18 | Die Party

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Das war vermutlich die bescheuertste Entscheidung meines Lebens. Ilona sieht das anders, sie wirkt gerade zu begeistert.

»Du siehst wirklich hinreißend aus.«

Ich stehe vor einem gigantischen, dreiteiligen Spiegel in meinem begehbaren Kleiderschrank, den ich noch nie benutzt habe, und höre mir Ilonas Schwärmereien an. Die letzte Woche ist wie im Flug vergangen und erschreckend schnell steht nun heute Abend die Party bei William Nicholson an.

Ich drehe mich hin und her und betrachte mich in dem Kleid, in das Ilona mich gesteckt hat. Man muss sagen, sie hat keinen schlechten Geschmack. Es hat ein glitzerndes Oberteil und fällt ab meiner Taille in leichten Falten bis über die Knie. Der Stoff fühlt sich angenehm weich auf meiner Haut an. Alles in allem ist das Kleid toll. Bis auf ein kleines Detail.

»Es ist so... rosa«, bemängele ich.

»Das ist korall«, sagt Ilona und legt mir ein Paar, ebenfalls rosafarbene, Pumps hin. »Ich werde Miss Potts Bescheid geben, dass du fertig bist.« Damit wuselt sie aus meinem Zimmer.

Sobald sie weg ist, greife ich zu einem Wattepad, tunke es in Makeup-Entferner und wische großzügig über mein Gesicht. Schon besser. Zufrieden lächele ich mein Spiegelbild an. Der Schnitt an meiner Hand ist mittlerweile schon fast verheilt, der wird niemandem auffallen. Okay, ein wenig unwohl ist mir bei der Sache. Zunächst einmal, auf der Party werden sehr viele, fremde Menschen sein. Und die Gerüchteküche brodelt schon seit geraumer Zeit, also muss ich mich wohl auf viele interessierte Blicke gefasst machen. Aber ich bleibe einfach nah bei Tony und Pepper, und hoffe, dass ich nichts sagen muss. Einfach nur lächeln, so wie es die ganzen Stars im Fernsehen tun. Kann ja nicht so schwierig sein.

Mein Blick fällt auf die Pumps. Wenigstens haben sie keinen Absatz. Die soll ich den ganzen Abend lang tragen? Nein danke, das wird sicher höllisch unbequem. Ich frage mich sowieso, wie Pepper in diesen Killer-Heels laufen kann. Kurzerhand schlüpfe ich in meine roten Converse. Sieht auch nicht übel aus. Ich warte nicht auf Pepper oder Ilona, sondern gehe direkt nach unten. Zu allem Unglück muss ich feststellen, dass dieses Kleid keine Taschen hat. Aber so ein übergroßes Portemonnaie klemme ich mir ganz bestimmt nicht unter den Arm.

Pepper kommt die Treppen hinuntergeeilt.

»Du siehst toll aus«, sage ich. Und das meine ich ernst. Ihre rotblonden Haare sind ein wenig hochgesteckt (während ich darauf bestanden habe, meine offen zu lassen; mittlerweile fallen sie mir schon über die Schulter) und sie trägt ein dunkelblaues, schulterfreies Cocktailkleid, in dem sie trotzdem noch seriös aussieht. Und natürlich trägt sie High-Heels.

Sie lächelt mich an. »Danke, Judy.« Dann guckt sie ungeduldig auf die Uhr. »Wo steckt Tony jetzt schon wieder? Wir sind spät dran.«

»Also an mir liegt es diesmal nicht«, sage ich und hebe entschuldigend die Hände. »Vielleicht ist er noch zu beschäftigt mit seinen Haaren?«

»Wir warten schonmal im Auto«, schlägt Pepper vor. Als wir rausgehen, fällt ihr Blick auf meine Schuhe und sie seufzt. Aber für's Umziehen ist es jetzt zu spät, denn Tony gesellt sich endlich zu uns. Er betrachtet kurz mein Kleid.

»Rosa?«, fragt er skeptisch.

»Das ist korall«, wiederhole ich Ilonas Worte.

Er zieht eine Augenbraue hoch, muss aber beim Anblick meiner Schuhauswahl grinsen. Dann wendet er sich zu Pepper. »Du siehst atemberaubend aus.«

»Dankeschön. Du aber auch.« Sie zupft an seinem Jackett herum.

Ich verdrehe dich Augen. Die beiden verhalten sich wie zwei verliebte Teenager. Ich unterbreche die romantische Stimmung: »Können wir dann los?«

Judy | 1   ᵗ ˢᵗᵃʳᵏ'ˢ ᵈᵃᵘᵍʰᵗᵉʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt