Kapitel 18

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Tessa fand sich in einem schwach beleuchteten Eingangsbereich wieder. Vor ihr war eine Glastür, die mit einem Türstopper festgehalten wurde, so dass sie sich nicht von alleine schloss. Rechts neben der Glastür befand sich ein Pult aus dunklem Holz, dahinter stand ein Mann mit kurzen, schwarzen Haaren. Er trug einen Anzug mit einem weißen Hemd und passend zu seinen schwarzen Haaren hatte er eine schwarze Fliege um den Hals gebunden.

Als er Tessa registrierte, setzte er sofort ein Lächeln auf, das seine weißen Zähne hervorblitzen ließ. Er zückte einen Kugelschreiber und sah in sein Reservierungsbuch, das aufgeschlagen auf dem Pult lag. Dann blickte er Tessa an und fragte:"Guten Abend, Fräulein. Willkommen im Luigi's. Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?"

"Guten Abend. Ich habe heute Abend eine Verabredung mit Samuel White. Ich schätze, er hat reserviert, aber ich weiß nicht, ob er schon da ist."

"Oh ja, Mr White ist bereits da. Er hat den besten Tisch in unserem Außenbereich reserviert. Darf ich Sie zu ihm bringen?"

Der Mann schnappte sich zwei Speisekarten vom Pult und lächelte Tessa auffordernd an. Sie nickte und der Mann führte sie in den Innenbereich des Restaurants. Als Tessa durch die Glastür trat, fand sie sich vor einer Bar wieder. Die Theke war aus demselben dunklen Holz wie der Pult im Eingangsbereich. Und auch die Barhocker passten perfekt dazu. Hinter der Bar stand eine füllige, blonde Frau die hektisch, aber gekonnt die Getränke zubereitete.

Tessa wurde links an der Bar vorbeigeführt und sie traten durch einen Vorhang aus Glasperlen. Im Vorbeigehen, konnte Tessa sehen, wie sich das Licht in den Perlen spiegelte. Anschließend ging es drei Stufen hinunter und Tessa stand im Garten des Restaurants. Der Gartenbereich war von Mauern umsäumt und verlieh ihm einen romantischen Charme. Entlang der Mauer rankten sich Efeugewächse und in bestimmten Abständen waren  Stehlampen aufgestellt, die dasselbe schummrige Licht verbreiteten wie im Eingangsbereich. Die Tische, die in der Mitte des Gartens aufgestellt waren, waren ebenfalls aus dunklem Holz und mit einer rot-weiß-karierten Tischdecke gedeckt. In der Mitte jedes Tisches befand sich ein wunderschönes Kerzenarrangement mit frischen Blumen die wunderbar dufteten. Tessa sog die Luft ein, der blumige Duft vermischt mit dem Geruch von frischer Pizza und Pasta war einfach himmlisch. Plötzlich fiel Tessa auf, wie großen Hunger sie hatte, vor lauter Aufregung hatte sie diesen total verdrängt.

Der Mann zeigte mit seiner ausgestreckten Hand in den hinteren Teil des Gartens. Dort gab es einen kleinen Bereich, der durch eine flache Veranda aus Holz empor gehoben wurde. Auf dieser Veranda standen zwei Tische, genau so schön geschmückt wie die anderen. Und an einem der beiden Tische saß Samuel White.

Tessa bedankte sich noch bei dem Mann, der sie zu ihrem Platz geführt hatte und ging dann zielstrebig auf Samuel zu. Als er sie bemerkte, stand er auf und lächelte sie an. Tessa fiel auf, dass er nervös seine Hände an seiner Hose abwischte. War er etwa nervös? Sie überkam ein schlechtes Gewissen. Was, wenn Samuel doch nur ein gewöhnliches Essen als Entschuldigung im Sinn hatte? Und nichts hinter Tessa's Vermutungen steckte. Dann tat sie einem nervösen, netten Mann sehr unrecht. Tessa schüttelte die Zweifel ab. Wenn sie es geschickt anstellte, kam es Samuel einfach so vor, als würden sich die beiden über Ghostwriter unterhalten. Nichts besonderes also.

Als Tessa den Tisch erreichte, zeigte Samuel nervös auf den Platz ihm gegenüber und sagte:"Hier, bitte, setz dich doch."

Tessa bedankte sich und nahm Platz. Sie schaute auf den gedeckten Tisch, Besteck und ein Teller für die Vorspeise waren bereits gebracht worden. Und auch ein Wein- und Wasserglas stand bereits vor ihr. Zum Glück, hatte sie einmal zusammen mit Susan gelernt, wie man sich in einem schicken Restaurant zwischen den verschiedenen Arten von Besteck zurechtfand. 

Als sie aufblickte, sah sie direkt in Samuels blaue Augen. Aber dieses Mal, kamen sie ihr nicht stechend und gefährlich vor. Sie waren einfach - blau.

"Es freut mich unheimlich, dass du gekommen bist", fing Samuel an. "Um ehrlich zu sein, hatte ich Angst, dass du spontan doch einen Rückzieher machen würdest und ich hier alleine sitzen würde. Ganz schön jämmerlich, oder?"

"Äh, nein. Also ich meine, vielen Dank für die Einladung. Und ich stehe zu meinem Wort. Wenn ich ja sage, bedeutet es auch das."

"Das ist schön. Es sagt viel über eine Person aus, die zu ihrem Wort steht."

Der Abend schien gut anzufangen. Tessa fiel auf, dass der Mann vom Eingangsbereich die Speisekarten wieder mitgenommen hatte. Als Samuel Tessa's Blick bemerkte, sagte er:"Ich habe mir erlaubt, ein Menü für uns zusammenzustellen. Ich hoffe, es gefällt dir. Es ist eine Kombination meiner Lieblingsspeisen hier."

"Oh, das ist sehr nett, vielen Dank."

Tessa fand es schwieriger als erwartet mit Samuel ein Gespräch zu beginnen. Der Konflikt zwischen den beiden schien sie beide sehr nervös zu machen. Aber als ob der Kellner ihre Gedanken lesen konnte, kam er bereits mit zwei Weinflaschen angesaust. 

"Darf ich Ihnen zu ihrem Menü einen Wein anbieten, Miss?", fragte der Kellner.

Tessa nickte und antwortete:"Sehr gerne."

"Rot oder weiß?"

Tessa entschied sich für einen Rotwein, er passte so gut zu der rot-weiß-karierten Tischdecke. Auch Samuel entschied sich für den Rotwein. Als der Kellner wieder gegangen war, hob Samuel sein Glas um mit Tessa anzustoßen.

"Auf einen wundervollen Abend. Und nochmal, danke, dass du meine Entschuldigung angenommen hast."

Die beiden Gläser klirrten aneinander. Tessa nahm einen Schluck von ihrem Wein. Er schmeckte süßlich, aber nicht zu sehr. Genau so, wie sie ihren Rotwein gern trank. Tessa hatte mal gelesen, dass gute Weinkenner, schon auf einen Blick erkennen konnten, welchen Wein der Kunde am liebsten trank. In diesem Fall, hatte der Kellner auf jeden Fall richtig getippt. Tessa stellte ihr Glas ab und blickte Samuel an. Er öffnete den Mund und sagte:" Also, jetzt erzähl mal. Wie bist du zum Schreiben gekommen? Du bist wirklich sehr talentiert."

Tessa lächelte Samuel geschmeichelt an und antwortete:"Oh, vielen Dank. Das ist ein sehr großes Lob von so einem Autoren wie dir. Ich habe schon immer gern geschrieben. Eigentlich hat es sich schon in der Grundschule herauskristallisiert. Ich schrieb immer doppelt so viel als meine Mitschüler wenn wir einen freien Aufsatz schreiben sollten. Anschließend habe ich dann immer wieder geschrieben und immer wieder aufgegeben. Der Wille war nie groß genug, etwas zu Ende zu schreiben. Dann ging die Schreiberei für ein paar Jahre wieder unter, ich hatte viel zu tun durch das Studium. Aber letztes Jahr, hatte ich diese Idee. Und ich dachte, die muss unbedingt aufgeschrieben werden. Also setzte ich mich hin und schrieb. Und ein Jahr später, war das Buch fertig. Und naja, den Rest der Geschichte kennst du ja vermutlich."

"Das ist wirklich beeindruckend. Willenskraft ist die wohl stärkste Kraft die die Schreiberei von einem Autoren abverlangt."

"Ja, da hast du vermutlich Recht. Oft genug hatte ich das Verlangen wieder mit dem Schreiben aufzuhören. Und wie bist du zur Schreiberei gekommen? "

Perfekt, dachte Tessa. Der Grundstein für ihr Verhör war gelegt. Ab jetzt hieß es vorsichtig sein und aufmerksam zu Lauschen was Samuel zu erzählen hatte.


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