Kapitel 46

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Ich habe wieder ein Lied für euch gefunden was ihr hören könnt
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Meine eigenen Tränen weckten mich. Ich spürte wie sie mir schon wieder aus den Augen flossen.
Irgendwann musste ich in Legolas' Armen eingeschlafen sein. War das gestern gewesen? Oder vor einer Woche?
Ich wusste nicht, wie lange ich geschlafen hatte. Nur an eine Sache konnte ich mich erinnern. Die ganze Zeit hatte ich von Elerína geträumt. Immer und immer wieder spielte sich die gleiche Situation vor meinem inneren Auge ab. Ihr Tod. Ihr Opfer für mich.
Für mich.

Ein lauter Schluchzer entfuhr meiner Kehle, als ich schließlich die Augen aufschlug.
Wunderschöne, unschuldige Schneeflocken schneiten draußen vor meinem Fenster. Die weiße Landschaft warf ihr grelles Licht in das Zimmer.
Ja, ich war in meinem Zimmer.

Als sei nichts geschehen. Nichts. Aber ich wusste es besser. Nur verstand ich es nicht. Wieso war ich hier?
Wo war der Lärm der Schlacht?
Alles war so, als hätte es das nie gegeben. Nur ein Traum, schoss es mir unwiderruflich in den Kopf.

Doch dann entdeckte ich die Schrammen und Wunden an meinen Armen und Beinen. Ich setzte mich auf und sofort zuckte ein höllischer Schmerz durch meinen Körper. Stöhnend rieb ich mir die Stirn.

Ich hatte so viele Fragen, die alle eine Antwort verlangten.

Meine ersten Schritte waren ziemlich wackelich, denn jedesmal schmerzten meine Beine so sehr, das ich fast zusammengebrochen wäre. Trotzdem steuerte ich zielstrebig auf den Spiegel zu. Erschrocken schlug ich die Hand vor den Mund und wimmerte. Am liebsten hätte ich vor Angst geschrien.

Die Person, die mich dort im Spiegel anguckte, konnte ich nicht sein. Durfte ich nicht sein. Mein eigener Anblick machte mir schreckliche Angst.

Ich sah aus wie ein Skelett. Meine dünnen Arme klammerten sich an das eingefallene Gesicht. Meine Augen lagen in tiefen Höhlen und waren von Schatten umrandet. Die sonst so schönen dunklen Haare hingen schlaff und stränig herunter. Ich steckte in einem kleinen weißen Kleidchen, aus dem meine abgemagerten Beine lugten.

Man konnte nur noch erahnen, dass ich einmal schön und stark ausgesehen haben musste. Vor langer Zeit.

Wie eine Marionette mit durchgeschnittenen Fäden sackte ich zusammen. Zitternd schlang ich meine Ärmchen um meine Beine.

Was war mit mir geschehen?

Unfähig aufzustehen, blieb ich da, wo ich war und wiegte meinen Körper vor und zurück, um mich zu beruhigen.

Plötzlich ging die Tür von meinem Zimmer auf und Legolas trat ein. Wie vom Blitz berührt krabbelte ich hinter mein Bett und versteckte mich. Er sollte mich so nicht sehen. Dumm, ich weiß, aber ich fürchtete mich so sehr vor mir selbst. Was, wenn ich auch Legolas erschrecken würde. Ich schämte mich so.

"Ismene?....Kleine?..."
Seine zaghafte Stimme klang von der Tür zu mir hinüber. Ich kniff die Augen zusammen und gab keinen Laut von mir.

"Bitte, komm her.", flüsterte Legolas

"Geh, Legolas, du willst mich nicht sehen. Wirklich, das willst du nicht.", schluchzte ich.

Mit Entsetzen hörte ich seine Schritte auf mich zukommen.
"Doch, das will ich. Mehr als alles andere."
Etwas Flehendes lag in seiner Stimme. Etwas, das mich dazu bracht, hervor zu kommen. Mit letzter Kraft stellte ich mich vor ihn und sah ihm in die Augen.

Statt entsetzt zu sein, sammelten sich Tränen in seinen Augen, doch er lächelte und streckte seine Hand nach vorne. Voll Vertrauen nahm ich sie und ließ mich umarmen. Ganz vorsichtig, wie etwas sehr Kostbares.
Erschöpft legte ich meinen Kopf an seine Schulter. Legolas strich mir über den Rücken und seufzte.

IsmeneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt