Kapitel 18

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Mit einem selbstgefälligen Blick ging ein Junge auf ein Mädchen zu.

„Erledigt", meinte er und lächelte hinterhältig. „Mal sehen, ob nachher immer noch alle denken, dass Simón ein ach so toller Skater ist."

„Eifersüchtig?", gab das Mädchen amüsiert zurück und lehnte sich mit der Schulter gegen die Wand.

„Eifersüchtig? Ich?" Der Junge lachte gekünstelt auf. „Ich will einfach nur Gerechtigkeit. Simón soll dafür bezahlen."

„Wofür? Dafür dass er dich auf die Ersatzbank verbannt hat oder dafür, dass er dir deine Geliebte wegnimmt?" Belustigt sah sie, wie sich der Blick ihres Gegenübers verdunkelte. Er war so leicht zu provozieren. „Wie auch immer; solange es Ámbar die Augen öffnet, ist mir alles recht. Simón hat zu viel Einfluss auf sie, was wiederum schlecht für's Team ist. Ich bin mir sicher, dass Ámbar uns sogar verlassen würde, wenn Simón sie darum bittet. Und wir brauchen sie. Und zwar wirklich sie und nicht das, was Simón aus ihr macht."

Der Junge nickte zustimmend. „Und genau dafür werden wir sorgen. Ámbar gehört zu den Red Sharks. Das wird sie früher oder später merken. Es liegt an uns, dafür zu sorgen, dass das möglichst bald passiert."

„Du wirst mir immer sympatischer", meinte das Mädchen mit einem hinterhältigen Lächeln auf den Lippen.

„Dito."

***

Ámbar hatte soeben ihr Gespräch mit Gary beendet. Leider war es ihr nicht gelungen, den Mann zu überzeugen, auch andere Skater auf die Bahn zu lassen. Er hatte aber zumindest versprochen, darüber nachzudenken, als das Mädchen ihm die finanziellen Vorteile erklärt hatte, die diese Erlaubnis mit sich bringen würde. Außerdem wäre es zusätzlich gute Werbung für die Red Sharks. Nicht, dass Ámbar das momentan sonderlich interessierte, aber sie wusste, dass sie Gary damit ködern konnte. Jetzt hieß es abwarten und hoffen.

Simón übte währenddessen mit Luna für das Open. Als Ámbar den Raum betrat, waren sie dabei, das Lied ein letztes Mal zu proben. Die Mexikaner waren sich einig, dass es so wie es gerade war gut genug klang.

„Wir werden das Open sowas von rocken!", rief Luna lachend und hielt ihre Hände Simón entgegen, der die Aufforderung sofort verstand und einschlug.

„Ähm", machte Ámbar die beiden auf sich aufmerksam. „Simón, hast du einen Moment?" Ihr war soeben das Gespräch mit Luna vom vorherigen Abend wieder eingefallen.

Der Junge sah fragend zu seiner besten Freundin und anschließend wieder zu Ámbar. „Klar, wir sind fertig mit Proben."

Mit einem weiteren Blick zu Luna vergewisserte er sich, dass es für sie in Ordnung war, dass er ging und folgte dann Ámbar in den kleinen Raum neben der Bühne.

„Was gibt's?"

„Luna hat mich gestern gefragt, ob zwischen uns was läuft", gestand die Argentinierin.

„Und was hast du ihr gesagt?", wollte Simón wissen.

„Dass wir das Gespräch auf morgen, also heute, verschieben sollten. Ich hätte es nicht richtig gefunden, wenn ich es ihr gesagt hätte; sie ist schließlich deine beste Freundin und soll nicht denken, dass du ihr Dinge verheimlichst. Sie ist natürlich skeptisch geworden, deshalb denke ich, dass wir es ihr heute sagen sollten."

Simón wusste nicht, was er sich für eine Antwort erhofft hatte, doch mit dieser hatte er nicht gerechnet. Dass Ámbar sich solche Gedanken gemacht hatte, überraschte ihn positiv. Sie hatte die Situation so gelöst, dass keiner sich am Ende verletzt oder belogen fühlen konnte. Sie hatte sie perfekt gelöst.

„Wollen wir sie gleich suchen gehen?", schlug Simón vor. Wenn sie das sofort erledigten, konnte später nichts mehr dazwischen kommen.

Ámbar stimmte zu, auch wenn sie den Moment am liebsten noch etwas vor sich her geschoben hätte. Sie wusste, wie wichtig Luna ihrem Freund war und wie sehr er ihre Meinung schätzte. Wenn das Mädchen die Beziehung ihres besten Freundes nicht gutheißen würde... Ámbar wollte sich lieber nicht vorstellen was das für Folgen haben könnte. Sie glaubte zwar nicht, dass Simón deswegen mit ihr Schluss machen würde – so war er nicht –, aber es könnte seine Freundschaft mit Luna auf die Probe stellen. Und das letzte was die Argentinierin wollte, war, dass Simón ihretwegen seine beste Freundin verlor.

Sie fanden Luna schließlich, als sie gerade dabei war, ihren Spind zu schließen.

„Luna", sprach Ámbar die Mexikanerin an. Diese sah sie abwartend an. „Wir müssen dir was sagen."

Ihr Herz schlug laut und schnell in ihrer Brust. Ámbar kam sich vor, als würde Simón sie seinen Eltern vorstellen und nicht seiner besten Freundin von ihrer Beziehung erzählen. Der Junge bemerkte ihre Anspannung. Er nahm ihre Hand und drückte sie leicht. Ámbar erwiderte den angenehmen Druck und atmete tief ein.

„Erinnerst du dich an unsere Unterhaltung gestern?", schnitt sie das Thema an.

Luna runzelte die Stirn und nickte.

„Ich hab dir gesagt, dass es besser ist, erst heute mit dir darüber zu reden, weil ich wollte, dass Simón dabei ist. Es kam mir falsch vor, wenn ich diejenige gewesen wäre, die es dir gesagt hätte", erklärte Ámbar.

Die Mexikanerin schaute verwirrt zwischen ihnen hin und her. „Ist was passiert?", wollte sie besorgt wissen.

Simón lächelte. „In der Tat ist was passiert, aber etwas Schönes", beruhigte er seine beste Freundin. Er hielt seine Augen noch ein paar Sekunden auf Ámbar gerichtet, ehe er die Bombe platzen ließ.

„Wir sind zusammen." Fest sah er die Mexikanerin an und hob zur Bestätigung seine Hand, die immer noch Ámbars hielt, etwas in die Höhe.

Lunas Augen wurden groß. „Was? Wirklich? Wow..." Sie wusste nicht recht, was sie dazu sagen sollte. Für Simón war es ohne Frage etwas unglaublich Schönes, doch für sie selbst war die Situation schwierig. Zum einen wegen ihrer eigenen Gefühle für den Jungen und zum anderen, weil sie der Argentinierin noch nicht so ganz traute. Nur weil Ámbar sich ein paar Tage lang freundlicher zeigte, hieß das nicht, dass sie sich wirklich geändert hatte. Dass die Blondine eine gute Schauspielerin war, hatte sie schließlich bereits herausgefunden. Luna wollte ihre Sorgen allerdings nicht vor dem Mädchen äußern. Sie schluckte die aufkommenden Tränen hinunter und rang sich ein Lächeln ab. „Das freut mich für euch, wirklich", beteuerte sie und in gewisser Weise stimmte es ja auch.

Simón und Ámbar merkten beide, dass die Mexikanerin nicht glücklich über ihre Beziehung war, was dem Jungen die Euphorie nahm und das Mädchen sich schlecht fühlen ließ.

„Luna, ich seh doch, dass das nicht stimmt. Was ist los?"

Das Mädchen schüttelte verzweifelt den Kopf und meinte, dass es weg müsse. Schnellen Schrittes entfernte Luna sich von den anderen beiden. Als Nina sie dabei sah, wie sie beinahe schon fluchtartig das Gebäude verließ, ging sie ihr ohne zu zögern nach. Sie fand ihre beste Freundin weinend auf einer Band, setzte sich neben sie und strich ihr über den Rücken. Das war der Moment, in dem alles aus Luna herausbrach. Sie beichtete Nina ihre Gefühle für Simón und ihre Zwickmühle, was seine Beziehung mit Ámbar anging. Auch die Argentinierin war überrascht von dieser Beziehung, doch wie immer fand sie die richtigen Worte, um ihre Freundin zu beruhigen.

Am Ende der Unterhaltung fühlte Luna sich sogar einigermaßen bereit, sich der Situation zu stellen und mit Nina zusammen zurück ins Jam and Roller zu gehen. Und das obwohl klar war, dass sie dort erneut auf das glückliche Paar treffen würde.

Simbar-The other sideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt