Widerlich

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, entdeckte ich meine Mutter schlafend in ihrem Bett. Ich schüttelte den Kopf und ging dann in die Küche, um mir Frühstück zu machen. Mum ließ ich noch schlafen, ich wusste ja nicht, wie lange sie weg war und wie viel sie geschlafen hatte.

Nach dem Frühstück ging ich in mein Zimmer und öffnete WhatsApp, wo schon einige Nachrichten waren. Bestimmt von Alessandro... Dachte ich verträumt, fing mich dann aber schnell wieder.

Alessandro »Hey, dass ist meine Nummer, vielleicht brauchst du sie ja mal...😉«

Alessandro »Kommst du heute nun zum Strand?«

Alessandro »Hallo?!«

Elisa »Sorry, hab heute mal länger geschlafen.😴 Ich weiß noch nicht, ich hab meine Mutter heute morgen schlafend im Bett vorgefunden und will sie erstmal ausruhen lassen.«

Seine Antwort ließ nicht lange auf sich warten...

Alessandro »Komm doch alleine. Schreib ihr einen Zettel und komm her.«

Der war witzig. Erstens ging es meinem Fuß immer noch nicht richtig gut und zweitens hatte ich gar keinen Führerschein, um mit dem Auto dort hin zu fahren. Das schrieb ich ihm dann auch und er meinte daraufhin, dass ich mir ein Taxi rufen sollte. Als ob ich Geld dafür ausgab, um zum Strand zu kommen, da wartete ich lieber, bis meine Mutter wach war, auch wenn wir dann keine guten Liegen mehr bekommen würden.

Elisa »Neee, ich gib doch kein Geld für eine Fahrt zum Strand aus! Ich warte lieber, bis meine Mutter wach ist."

Alessandro »Ich geb dir das Geld wieder. Ihr werdet später sonst keine guten Liegen mehr finden."

Elisa »Ich glaub, ich lass den Strand heute ausfallen, vielleicht morgen.🤷🏼‍♀️«

Alessandro »Ok, wie du meinst.«

Ich legte mein Handy beiseite und las noch ein bisschen in meinem Buch, bis meine Zimmertür aufging. „Hey Schatz, schon wach?" Meine Mutter stand verschlafen im Türrahmen. „Schon? Es ist 13:00 Uhr. Wo warst du gestern? Ich hab mir Sorgen gemacht und hätte mich Alessandro nicht zum Apartment gefahren, hätte ich da wohl übernachten müssen!" Ich sah sie böse an. „Es tut mir so leid meine Süße, aber ich hab jemanden kennengelernt... Ich hoffe, das macht dir nichts aus." Ich sah sie entgeistert an. Wollte sie mir damit gerade sagen, dass sie nun einen Freund hatte? Jetzt schon? „Was soll mir nichts ausmachen? Das du jetzt schon einen Neuen hast? Hast du sie noch alle? Dad ist vor einem halben Jahr gestorben und du schleppst schon den nächsten an! Hast du gar keine Trauerzeit? Du bist widerlich!" Ich stand auf und knallte die Tür vor ihrer Nase zu und schloss ab. „Schatz, können wir bitte darüber reden?" Sagte sie mit einer schonenden Stimme, aber das half ihr jetzt auch nichts. „Was gibt es da zu bereden? Ich hab schon verstanden!" Damit war das Gespräch für mich beendet. Ich war auf 180 und wusste nicht, wie ich mit meiner Wut umgehen sollte. Ich ließ mich in mein Bett fallen und ließ den Schmerz und die Wut raus. Ich begann zu weinen und schlug einige Male auf das Kissen ein, obwohl das ja gar nichts dafür konnte. Ich erinnerte mich an die schöne Zeit mit meinem Vater und fing nur noch mehr an zu weinen. Warum musste er denn sterben? Er hätte doch noch viel länger leben können! Gerade er... Ich will damit nicht sagen, dass mir meine Mutter lieber gewesen wäre, doch ich vermisste ihn einfach schrecklich.

In der Nacht, als das Unglück passierte, war er gerade auf dem Weg zu uns nach Hause, nachdem er 3 Wochen in Italien arbeiten musste. Er fuhr die ganze Nacht durch und musste ziemlich müde gewesen sein, denn er kam ab auf die andere Spur. Ein LKW fuhr in ihn rein und sein Auto samt ihm landete im Graben. Dem LKW Fahrer war nichts außer einer Platzwunde widerfahren, nur mein Vater hatte nicht so ein Glück wie er...

Ich schrie in mein Kissen und konnte mich nicht mehr beruhigen. An ihn zu denken tat so weh und Mum nahm sich einfach einen Neuen, als hätte es Dad niemals gegeben. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass der neue Kerl die Liebe ihres Lebens war und das machte mich umso wütender. Es war einfach nur einer. Und Dad war das anscheinend auch. Ich hörte ein Schluchzen von nebenan. Mum...

Nach einer Weile beruhigte ich mich wieder und nahm mein Handy zur Hand.

Elisa »Hey Maus, wie geht es dir? Bei mir läuft gerade so einiges schief, könnten wir vielleicht telefonieren?❤️«

Anna »Hey Süße❤️ Bei mir läuft alles supi, Amy und ich haben ne Menge Spaß.🥳 Es tut mir so leid, aber ich hab leider gerade gar keine Zeit...😔 Lass uns morgen telefonieren ja?💋«

Toll, nicht mal meine beste Freundin hatte Zeit für mich...

Elisa »Ja, schon gut. Bis morgen dann❤️«

Damit war das „Gespräch" dann auch wieder vorbei. Sollte sie doch mit Amy Spaß haben, mir doch egal! Ich tippte auf den Chat mit Alessandro. Sollte ich ihn wirklich fragen? Ich wusste es nicht... Doch, weil ich so verzweifelt war schrieb ich ihm dann doch.

Elisa »Hey na. Sag mal, hast du heute Abend Zeit raus zu gehen? In einen Club oder so?«

Alessandro »Hm, auf einmal? Hätte nichts dagegen, aber was ist mit deinem Fuß, wegen des Tanzens?«

Elisa »Das wird schon gehen, mach dir darüber keine Sorgen.«

Alessandro »Wann soll ich dich abholen?«

Elisa »Wie wär's mit 22:00 h?«

Alessandro »geht klar«

Ich fing wieder an zu lächeln und sprang schnell unter die Dusche. Danach föhnte ich meine Haare und suchte mir etwas zum Anziehen raus. Ich schminkte mich noch schnell und dann war ich fertig. Ich betrachtete mich im Spiegel. Ich hatte eine kurze Hose an, ein rotes bauchfreies Top mit Spitze und meine heiß geliebten weißen Schuhe von Nike. Perfekt dachte ich. Mein langes braunes lockiges Haar ließ ich offen über meine Schulter hängen. Ich machte mir noch eine Kette um, steckte mir Ohrringe an und ging schonmal vor die Tür, um auf Alessandro zu warten. Zu meinem Verblüffen stand er schon mit seinem Auto vor der Tür. Ich lächelte ihm entgegen und merkte, wie er mich von oben bis unten abscannte. Es gefiel mir, so angeguckt zu werden und genoss meinen Auftritt.
Ich humpelte noch leicht, aber es war längst nicht so schlimm wie gestern. Ich stieg ein und begrüßte ihn mit einem einfachen „Hi", was er daraufhin erwiderte.

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