Kapitel 41

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Ich liebte den letzten Gong in der Schule. Der allerletzte, der uns alle vom Unterricht befreite.
"Ich beende den Unterricht, nicht das Klingeln!", sagte mein Physik Lehrer über den Lärm des Packens und der Schüler. Er schrieb noch eine Formel über den Widerstand bei einer Elektrolyse an und bat uns die abzuschreiben.
"Ihr schreibt bald einen unangekündigten Test, weil ihr nicht wisst wie ihr euch benimmt!"
Verärgert packte nun auch er seine Sachen. Natürlich regte ich mich über diese Verkündung auf, aber anderseits verstand ich seinen Standpunkt. Der Kurs war Extrems laut, und jeder unkonzentriert. Fast keiner, außer Lisa, hat die Hausaufgaben. Und fast keiner, außer Lisa und ein paar Nerds der ersten Reihe, beteiligte sich auch im Unterricht.
Ich schwirrte mit dem Strom der Schülermasse nach draußen zur Freiheit. Vor ein paar Monaten hätte es mich noch gestört, dass ich alleine war, während jeder um mich herum sich mit jemanden unterhielt. Aber mittlerweile war ich so gewohnt daran, dass es mich nicht mehr traurig machte. Okay, ich gebe zu, nur noch ein wenig.
"Elena!", rief jemand während ich den Schloss meines Fahrrads entfernte.
Die Stimme kam mir sehr bekannt vor und passte überhaupt nicht in dieses Milieu.
Es passte überhaupt nicht in mein Leben gerade.
Es war Papa.
Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Ob ich sauer, traurig oder glücklich sein sollte.
Deswegen reagierte ich gar nicht. Ich hantierte weiter an meinem Fahrrad.
"Hallo.", sagte ich.
"Elena. Hast du mich nicht vermisst?"
Ich zuckte mit den Schultern und schob mein Fahrrad raus. Ich war noch so sozial und fuhr nicht los, ging aber mit dem Fahrrad Richtung Haus.
"Ich habe dich aber vermisst.", sagte er.
"Hast du dich deswegen so oft gemeldet über die ganze Zeit?", fragte ich sarkastisch.
"Ich konnte nicht. Ich habe mich nicht getraut." Er flehte mich nahezu an und das fand ich nicht richtig.
Auch wenn er uns verlassen, und sich nicht gemeldet hat, er war immer noch mein Vater.
Mein Vater, der mir beigebracht hat, wie man Fahrrad fährt.
Mein Vater, der mit mir die Zahlen gelernt hat.
Mein Vater, der mir jeden zweiten Abend ein Buch meiner Wahl vorlas.
Mein Vater, den ich liebte.

"Musst du zu der Zeit nicht arbeiten?", fragte ich.
"Nein, habe gleich ein Meeting. Aber noch etwas Zeit."
"Cool.", sagte ich.
"Wie läuft die Schule?"
"Gut.", log ich.
"Wie läuft's mit Jonas?"
"Bestens."
"Bist du noch so richtig verliebt?", fragte Papa grinsend.
"Papa! Es fängt an unangenehm zu werden!"
"Du weißt wie es sich anfühlt wenn man verliebt ist."
"Seit wann redest du so mit mir?", fragte ich geekelt.
"Ich will dir was erklären. Ich liebe Kristina."
"Deswegen hast du ja Mama verlassen."
"Ich musste. Ich konnte nicht anders."
"Egal wie du es drehst und wendest, du kannst es nicht gut reden."
Er seufzte. "Ich möchte, dass du sie kennenlernst."
"Was...?!"
"Die Beziehung ist was ernstes. Deswegen will ich, dass du sie kennenlernst."
"Und was ist mit Caro?", fragte ich und war das erste mal froh, dass es sie gab, denn alleine wollte ich mir das nicht geben.
"Sie will nicht mit mir reden."
"Also warst du als erstes bei ihr?", fragte ich und auch ich hörte meine Eifersucht raus.
"Ihre Schule war näher."
"Okay wann?", fragte ich über die Eifersucht hinweg.
"Heute Abend um 5. Ich werde dich abholen."
Okay. Tschüss Daddy. Hab dich auch lieb. Ich war froh, dass ich ging.
"Er möchte dich und Caro treffen?", fragte Mama, die völlig aus dem Häuschen war. Es war eine neue Nachricht seit langem. Vielleicht das erste was sie von ihm gehört hatte.
"Ja.", antwortete ich und klopfte an Caros Tür.
"Herein."
"Papa möchte sich mit uns treffen. Er will uns Kristina vorstellen."
"Ich kotze.", sagte sie und schaute nicht von ihrem Handy hoch.
"Also kommst du mit?"
"Also gehst du?", fragte sie mich dann.
"Ja. Ich will die Frau sehen."
"Okay dann komme ich auch. Wann?"
"Um fünf."

Solange tat ich was für die Schule und für meine Figur. Ich habe Training im Fitnessstudio aus dem Grund vernachlässigt, weil ich nicht wollte, dass auch dort Leute mich wegen meinen Gewichtes ansprachen. Und natürlich wegen Paul, den ich zum Glück seit einer sehr langen Zeit nicht gesehen hab.
"Hey, kleine Schwester wir müssen los.", sagte Caro während ich meine Haare föhnte.
"Ich bin jetzt fertig."

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