Am nächsten Tag wäre Ámbar am liebsten gar nicht erst ins Roller gegangen. Sie wollte nicht zum Rollerteam, das sich zwar Mühe gab, aber nicht verstecken konnte, dass es sie lieber nicht bei sich hätte. Und auch wenn das Mädchen wusste, dass sie daran selber Schuld war, tat es weh. Nicht zum ersten Mal wünschte sie sich, diesen Deal mit Simón niemals eingegangen zu sein. Sie könnte jetzt bei ihrem Team sein und mit ihnen trainieren, anstatt mit dem Feind an einem Tisch zu sitzen und gleichzeitig zu versuchen das Gespräch um sie herum zu ignorieren und so zu tun, als würde sie zuhören. Wirklich zuhören tat sie aber erst, als Simón ihnen ein paar Getränke brachte und sich für ein paar Sätze in das Gespräch einklinkte. „Habt ihr was dagegen, wenn ich Ámbar kurz entführe?" Überrascht sah die Argentinierin ihn an. Simón ging zu ihr und hielt ihr lächelnd eine Hand hin. „Kommst du?" Dankbar ergriff Ámbar diese und ließ sich von ihm auf die Beine ziehen.
„Wohin gehen wir?", fragte die Blondine als sie außer Hörweite waren.
„In den Park", antwortete Simón, als wäre das von vornherein klar gewesen.
„Und was machen wir da?"
„Wir können spazieren gehen, uns einfach auf eine Bank setzen, was immer du möchtest."
Verwirrt sah Ámbar ihn an und verlangsamte ihr Tempo, wodurch Simón ebenfalls langsamer lief, da er immer noch ihre Hand hielt.
„Was ist los?", fragte er als sein Blick den des Mädchens traf.
„Nichts, nichts. Ich frage mich nur warum du das tust."
„Warum ich was tue?", wollte der Mexikaner schmunzelnd wissen.
„Warum du so viel Zeit mit mir alleine verbringst, obwohl du eigentlich wolltest, dass ich Zeit mit dem Rollerteam verbringe."
„Bin ich etwa nicht vom Rollerteam?"
„Doch, aber-"
„Ich weiß was du meinst, aber genau genommen verbringst du in diesem Moment Zeit mit einem Teil des Rollerteams und außerdem", er machte zwei schnelle Schritte und stellte sich direkt vor die Argentinierin, „ging es mir weniger darum, dass du Zeit mit dem Team verbringst, sondern darum, dass du du selbst bist und allen zeigst wie wundervoll du bist."
Er sah ihr intensiv in die Augen und Ámbar sah in seinem Blick, dass er das Gesagte auch wirklich meinte. Sie erwiederte Simóns Blick und spürte, wie sich ein immer stärker werdendes Kribbeln in ihrem Körper ausbreitete. Simón trat noch einen kleinen Schritt näher an sie heran, sodass kaum noch Luft zwischen ihnen war.
Ámbar spürte seinen warmen Atem und bemerkte, wie sein Blick zu ihren Lippen huschte und sie selbst tat automatisch dasselbe bei ihm. Wie gerne würde sie seine Lippen wieder auf ihren spüren. Gespannt wartete Ámbar, was passieren würde. Würde Simón ihr ihren unausgesprochenen Wunsch erfüllen? Konnte es sein, dass er trotz allem was passiert war tatsächlich noch Gefühle für sie hatte?
Ihr Atem wurde flacher, als Simón sich langsam zu ihr beugte. Ihre Nasen berührten sich und Ámbar schloss automatisch die Augen. Sie wollte diesen Kuss so sehr, und Simón ging es nicht anders. Auch er konnte sich in diesem Moment nichts Schöneres vorstellen, als Ámbars Lippen endlich wieder auf seinen zu spüren, aber in letzter Sekunde zögerte er. Irgendwas kam ihm nicht richtig vor; als wäre es zu früh. Schließlich hatten sie bis zum vorherigen Tag nichtmal ein vernünftiges Gespräch geführt, seit der Mexikaner heraufgefunden hatte, dass seine damalige Fast-Freundin für den Brand im Roller verantwortlich gewesen war.
Schweren Herzens trat er einen Schritt zurück und räusperte sich kurz. Ámbar öffnete daraufhin ihre Augen wieder und hatte Schwierigkeiten ihre Enttäuschung zu verbergen. Für einen Moment hatte sie gedacht, dass zwischen ihnen alles wieder so werden könnte wie das Jahr zuvor.
Aber hatte Simón nicht gesagt, er würde die wahre Ámbar wollen? Der Gedanke machte ihr Angst, aber da sie Simón wollte – und das mehr als alles andere - , würde sie wohl über ihren Schatten springen müssen und sie selbst sein. Aber war sie schon bereit zu riskieren, wieder verletzt zu werden? Zu riskieren, dass sie wieder so litt wie nach dem Streit mit ihm? Sie wusste es nicht.
Simón kratzte sich verlegen am Nacken. „Also, worauf hast du Lust?"
Ámbar hätte beinahe ungläubig aufgelacht. Sie hatte Lust darauf ihn zu küssen, aber das sagte sie natürlich nicht laut. Stattdessen sagte sie: „Ich weiß nicht. Wir könnten ein bisschen durch den Park laufen, wie du es vorgeschlagen hast."
***
Eine Weile hing jeder seinen eigenen Gedanken nach, bis Simón schließlich die Stille durchbrach. „Was sagen Emilia und Benicio eigentlich dazu, dass du jetzt eine Woche mit uns verbringst?" Er sah sie kurz von der Seite an, ehe er seinen Blick wieder geradeauf richtete. „Sie waren alles andere als begeistert, aber sie müssen es akzeptieren." Ámbar dachte einen Moment lang an die Diskussionen mit ihren beiden Teamkollegen zurück. Während Ramiro es einfach akzeptiert hatte, hatten Benicio und Emilia alles versucht, um ihre Meinung zu ändern. Mit Emilia hatte es einmal sogar richtig gekracht, als diese der Argentinierin unterstellt hatte, dass sie wegen ihrer Gefühle für Simón das Team im Stich ließe, was zugegebenermaßen gar nicht so unwahr war, aber Ámbar hatte sich automatisch verteidigt und natürlich alles abgestritten. Oft wünschte sie sich, dass ihre Freundin sie mehr unterstützen würde. Dass sie sich nicht vor ihr verstellen müsste nur damit Emilia zufrieden mit ihr ist.
Nachdenklich sah Simón das Mädchen neben sich an. „Was hast du ihnen eigentlich gesagt warum du das machst?", wollte er wissen. Ámbar erwiderte seinen Blick und antwortete: „Ich habe gesagt, dass ich versuchen würde dich ins Team der Red Sharks zu bekommen."
„Und ist das so?" Der Mexikaner war erneut stehen geblieben und sah ihr fest in die Augen; bat sie mit seinem Blick ehrlich zu sein.
Und auch wenn Ámbar nie vorhatte es ihm zu sagen, konnte sie es nicht abstreiten. In dem Moment, in dem sie in seine Augen blickte, war ihr klar, dass sie ihn nicht belügen konnte.
„Ein bisschen schon", sagte sie also, „aber es ist nicht der Hauptgrund."
Auch wenn Simón meinte einen Hauch von schlechtem Gewissen in den Augen der Blondine zu sehen, war er enttäuscht, dass sie nur Zeit mit ihm verbrachte, wenn sie ihn für einen ihrer Pläne benötigte. Trotzdem wollte er wissen, was denn der "Hauptgrund" war, weshalb er sie genau das fragte.
Ámbar öffnete den Mund, um ihm zu antworten, schloss ihn dann aber doch wieder und sah den Jungen entschuldigend an.
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Simbar-The other side
FanfictionEin Plan von Ámbar führt dazu, dass sie eine Woche wieder beim Rollertam und Simón dafür eine Woche bei den Red Sharks verbringt. Eigentlich wollte sie damit erreichen, dass Simón in ihr Team wechselt - nicht zuletzt damit sie mehr Zeit mit ihm verb...