17 | (K)ein guter Plan

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Schweigend sitzen wir drei am Tisch. Ich stochere lustlos mit meiner Gabel in den Spaghetti herum und sammele die Tomatenstücke aus der Soße.

»Es kam heute eine Einladung«, bricht Pepper schließlich das Schweigen. »Eine Jubiläumsparty. Bei William Nicholson.«

Tony verschluckt sich und hustet. »Was?«, fragt er entsetzt, nachdem er einen Schluck aus seinem Glas getrunken hat. »Das ist doch nicht sein Ernst. Wir canceln das. Keine Party bei Nicholson.«

»Tony, du musst dahin«, bittet Pepper. Sie legt ihre Gabel auf den Teller.

»Warum? Ich mag den Typen nicht.«

»Wir wollen mit seiner Firma kooperieren.«

»Ganz ehrlich, der ist nicht ganz sauber.« Er trinkt noch einen Schluck aus seinem Glas.

»Darf ich dich daran erinnern, dass du mal mit Waffen gehandelt hast?«

»Hey, hier geht's jetzt nicht um mich.«

»Außerdem habe ich schon zugesagt.«

Schweigen. Interessiert sehe ich von meinem Teller auf. Wer ist dieser Nicholson? Und die wichtigste Frage: »Darf ich auch mit?«

Tony schweigt und Pepper schüttelt bedauernd den Kopf. »Aber ich denke, Ilona könnte auf dich aufpassen.«

Mir reicht's. »Ich kann gut auf mich selbst aufpassen, Dankeschön«, fauche ich wütend. Ich brauche keinen blöden Babysitter. »Außerdem habe ich dieses Verstecken satt. Diese Villa. Ich versauere hier drin noch.«

»Judy«, versucht Pepper mich zu beruhigen, »versteh doch, wir-«

»Nein, ich verstehe es eben nicht!«, rufe ich und werfe mein Besteck klirrend auf den Tisch. »Wieso darf ich nicht raus? Wieso darf niemand wissen, dass ich Tonys Tochter bin? Ich bin jetzt schon seit fast einem halben Jahr bei euch, und langsam habe ich das Gefühl, das war eine richtig schlechte Idee.« Ich sehe zu Tony. »Ganz ehrlich, was habe ich falsch gemacht? Was?« Tränen der Wut steigen mir in die Augen. Er antwortet nicht. »Und dann sagst du wieder nichts! Du sagst nie was!«

»Judy-«, fängt Pepper wieder an.

»Und ihr habt versprochen, dass wir das alles nach Tonys Geburtstag klären! Ihr habt es versprochen! Ich habe alles hier satt.« Ich stehe abrupt auf. »Ich habe euch satt!«, schreie ich und renne aus dem Esszimmer.

So laut wie möglich stampfe ich die Treppe hoch, knalle meine Zimmertür zu und brülle in ein Kissen. Mir ist wirklich zum Heulen zumute. Nach kurzem Überlegen verlasse ich mein Zimmer wieder und nehme die Treppe rauf aufs Dach. Hier setze ich mich an den Rand, mit Blick aufs Meer. Ich ziehe meine Knie an.

Es ist immer noch sehr warm, vom Meer weht eine salzige Brise zu mir herüber. Die Sonne steht gerade so über dem Horizont, dass schon ein schmaler Streifen rosa-orange auf dem Meer leuchtet. Ich mochte Sonnenuntergänge schon immer lieber als Sonnenaufgänge. Wenn die die Sonne feurig und leuchtend hinterm Horizont verschwindet, die Wolken lila färbt, der Himmel sich verdunkelt und den Blick ins Universum freigibt, auf unendlich viele Sterne und Galaxien.

Ich atme tief ein und aus. Ich dachte, ich würde mich hier auf dem Dach freier fühlen, nicht so beengt, mit Wind im Gesicht. Aber gerade jetzt fühle ich einfach nur das Gegenteil. Jetzt erkenne ich, wie unendlich weit der freie Himmel und der Horizont hinter dem Meer entfernt sind.

Unendlich weit entfernt.

Nochmals ziehe ich die laue Abendluft ein. Ich stelle mir vor, wie Tony und Pepper nach meinem Wutausbruch sich schweigend angesehen haben. Vielleicht haben sie gestritten. Vielleicht kommt einer der beiden - nein, vielleicht kommt Tony gleich hier hoch, um mit mir zu reden? Ich mache mir Hoffnung. Aber worauf? Ich will gar nicht rede. Aber ich will auch nicht allein sein.

Judy | 1   ᵗ ˢᵗᵃʳᵏ'ˢ ᵈᵃᵘᵍʰᵗᵉʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt