19.3 | Celly | Zurück nach Hause

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CELLY


Mit ihren Händen tastet Celly sich voran. Sie kann nur anhand der Geräusche erahnen, wo die anderen sind. Irgendwann wird der Boden abschüssig. Sie gehen bergab. Die Wände werden glitschiger, sodass Celly Mühe hat, sich festzuhalten. Alle Geräusche werden von der Dunkelheit ebenso verschluckt wie jedes Licht. Wenn sie nicht bald das Ende des Ganges erreichen, denkt Celly, wird sie verrückt.

Tatsächlich scheint der Gang breiter zu werden. Celly hält sich nicht mehr an der Wand fest, sie geht mutig weiter, immer geradeaus. Es wird heller, aber nur leicht. Genug für Celly, um zu erkennen, dass weder Amy noch Rylan oder Ben bei ihr sind. Ihr wird heiß und kalt zugleich. Wo sind sie hin? Gab es vielleicht eine Abzweigung, die sie übersehen hat?

Was jetzt? Den Weg zurück findet Celly niemals. Nicht im Dunkeln. Nicht allein. Vorsichtig geht sie weiter. Wenn das hier ein Raum ist, dann hat er sehr hohe Wände, denn die Decke ist nicht zu sehen. Doch da ist eine Tür, ganz am Ende des Raumes. Als Celly die Klinke herunterdrückt bemerkt sie, dass ihre Hände zittern. Vor Angst oder vor Kälte?

Im nächsten Raum ist genauso viel wie im Vorherigen: Nichts. Von einer plötzlichen Furcht ergriffen, als würde eine eisige Hand durch sie hindurchfahren, dreht sie sich wieder um und rüttelt panisch an der Klinke. Sie lässt sich nicht herunterdrücken. Dafür aber ertönt ein Knall, wie ein platzender Luftballon, direkt hinter ihr.

Und da steht er. Er sieht genauso aus wie vor einigen Wochen, als Celly noch hoffte, sie würde ihn nie wiedersehen müssen. Das gleiche fahle Gesicht. Die gleichen ölig-schwarzen Haare. Das gleiche irre Grinsen. Loki.

Wimmernd rutscht Celly mit dem Rücken zur Tür zu Boden. Bilder tauchen in ihrem Kopf auf: Phil, mit zerrissenem, blutigem Hemd. Loki der mit erhobenem Szepter über ihr steht. So wie jetzt wieder.

»Nein!«, ruft Celly panisch. Ein Quietschen ertönt. Die Tür am anderen Ende des Raumes hat sich geöffnet.

»Celly! Das ist ein Irrwicht!« Es ist Ben, der mit erhobenem Zauberstab in der Tür steht und zu ihr rüberwinkt. »Du musst ihn mit Riddikulus verscheuchen!«

Mit zitternden Händen holt Celly ihren Zauberstab hervor.
»R - R - Ridi - Riddikulus ...«, sagt mit banger Stimme. Loki - nein - der Irrwicht verschwindet nicht, sondern kommt näher auf sie zu. Es fällt ihr schwer sich zu erinnern, was sie zu Irrwichten im Unterricht gelernt hat. »Riddikulus!«, schreit sie wieder, aber alles was aus ihrem Mund kommt, ist ein heiseres Krächzen.

Im nächsten Moment ist Ben bei ihr. Loki dreht sich zu ihm - PLOPP - und schon steht an seiner Stelle ein alter Mann. Er ist unrasiert, sein Gesicht hat die Farbe einer überreifen Tomate, und als er anfängt zu schreien, scheinen seine trüben Augen aus ihren Höhlen zu fallen.

»DU UNNÜTZER BENGEL. NIEMALS HAST DU DICH ALS BRAUCHBAR ERWIESEN. ALLES WAS DU JE ÜBER DIESE FAMILIE GEBRACHT HAST, IST SCHANDE.«

»Riddukulus!«, ruft Ben bestimmt. Der Mann beginnt, sich im Kreis zu drehen. Deswegen sind nur noch Bruchstücke seiner Verwünschungen zu hören. Schließlich hält er an und taumelt umher. Es macht noch einmal PLOPP und der Irrwicht löst sich in einer Wolke aus Dunst auf.

»Das... danke«, bringt Celly hervor und hievt sich hoch.

»Kein Problem. In dem Raum da drüben war noch einer. Amy hat ihn erledigt.«

»Ich glaube ich bin irgendwo falsch abgebogen...«

»Rylan ist auch weg. Wir haben uns aufgeteilt, um euch zu suchen. Lumos.« Die Spitze seines Zauberstabs beginnt zu leuchten. »Los, wir gehen da lang.«

Judy | 1   ᵗ ˢᵗᵃʳᵏ'ˢ ᵈᵃᵘᵍʰᵗᵉʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt