Die ganze Zeit musste Harry an das Treffen denken. Inzwischen hatte er verstanden, dass Draco etwas für ihn übrig hatte, genau wie Harry für ihn. Aber es gefiel ihm überhaupt nicht, dass Draco ihm aus dem Weg ging.
In den Sommerferien hatte er es sich völlig anders vorgestellt, leichter und unkomplizierter. Er hatte gedacht, dass sie beide eine Beziehung führen, sich heimlich treffen und alles gut werden würde. Aber inzwischen rückte Weihnachten immer näher und die beiden distanzierten sich immer mehr voneinander, statt das sie sich häufiger trafen. Die Treffen wurden in den folgenden Tagen noch seltener, Draco wurde wieder gemeiner und stattdessen verbrachte Draco viel Zeit mit seinem besten Freund Blaise. Harry's Sehnsucht nach Draco wurde von Tag zu Tag mehr. Inzwischen konnte er nur noch selten durchschlafen, weil der Slytherin immer in seinen Gedanken herumspukte.
Weihnachten stand vor der Tür. Draußen war es bereits weiß und kalt und auch hier drinnen wurde die Tanne aufgestellt, Hagrid hatte ihn gestern hierher gebracht. Seit acht Wochen war Funkstille zwischen den Beiden und selbst Hermine fand dieses Verhalten seltsam, aber sie konnte Draco's Angst und seinen Schutzinstinkt nachvollziehen, das betonte sie jedes Mal. Außerdem kam es Hermine ganz gelegen, da sie sich so von Ron ablenken konnte.
Harry war froh, dass sein rothaariger bester Freund einmal nicht im Vordergrund stand, sondern Hermine für ihn da war und ihn aufheitern wollte.
Es war früher Abend und Harry saß mit seinen zwei besten Freunden im Drei Besen. Seit ungefähr einer Woche hatte Hermine wieder Frieden mit Ron geschlossen, aber dennoch akzeptierte sie die Beziehung mit Lavender Brown noch immer nicht. Vor allem verstand sie nicht, wie Ron sich erneut auf sie einlassen konnte, wo es doch erst neulich hieß, dass Lavender klammern würde.
Ron saß neben Harry und unterhielt sich angeregt mit Hermine. Harry dagegen war wegen etwas anderem hier. Draco.
Und da war er. Er schlich gerade die Treppe hinauf. Auf der zweiten Stufe verharrte er, blickte hinter sich, aber da war niemand. Harry sah ihn weiterhin an und dann flog Draco's Blick zu ihm. Für eine Sekunde dachte er, Angst in dem Blick zu sehen. Er hoffte darauf, dass Draco lächelte, irgendein geheimes Zeichen verwendete und Harry damit sagte, wann und wo sie sich treffen sollten. Aber er tat nichts. Er wandte sich ab und lief die Treppe hinauf. Ein leises Seufzen entglitt seinen Lippen und er senkte betrübt seinen Kopf.
„Was ist los?", fragte Ron. Er blickte sich um. „Es ist Ginny, oder? Ich finde es ja auch nervig und fände es sehr viel besser, wenn ihr beide ein Paar sein würdet... aber-"
Harry warf Hermine einen stummen Blick zu, die sofort verstand. „Ron holst du mir bitte noch einen Butterbier?", fragte sie und setzte ihr charmantestes Lächeln auf. Der Rothaarige wirkte im ersten Moment verwirrt, stand dann aber auf und kam ihrer Aufforderung nach.
Ron kam zusammen mit Professor Slughorn zurück, der Harry freundlich die Hand reichte. „Harry, mein Freund."
„Professor", entgegnete Harry überrascht. Er musterte den etwas pummeligen Professor und deutete stumm auf den Stuhl ihm gegenüber, neben Hermine.
„Ich wollte Sie zu meiner Weihnachtsfeier in der kommenden Woche einladen. Und ihr beide seid natürlich auch herzlich eingeladen", wandte er sich an Hermine und Ron. Die Beiden brachten ein etwas überrumpeltes Nicken zustande und Hermine zwang sich ein Lächeln auf.
„Na dann", sagte er, stützte sich am Tisch ab, während er sich erhob und der Tisch wackelte. „Dann sehe ich Euch auf der Feier", nuschelte der Professor und schwankte davon. Offenbar hatte er bereits ein paar Bier intus.
Harrys Blick glitt nochmals die Treppe hinauf zu der geschlossenen Tür, aber sie blieb geschlossen. Jetzt stand auch Harry auf. Er musste hier weg. Er konnte nicht hierbleiben. Nicht hier, wo er Draco's Anwesenheit spürte und wusste, dass der Slytherin nur ein Stockwerk über ihm war und Harry nicht zu ihm konnte. Der Gedanke machte ihn fertig. Hermine und Ron wirkten erst ein wenig verwirrt, aber keiner stellte eine Frage, denn schließlich kannte Hermine die Antwort und Ron dachte, die Antwort zu kennen. Draußen traten sie in das wilde Schneegestöber, vor ihnen ging die Quidditchspielerin Katie Bell mit einer Freundin. Er versuchte sich zu konzentrieren. In seinem Körper herrschte ein ungutes Gefühl. Doch dann schlang Hermine ihren Arm um Harry's und Rons Schulter und kicherte ungehemmt. Sie war offenbar ebenfalls angetrunken und ein wenig beschwipst.
Plötzlich flog Katie nach hinten und fiel in den Schnee. Sie verharrte, während Harry und seine beiden besten Freunde neben Katies Freundin standen.
„Ich hab's ihr gesagt. Ich hab ihr gesagt: Fass das nicht an. Und sie-"
In dem Moment wurde sie nach rechts und links durch den Schnee gezogen und anschließend in die Luft. Harrys Blick glitt nach oben. Er verfolgte die Bewegungen des Mädchens und weitete seine Augen. Sie bog ihren Rücken durch, was sehr unmenschlich wirkte und ihr Mund öffnete sich zu einem Schrei, aber kein Ton kam heraus.
Die vier standen dort und schwiegen. Erst als sie mit einem stumpfen „Plumps" wieder im Schnee landete, wagte Harry sich aus der Gruppe zu lösen und auf Katie zuzugehen.
Beinahe war er da, da ertönte eine laute Stimme: „Fasst sie nicht an! Nicht anfassen, habe ich gesagt!"
Hagrid. Unter seinen schweren Schritten glaubte Harry sogar eine leichte Vibration des Bodens zu spüren. Hagrid ging an ihnen vorbei, trat vor Katie und nahm sie auf den Arm. Harry's Blick glitt zu dem schwarzen Päckchen, aus dem eine schöne Kette ragte. Beinahe automatisch führten seine Schritte ihn dorthin, so faszinierend wirkte das schimmernde Etwas im Schnee.
„Nicht anfassen, Harry! Und wenn, nicht ohne das Tuch!"
Ein verwirrter Blick an Hagrid, dann spürte Harry Wind aufkommen und das braune Ledertuch wehte über die kleine Schachtel. Langsam griff Harry danach.„Ich frage mich", ertönte die Stimme von Professor McGonagall, „warum immer Sie drei dort gesehen werden, wo irgendetwas geschieht."
Harry und seine beiden besten Freunde befanden sich in McGonagall's Büro und die stellvertretende Schulleiterin betrachtete sie durch ihre Brille streng und müde.
„Glauben Sie mir, Professor. Diese Frage stelle ich mir bereits seit sechs Jahren", entgegnete Ron und entlockte Harry damit ein schiefes Grinsen.
Es folgte noch ein ausführliches Gespräch mit Professor Snape und McGonagall, ehe sie entlassen wurden. Sehr spät, denn die Weihnachtsfeier würde in Kürze beginnen. Harry jedoch war sehr unmotiviert. Nichts in ihm schrie danach, auf diese Feier zu gehen, ohne Begleitung. Die Person, die er liebte, durfte er nicht mitnehmen, sie war ein Slytherin und noch dazu nicht eingeladen und ganz nebenbei war es ja momentan sehr schleppend. Sie hatten in der letzten Zeit kaum ein Wort miteinander gewechselt.
Harry, Ron und Hermine machten sich schnell fertig, wobei Hermine ein bisschen länger brauchte als die Beiden und sagte, dass sie schon vorgehen sollten. Also kamen die Beiden alleine bei der Feier an. Alles schien organisiert zu sein, voll und ausgelassen und schön dekoriert. Professor Slughorn kam sofort an, um beide herzlich zu begrüßen.
Ron fand sich ein paar Augenblicke später in Lavender Browns Armen wieder und Harry blieb alleine. Er schlich zwischen den tanzenden Paaren durch, lächelte leicht bei manchen, weil sie ihn an seinen blonden Slytherin erinnerten, aber das Lächeln verblasste genauso schnell wieder.
Harry verschwand hinter den seiden lilanen Vorhängen.
„Halt ihn mir vom Hals... bitte", platzte Hermine rein und Harry wollte gerade etwas erwidern, da folgte ihre Begleitung und sie war verschwunden.
„Hast du Hermine gesehen?"
Harry schüttelte seinen Kopf und nahm sich etwas von dem Tablett, mit dem jemand gerade hinein gekommen war. Hermines Begleitung nahm sich ebenfalls etwas und schob es sich sofort in den Mund.
„Potter...", ertönte dann plötzlich Professor Snapes Stimme, er wollte gerade fortfahren, als sich Hermines Begleitung über Snapes Schuhe übergab.
Eilig drehte Harry sich um und verschwand in der Menge, dennoch konnte er Snapes Stimme hören: „Nicht so schnell... Potter!"
Und dabei jedes Wort so laut und deutlich, dass es beinahe ein wenig angsteinflößend wirkte.
Es war ihm egal, er verharrte zwar, aber Snape kam nicht. Er hatte Draco gefunden und stieß ihn gerade grob Richtung Ausgang.
Draco...
Harry folgte ihnen und nahm Gesprächsfetzen der beiden auf.
„Ich habe deiner Mutter versprochen dich zu beschützen. Geschworen! Ich habe den unbrechbaren Schwur geleistet", zischte er und hielt Draco zwischen seinen Armen gefangen, der mit seinen Rücken an der Wand stand.
„Ich brauche keinen Beschützer", zischte sein Lieblingsslytherin. „Ich wurde auserwählt! Der dunkle Lord hat mich auserwählt!"
Draco wurde auserwählt? Das wusste Harry noch gar nicht. Aber Harry schwieg und stellt mit Genugtuung fest, dass Snape mit einem einfachen: „Das wird ein Nachspiel haben, Malfoy", verschwand.
Der Gryffindor wartete noch einige Augenblicke, ehe er aus dem Dunklen trat und Draco's Arm umgriff. Erst wirkte der Slytherin erschrocken, entspannte sich aber sichtlich, als er Harry sah, sogar der Hauch eines Lächelns glitt auf seine Lippen. „Freu dich nicht zu früh, Draco", zischte Harry und hörte sich ärgerlich an. Er war sauer. Sauer darüber, dass der Slytherin seit Monaten kein Wort mit ihm gewechselt hatte, nicht zu ihren Treffen aufgetaucht war, ihm aus dem Weg gegangen war und jetzt so tat, als wäre nichts gewesen. Wütend zog er den Slytherin hinter sich her, die Treppe hinauf zu dem Raum der Wünsche, ihrem Raum. Er wusste, dass es dort zu einer heftigen Auseinandersetzung kommen würde, denn ein Slytherin ließ sich nie irgendwo hinziehen.
Ohne Rücksicht auf ihn zu nehmen, stieß er ihn grob zur Couch und stellte sich mit verschränkten Armen vor ihn.
„Was soll das, Potter?!"
Harry schnaubte wütend auf und stieß Draco erneut zurück, als er versuchte aufzustehen.
„Was das soll?! Fragst du mich das gerade wirklich, Malfoy?! Du gehst mir seit Monaten aus dem Weg, redest nicht mit mir und behandelst mich wie Mist! Unser kurzes Treffen letzte Woche zählt nicht dazu. Du bist so kühl und ablehnend zu mir und trotzdem willst du meine Hilfe... Warum...– warum tust du das, nach allem was zwischen uns war?"
„Ich will dich schützen... ich... ich will dich da einfach nicht mit reinziehen, dafür bist du mir inzwischen zu wichtig und... und vielleicht will ich dich auch einfach nicht verlieren."
„Was willst du verlieren, wenn du mich nie wirklich hattest?"
„Das... Harry das ist nicht fair! Das mit uns bedeutet mir etwas!"
Draco sprang auf und schob Harry zur Seite. „Zum ersten Mal in meinem Leben bedeutet mir etwas sehr viel...", nuschelte er heiser und wandte sich dann Harry zu. Dieser starrte ihn weiterhin finster an. „Dann weißt du ja jetzt, wie ich mich fühle..."
„Ich... man, was willst du jetzt hören? Das es mir leidtut? Es tut mir leid, dass ich dir wehtun muss, um dich zu schützen..."
„Draco..."
„WAS?", gab der bissig zurück.
„Was macht dich so fertig?"
Draco's Blick wirkte ein wenig irritiert, aber Harry machte sich gar nichts daraus. Er setzte sich langsam neben ihn. „Ich werde dir zuhören, das weißt du", fuhr der Gryffindor fort. Der Slytherin blinzelte und senkte den Blick. „Vieles", nuschelte er in Richtung des Bodens. Harry wusste auch vorher schon, dass Draco vieles fertig machte, aber er wollte es noch einmal von ihm hören.
„Ich hasse es, das wir beide so verschieden sein müssen und nichts machen können. Ich hasse es, gleichzeitig Opfer und Täter zu sein, ich will niemanden töten, ich will nicht sterben und ich will dich nicht verlieren, ich-"
„Jetzt halt mal die Luft an! Du wirst mich nicht verlieren, du wirst nicht sterben und du wirst nicht töten, dafür lasse ich mir schon etwas einfallen. Du bist kein Täter, du bist nur das Opfer. Das ist wie bei den Muggeln, Menschen, die bedroht werden, tun alles, um am Leben zu bleiben. Würde man mir einen Zauberstab an den Kopf halten und drohen mich umzubringen, würde ich lieber töten als selbst zu sterben..." Okay, das war gelogen, Harry würde eher selbst sterben, als jemanden zu töten, aber das war das Letzte, was Draco jetzt hören wollte.
„Worauf ich hinaus will, ist das du das Opfer bist, das gezwungen wird. Du bist kein Täter und wirst nie einer sein. Ich werde mir etwas einfallen lassen, mir fällt immer etwas ein."
Draco nickte langsam, er ließ sich gegen Harrys Schulter sinken.
„Bald sind Weihnachtsferien..."
„Ich freu mich schon", flüsterte Draco. „Ich freu mich darauf, endlich wieder neben dir einzuschlafen und neben dir aufzuwachen, gemeinsam zu essen, rauszugehen..."
„Du willst noch, dass es unsere Ferien werden?", murmelte Harry leise. Er spürte, wie Draco sich bewegte und sich langsam wieder aufrichtete. „Ja, wieso sollte ich es nicht wollen?"
„Ich dachte nur... ach egal...", murmelte Harry und sah den Slytherin an.
Plötzlich ging ein Licht an der Wand hinter ihrem Bett hoch, Draco sprang erschrocken auf, weitete seine Augen.
„Verschwinde, Potter", zischte er und stieß den Schwarzhaarigen grob von der Couch. Harry blinzelte verwirrt, als er aber Draco's panischen Gesichtsausdruck bemerkte und dann in die panisch aufgerissenen grauen Augen blickte, kroch er schnell unter die Couch und hielt mit einer Hand seinen Zauberstab fest umklammert.
Er hörte Schritte. Schritte, die in einem gleichmäßigen Takt erklangen und immer näher kamen, bevor er allerdings den Störenfried erkennen konnte, fiel eine Decke so von der Couch, dass sie den Boden erreichte und die komplette Sicht versperrte.
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Love is war [Drarry]
FantasyHarry trifft zufällig auf Draco, welcher jedoch ganz anders aussieht. Noch dazu bittet er Harry um Unterstützung. Harry erkennt, das die Beiden viel mehr miteinander verbindet, als er immer dachte. Doch als die Schule wieder beginnt, muss es geheim...