh tat, schlug ich mir die Hände vor das Gesicht, verharrte so und lauschte den Geräuschen des Waldes.

Eine Eule schrie über mir, eine Nachtigall sang in den tieferen Landen und der Wind rauschte durch das Geäst der alten Bäume.
Irgendwie beruhigend.

Ich holte meinen Wasserschlauch heraus und trank ein paar Schlücke. Dadurch bekam ich wieder einen klaren Kopf und konnte meine Gedanken sortieren.

Am Horizont erkannte ich schon die ersten Strahlen der aufgehende Sonne, als ich das Knacken im Gehölz unter mir hörte.

Erst dachte ich, es sei ein Tier, aber dafür war das Rascheln zu laut. Also nahm ich einen Stock und warf ihn in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Wenn es ein Tier gewesen wäre, hätte es sich dadurch verscheuchen lassen.

Aber das Knacken blieb.

Vielleicht....ein Orc!

Unruhig rutschte ich auf dem Ast hin und her, bis ich mich dazu entschieden hatte, hinunter zu klettern und nach zu sehen.

Schweiß bildete sich auf meiner Stirn, während ich den Baum herunter stieg.

Unten angekommen packte ich entschlossen meine Messer und wirbelte sie in meinen Händen herum.

Mit gleichmäßigen Schritten näherte ich mich dem Rascheln. Mein Herz pochte so laut, dass ich Angst hatte, der oder das könnte es hören.

Kurz vor dem Haselnussstrauch, aus dem ich das Geräusch vermutete, duckte ich mich und sprang.

Krachend schlug ich auf etwas Großem und Lebendigem auf. Ich packte es und zog es aus dem Schatten.

Noch im selben Moment ließ ich los.
Das 'Etwas' rappelte sich auf und starrte mich an.

Ich stolperte rückwärts, als ich erkannte, wer da vor mir stand.

Die Augen aus Saphiren leuchteten heller und lebendiger als jeder Stern.

"Das ist unmöglich...!",keuchte ich.

IsmeneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt