Plan B

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„Man, Potter... kannst du einmal nicht den ganzen Tag verschlafen?"
Harry spürte etwas Weiches in seinem Gesicht und schreckte auf, als er allerdings keine Gefahr, sondern nur Draco's blonde Haare sah, ließ er sich wieder zurück in die Matratze sinken.
„Du sollst aufstehen!"
Harry schwieg und drehte Draco den Rücken zu. Es verletzte ihn, dass Draco nach der letzten Nacht so mit ihm redete, aber er wollte es ihm jetzt auch nicht sagen, das würde bloß in einem Streit ausarten.
„Harry... bitte. Es ist echt langweilig, wach zu sein, wenn du noch schläfst."
„Du bist wie ein kleines Kind, weißt du das?"
„Ich will jetzt einfach nicht alleine sein..."
„Du bist nicht alleine, du Idiot! Außerdem sagt niemand, dass du sofort aufstehen musst, wenn du aufwachst. Du kannst auch liegen bleiben."
Harry drehte sich wieder um. „Liegen bleiben? Und was soll ich dann tun? An die Decke starren?"
Ein genervtes Seufzen glitt über Harry's Lippen.
„Du kannst mich sanft wecken. Lesen... oder was weiß ich. Zauber dir ein Fernseher her und schau TV. Mir egal, aber weck mich nie wieder so! Nicht nach solch einer Nacht."
„So schlimm war's doch nun auch nicht", murmelte Draco und blickte unsicher zu dem Gryffindor.
„Eben! Es war wundervoll und ich hab es genossen. Es war die erste Nacht seit langem, in der ich wieder richtig schlafen konnte."
Wieder bloß ein Nicken, aber es hatte anscheinend gewirkt, denn Draco ließ sich neben Harry sinken und lehnte sich zurück, seinen Oberkörper an Harry's gelehnt.
In Harry kreisten allerdings noch immer die Worte von gestern Abend herum. Ein kleines Lächeln schlich auf seine Lippen, als er Draco's Kopf an seiner Schulter spürte.
„Ich hab gekocht.... Und ich muss Weihnachtseinkäufe machen..."
„Ich auch", murmelte Harry heiser. „Ich wünschte, wir könnten zusammen losgehen..."
„Wir können dafür andere Dinge zusammen tun. Ich hätte zum Beispiel nichts dagegen, das von heute Nacht zu wiederholen!"
Ein schelmisches Grinsen zeigte sich auf Draco's Lippen, während er Harry langsam näher kam. Aber Harry wich zurück.
„Was denn? Jetzt willst du nicht?"
Draco klang eingeschnappt und wandte sich ab. Harry spürte leider zu genau, wie verletzt der Ältere gerade war.
„Du bist so sensibel, Malfoy... und das als Todesser", seufzte Harry und strich sanft über die blasse Haut seines Armes. „Ich habe nichts gesagt, aber ehrlich gesagt stelle ich mir die Ferien anders vor, als ständig nur Sex zu haben, ich-"
„Es war einmal, Potter. Einmal! War schon das zu viel? Ich habe gesagt, dass du etwas sagen kannst, du hast geschwiegen!"
„Kannst du bitte einmal, die Klappe halten?! Es war wunderschön gestern und ich würde es immer wiederholen wollen. Aber meine Gedanken kreisen momentan um jeden Scheiß. Um Voldemort, um deine Aufgaben, um Weihnachten... ich hab Angst um dich. Im Moment fühle ich mich einfach nicht in der Lage. Außerdem habe ich Hunger."
Draco drehte sich langsam wieder um und musterte Harry. Sein Blick war weich und nicht mehr so vorwurfsvoll. „Ist das dein Ernst? Du hast Angst um mich?"
„Natürlich habe ich Angst um dich! Du bist mir...- können wir dieses Gespräch wann anders führen? Ich will das jetzt nicht aus dem Streit heraus mit dir besprechen."
„Da gibt es nichts zu besprechen, Harry. Die letzte Nacht war die schönste Nacht meines Lebens. Du bist derjenige, bei dem ich ich selbst sein kann. Nur bei dir... ich liebe dich, verdammt. Was denkst du, warum mich das so fertig macht? Du sagst, du hast Angst um mich? Ich hab Angst um dich! Jeden Tag habe ich Angst, dass es der letzte Tag mit dir sein wird, jed-"
Mit einer schnellen Bewegung zog Harry ihn zu sich heran und sah in die grauen Augen, die nichts als Angst ausstrahlten.
„Hör auf, so etwas zu sagen. Du wirst mich nicht verlieren!"
Harry's Stimme klang eisern und als Draco erneut ansetzte, um etwas zu sagen, beugte Harry sich vor und legte seine Lippen bestimmend auf die des Slytherin's. Draco ließ dies mit sich geschehen, er sagte nichts. Er erwiderte einfach den bestimmenden Kuss und legte seine Hand in Harrys Kreuz, damit sich sein Oberkörper seinem eigenen entgegen wölbte.
Dass Harry sich ein wenig unsicher fühlte und leicht löste, bemerkte Draco kaum.
„K-Können wir bitte...", nuschelte Harry und schob ihn leicht zurück. „Ich habe wirklich Hunger."
„Du denkst auch nur ans Essen, man", meckerte Draco. „Dann iss halt was und werd fett."
„Du solltest auch mal essen", murmelte Harry. „So dünn wie du bi-"
„Leck mich doch, Potter", zischte der Slytherin und stieß ihn grob von sich, während er vom Bett aufsprang.
Der Blonde verschwand und Harry blieb allein auf dem Bett zurück. Jetzt hatten sie schon wieder Streit und dabei war es wirklich das Letzte, was er wollte. Er überlegte, wie er die Situation wieder gerade biegen konnte, aber ihm fiel nichts ein. Schließlich sagte er nur: „Ich bin da..."
„Ja! Leider! Scheiß Gryffindor...- Sankt Potter....", schnaubte er und es glich einem leisen Fluchen.
Harry wurde noch ein Stück trauriger, obwohl er eigentlich immer derjenige war, der das letzte Wort hatte. Im Streit und in Diskussionen, als sie noch Feinde waren, aber da nahmen sie sich wohl beide nicht viel. Aber das hier war was anderes. Sie waren nicht länger Feinde. Harry hatte wirklich Gefühle für ihn entwickelt und daher fiel es ihm umso schwerer, immer das letzte Wort zu haben.
„Versprich mir wenigstens, dass du wiederkommst und wir reden werden", sagte Harry.
„Leck mich, Narbengesicht!"
Ein klitzekleines Lächeln zeigte sich auf Harrys Lippen. Das nahm er als Ja.
Aber inzwischen hatte er trotzdem gelernt, dass Draco ohnehin wieder auf ihn zukommen würde und reden wollen würde, schließlich hatte er das die letzten Male auch immer getan.
Und damit hatte er gar nicht Unrecht. Er hörte das Knallen der Haustür und lehnte sich zurück. Sein Blick galt der einfarbigen Wand. Eigentlich fühlte er sich schon ein wenig unwohl in seiner Haut. Die Schimpfwörter erinnerten ihn an den früheren Draco. Auch wenn sich zwischen ihnen einiges verändert hatte, konnte Harry nicht leugnen, dass ihn diese Worte verletzten.
Was würde er darum geben, wenn Draco einmal weniger impulsiv und mehr einsichtig wäre. Im Moment wünschte er sich nichts mehr als schöne Ferien und eine vernünftige Beziehung.Den ganzen Tag blieb Draco weg. Harry verschlug sich die Zeit währenddessen mit dem Haushalt und putzte, so wie die Muggel es taten.
Während er in der Küche abwusch, hörte er, wie die Tür leise ins Schloss fiel. Harry regte sich nicht, er wischte mit dem nassen Tuch über den dreckigen Teller und schrubbte an einer Stelle, an der der Dreck nicht abgehen wollte.
„Dein Ernst? Wozu gehst du nach Hogwarts, wenn du nicht zauberst?!"
„Lass mich, Malfoy", nuschelte Harry und gab seiner Stimme einen ärgerlichen Klang.
„Nein!"
Er hörte, wie er aus seinen Schuhen schlüpfte und dann langsam ihm näher kam. Plötzlich spürte er Draco's Hand an seiner Taille.
„Können wir reden?"
„Lass mich!"
Harry war noch immer eingeschnappt und verletzt von seinen Worten.
Langsam schlang er seine Arme von hinten um Harry und schmiegte sich an den Körper. „Komm schon... bitte... du weißt, dass ich das vorhin nicht so meinte!"
„Nur weil du es nicht so meintest, heißt es nicht, dass ich dir sofort vergebe! Du weißt, was du gesagt hast, und du weißt, was diese Worte mit mir anstellen, oder kannst es dir jedenfalls denken."
Kurzzeitig spiegelte sich auf Draco's Gesicht Verwirrung wieder.
„Ich bitte dich nicht um Vergebung. Ich will nur mit dir reden. Du hast gesagt, dass du mir immer zuhören würdest."
Harry hielt in seiner Bewegung inne und ließ den Teller in das Wasser sinken. Langsam drehte er sich um und blickte in die grauen Augen. Sein Slytherin Freund wirkte traurig und wahrscheinlich auch einsam. „Ich höre dir immer zu", bestätigte Harry.
„Gerade nicht. Du bist noch immer sauer."
„Ich bin nicht sauer, Dray. Ich bin verletzt."
„Ist doch egal..."
Harry griff sanft nach Draco's Hand, die an seiner Hüfte lag. „Wir reden jetzt."
Ein dankbares Lächeln zeigte sich auf Draco's Lippen und er folgte dem Gryffindor zu der Couch.
Erst nachdem beide sich gesetzt hatten, begann Draco zu reden.
Es klang so traurig und leise, dass Harry eine Träne über die Wange kullerte. Er mochte es nicht, Draco so zu sehen.
„Es tut mir leid, was ich vorhin alles gesagt habe. Du kennst mich, du weißt, dass ich schnell wütend werde. Du bist der Einzige, der mich kennt. Ich muss mich bei dir nicht verstellen und das will ich gar nicht. Ich weiß, dass ich scheiße bin. Das ich kompliziert bin. Ich weiß, dass du mich irgendwann im Stich lassen wirst, wenn ich mich nicht ändere. Aber Harry... ich will mich ändern, ich will nicht, dass du irgendwann gehst. Du sollst bleiben, immer-"
Draco brach ab und schluckte hörbar. Bevor er weiterreden konnte, zog Harry ihn an sich.
„Du bist nicht scheiße. Ich werde dich nicht im Stich lassen. Ich werde bei dir bleiben. Ok, du bist kompliziert, aber das bin ich auch."
Harry drückte Draco leicht, was ihm ein Lächeln entlockte. Der Slytherin schob seine Hände unter das Shirt des Gryffindor's und strich über die weiche Haut. „Dray... jetzt nicht-"
„Man, Potter! Ich will doch jetzt gar nicht... nur weil ich dich anfasse, will ich nicht gleich Sex. Du bist wirklich so ein Mädchen. Jedenfalls das Mädchen von uns beiden."
„Nicht wirklich! Beim nächsten Sex bist du Bottom und ich Top. Schließlich will ich mich auch mal austoben."
„Du willst dich in meinem Arsch austoben?"
Als Harry nickte, grinste Draco schmutzig. „Das werden wir noch sehen."
Harry ließ das so stehen.
„Eines meiner Hobbys ist kuscheln... du kennst mich halt noch nicht richtig..." Draco wechselte das Thema und wirkte dabei ein wenig entspannter, aber auch ernst.
„Ich weiß. Aber du kennst mich genauso wenig", entgegnete Harry leise.
„Das ändern wir morgen."
„Und was machen wir heute Abend?"
„Entspannen?"
Harry schwieg auf diese Frage. Es war das Letzte, was er von Draco erwartet hätte. Trotzdem war es das erste Thema heute, worüber sie nicht stritten. „Und essen."
Ein erleichtertes Lächeln zeigte sich auf Harrys Lippen. „Ich habe noch Essen. Von heute Mittag."
Draco's Mundwinkel wanderten noch weiter nach oben. Es war nicht zu übersehen, dass er sich ein wenig entspannte und wieder lockerer wurde.
Als er aber bemerkte, dass Harry sitzen blieb, während er bereits die Küche ansteuerte, beschwerte er sich.
„Kommst du mit?"
„Kannst du das nicht alleine?"
„Doch! Aber vielleicht möchte ich meinen Freund bei mir haben."
„Deinen Fr-"
Harry brach ab und blickte zu dem Slytherin auf, der sich zu ihm herumdrehte und zu ihm herunter sah.
„Ja, Harry. Meinen Freund. Ich weiß, dass wir häufig Streit haben oder diskutieren, und ich weiß, dass ich kompliziert bin, aber das ändert nichts an meinen Gefühlen für dich. Verdammt, wir hatten letzte Nacht Sex! Und für mich war das viel mehr als nur eine einmalige Sache!"
„F-Für mich doch a-auch."
Ein Schmunzeln breitete sich auch Draco's Lippen aus. Dann griff er nach Harrys Hand und zog ihn von der Couch hoch.
„Wir reden im Bett in Ruhe darüber, okay? Ordne deine Gedanken und dann reden wir, denn gerade bist du offenbar richtig durch den Wind."
„Ich bin nicht durch den Wind. Ich bin überrascht."
„Trotzdem..."
„Aber-"
„Nein, Harry! Das ist wirklich ein Thema, über das ich in Ruhe mit dir sprechen will. Es ist mir wichtig und würdest du dasselbe sagen, würde ich es einsehen und warten."
Harry senkte seinen Kopf. „Wir reden später", nuschelte er. Obwohl er eigentlich immer der Mutige war, war er jetzt doch ein wenig schüchtern und fühlte sich richtig unwohl in seiner Haut.
„Angst, Potter?", fragte Draco und Harry konnte eindeutig das Grinsen heraushören. Er wusste genau, worauf Draco anspielte. Auf das zweite Jahr, das Duell zwischen ihnen. Nur klang Draco's Stimme jetzt sehr viel liebenswürdiger.
„Träum weiter", erwiderte Harry schwach. „Das kannst du besser! Nein, ernsthaft. Du brauchst keine Angst haben oder nervös sein, was auch immer. Ich habe dir eh schon gesagt, dass ich Gefühle für dich habe. Ich meine... sonst würden wir nicht so viel Zeit miteinander verbringen. Es ist einfach eine Sache, die mich selbst nervös macht und ich will es nicht einfach zwischendrin klären, sondern in Ruhe."
Harry gab ein kaum erkennbares Nicken von sich.
„Ich habe mir Nudeln mit Soße gemacht, steht im Kühlschrank", nuschelte Harry. Seit wann war er so schüchtern? War es wegen Draco?
Wenn Draco Harry so unterdrückte, dann war es doch gar keine richtige Beziehung oder Freundschaft.
„Nudeln? Soße? Was ist das, Potter?"
„Naja... Nudeln und Soße halt. Ist schwer zu erklären, aber ich habe es geliebt."
Nein, Draco unterdrückte ihn nicht. Harry stand sich nur selber im Weg.
Draco ging in die Küche, Harry folgte ihm. Während Draco sich etwas auftat, schaute Harry ihm über die Schulter. „Du auch", sagte Draco bestimmend.
„Nein, ich hatte schon, du kannst aufessen."
„So viel esse ich doch gar nicht! Außerdem sehe ich es in deinen Augen, du willst auch etwas haben."
„Gar nicht wa-"
„Wirklich, Harry... nimm dir doch einfach den Rest, freu dich und hör auf zu diskutieren."
„Dray..."
„Potter...", äffte Draco ihm nach und seine Lippen verzogen sich zu einem charmanten Lächeln. „Wenn du dir nichts nimmst, dann tu ich dir einfach etwas auf!"
Seufzend gab Harry nach und ließ protestierend auf den Stuhl sinken. „Dann tu mir halt was auf."
„Mach ich auch! Und du wirst es essen!"
Damit war die Diskussion beendet. Harry beobachtete schweigend, wie Draco das Essen aufteilte und beides mit einem Zauberspruch erwärmte. Sie aßen und schwiegen größtenteils, was Harry wirklich fertig machte. Es war einfach anders, so anders als in den Sommerferien. Harry leerte seinen Teller und stand dann auf. Nachdem er das schmutzige Geschirr in das Abwaschbecken gelegt hatte, ging er ins Wohnzimmer und trat ans Fenster heran. Im Moment brauchte er einfach Ablenkung, frische Luft, fröhliche Menschen, die er auf der Straße beobachten konnte. Aber dort war nichts dergleichen zu sehen. Die Straßen waren wie leergefegt, die Luft wirkte nebelig und das einzige, was Harry auf der Straße entdeckte, waren drei Männer, die in schwarze Anzüge gehüllt waren, einen viel zu großen Hut trugen, der bei jedem das halbe Gesicht bedeckte und deren Blicke direkt auf dieses Haus gerichtet waren.
„Ehm... Dray.... Ich glaube, das solltest du dir ansehen! Das ist nicht normal..."
Innerlich hatte er bereits mit einer leichtfertigen Antwort gerechnet, aber innerhalb von Sekunden stand Draco neben ihm und blickte aus dem Fenster.
„Scheiße! Scheiße, Scheiße, Scheiße", fluchte er leise und griff fest nach Harry's Hand.
„Du tust jetzt genau, was ich dir sage!"
Noch bevor Harry antworten konnte, spürte er, wie ihm der Boden unter den Füßen weggerissen wurde, sie apparierten.
„Du wirst hierbleiben, auf mich warten."
Der Gryffindor blinzelte, sah aber nichts als leere Räume.
„Richte es ein. Ich lasse dir freie Wahl, solange du kein hässliches Rot verwendest! Ich muss gehen, ich werde das klären. Warte nicht auf mich. Ich komm irgendwann her. Und bevor du fragst: Nein ich habe das versprochene Gespräch nicht vergessen. Wir werden es führen!"
Bestimmend packte er den Gryffindor ins Shirt und zog ihn an sich heran. Er blickte in die grünen, schimmernden Augen und erst dann legte er seine Lippen auf Harrys. Nur kurz. „Schlaf gut, Harry. Ich weiß, es ist scheiße, aber immerhin wirst du neben mir aufwachen."

Love is war [Drarry]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt