Kapitel 21

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Der Streit mit Susan lag nun einige Tage zurück. Heute war Freitag und Tessa hatte nichts von ihr gehört. Keine Nachricht, kein Anruf, nichts. Auf Tessas Textnachrichten hatte sie ihr auch nicht geantwortet. Vermutlich lag es daran, dass Tessa sie immer noch davon überzeugen wollte, ihr zu glauben. Trotz des Streits mit ihrer besten Freundin, konnte Tessa nicht davon ablassen, Samuel White für einen Betrüger zu halten. Dennoch hinterließ der Bruch mit ihrer besten Freundin seine Spuren. Tessa hatte sich jeden Tag dazu aufgerafft in die Vorlesungen zu gehen, obwohl sie eigentlich viel lieber zu Hause im Bett geblieben wäre. Aber dadurch würde sich auch nichts ändern. Womit Tessa viel schlechter klar kam, war das leere Gefühl in ihrer Brust. Sie fühlte sich, als hätte ihr jemand etwas aus der Brust gerissen und nur die leere Hülle zurückgelassen. Die Einsamkeit fraß Tessa auf und sie wusste nicht, wie lange sie das noch aushalten würde.

Als Tessa sich an diesem Freitag auf den Weg nach Hause machte, überlegte sie, wie sie weitermachen sollte. Als sie gerade den Zebrastreifen an einem Kreisel überqueren wollte, sah sie auf der anderen Straßenseite Susan. Sie musste gerade ihre Mittagspause gemacht haben. Susan drehte ihren Kopf in Richtung Tessa. Aus alter Gewohnheit, hob Tessa den Arm und winkte ihr zu. Doch Susan starrte sie nur für einen kurzen Augenblick an, wandte dann den Blick ab und ging ohne eine Geste davon, den Blick starr auf den Boden vor sich gerichtet.

Das versetzte Tessa einen heftigen Stich. Hasste Susan sie etwa? Der Streit zwischen den beiden war schon etwas besonderes, so heftig hatten sie noch nie miteinander gestritten. Aber dass Susan sie einfach ignorierte und zu keinem Gespräch bereit war? Tessa spürte, wie sich ein Schluchzer den Weg ihrer Kehle hinauf bahnte. Zeitgleich traten ihr auch schon die ersten Tränen in die Augen. Tessa schluckte schnell und beschleunigte ihren Schritt. Die Tränen vernebelten ihr die Sicht und so erkannte sie nicht, dass sie fast vor ein Auto gerannt war, als sie den Zebrastreifen überquerte. Empört fing der Fahrer des Autos an zu hupen, aber Tessa ignorierte ihn und fing an zu rennen. Blind rannte sie in die Richtung ihres Appartements.

Als sie endlich allein war, konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie flossen nun ihre Wangen hinab, wie ein Wasserhahn, den man vergessen hatte komplett zuzudrehen und ein kleines Rinnsal noch ins Waschbecken lief. Sie schluchzte so heftig, dass ihr Körper anfing zu beben. Schnell ließ sie sich auf ihr Bett fallen und vergrub den Kopf in ihrem Kissen.

Tessa wusste nicht, wie lange sie geweint hatte. Aber als sie Kopfschmerzen bekam, bemerkte sie, dass es eine ganze Weile gewesen sein musste. Sie griff auf ihren Nachttisch, dort hatte sie immer eine Packung Taschentücher deponiert. Als sie sich die Nase geputzt hatte, versuchte sie sich zu beruhigen. Sie versuchte langsam ein und langsam wieder auszuatmen. Und nach einer Weile, bemerkte sie, wie sich ihr Körper wieder beruhigt hatte. Dennoch blieb sie in ihrem Bett sitzen. Wozu sollte sie auch aufstehen. Es gab nichts um aufzustehen, sie war allein. Völlig allein. Wenn sie doch nur mit jemandem reden könnte. Wenn sie jemanden kennen würde, der sie von ihrem Kummer ablenken würde. Dann könnte sie sich vielleicht darauf konzentrieren, Samuel zu überführen. Aber der Kummer um Susan trübte ihre Gedanken und lähmte sie.

Dann fiel es ihr plötzlich wieder ein. Es gab tatsächlich jemanden, der sich mit ihr treffen würde - Denny! Er hatte ihr am Anfang der Woche eine Nachricht geschrieben, dass er sich gerne mit ihr treffen würde. Sie hatte abgelehnt, weil sie an dem Tag mit Samuel verabredet war und weil sie kein Interesse an Denny hatte. Sie wusste, dass es nicht richtig war, sein Interesse an ihr, dafür auszunutzen, damit sich Tessa nicht so allein fühlte. Aber sie war so verzweifelt und der Schmerz war so groß, dass es ihr egal war. Also griff sie nach ihrem Smartphone und schrieb ihm eine Textnachricht, ob die Einladung noch aktuell war. Wenige Minuten später bekam Tessa gleich Antwort. Denny fragte, ob der heutige Abend in Ordnung sei. Seine Eltern waren übers Wochenende verreist und er würde für sie zu Hause kochen. Tessa stimmte zu, wieso nicht, vielleicht würde der Abend ganz nett werden und sie von ihrem Streit mit Susan etwas ablenken.

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