blister II

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Die nächsten Tage waren wie ein tödlicher Kreislauf für Simon - mit viel zu wenig Schlaf aufwachen, Drogen nehmen, kaum etwas essen, weinen, viel zu spät einschlafen. Am vierten Tag beschloss er aber, sich endlich aufzuraffen, denn er konnte Finja ja nicht ewig hinterher trauern. Er raffte sich also auf und verließ endlich wieder seine Wohnung, um etwas frische Luft zu schnappen.  

Gerade als Simon einen Park in seiner Nähe betrat, ging, wie hätte es anders sein können, Finja an ihm vorbei. Er zuckte kurz zusammen und drehte sich um. So sah er, dass auch sie sich zu ihm umgedreht hatte. Mehrere Minuten starrten sie sich an, doch sie redeten keinen Ton mehr miteinander. Ihm standen schon wieder Tränen in den Augen, warum hatte sie ihm das angetan? Er brauchte sie doch.

"Du triffst mich nachts,
leider ist alles vorbei,
wir reden keinen Ton mehr,
wir reden keinen Ton mehr,
ich will dich nochmal treffen und es neu versuchen,
wir reden keinen Ton mehr."

Nur sie war der Grund, weshalb Simon sich nicht eingestehen musste wer er war, der Grund weshalb er sich keine Gedanken über seine Sexualität machen musste. Denn er hatte schon früher gemerkt, dass ihn sein eigenes Geschlecht mehr interessierte, als das weibliche. Doch Finja war immer der Grund gewesen, weshalb er diesen Fakt verdrängen konnte, immerhin hatte er dann ja eine Freundin und war somit vollkommen hetero, oder? 

Immer mehr Tränen flossen ihm über seine Wangen, während sich immer mehr Erinnerungen in Simons Kopf schlichen, doch Finja sah ihn nur kalt an. Er drehte sich schnell weg und ging weiter, er wollte nur noch weg von ihr.

Simon verbrachte noch einige Minuten im Park, bis er es nicht mehr aushielt und zurück nach Hause ging. Das Erste, was er dort tat, war an seine Schublade mit allen möglichen Drogen zu gehen.
Er griff einfach hinein und nahm einige Tabletten heraus. Simon saß so lange vor seinem Regal, bis er wieder die Wirkung der Drogen spürte.
Daraufhin stand er langsam auf und began die Bilder von Finja und ihm von seiner Wand zu reißen und setzte sich mit ihnen an seinen Schreibtisch. Dort lag auch noch der noch nicht ganz fertige Song "blister", welchen er nun fortsetzte. 

"Für dich bin ich alles, was du willst,
diese Drogen geben dir nicht was du brauchst,
ich will mit dir durch die Städte gehen,
mit dir alles erleben"

Während er auf die Bilder sah, brachte er einen weiteren Vers zustande.

"Ich seh' dich wieder vor mir stehen,
du denkst vielleicht ist es nur'n Film für mich,
ich will dich nochmals alleine sehen,
und dieses mal ohne Medicine"

Simon brauchte einige Minuten, bis er sich wieder beruhigt hatte, da ihm wieder die Tränen kamen. Er wollte nicht, dass so etwas nochmal passierte, weshalb er sich sein Feuerzeug nahm und jedes einzelne Bild von Finja und ihm verbrannte. Er war irgendwie ein befreiendes Gefühl zu sehen, wie sich die Flamme langsam über dem Gesicht seiner Ex ausbreitete, wie ihr Gesicht langsam neben seinem verschwand und die Asche dann auf seinen Schreibtisch niederfiel. 

Simon merkte, wie seine Augen langsam schwer wurden, er sollte wohl echt mal schlafen gehen, da Schlafmangel seinen Zustand in keinem Fall bessern würde und er außerdem dann seinen Kopf für ein paar Stunden abschalten konnte.
Er zog sich also bis auf die Boxershorts aus und warf sich einen kuscheligen Oversizepullover über, mit dem er sich dann in sein Bett legte. Gerade als Simon die Augen schloss, sah er Finja vor sich, weswegen er sie schnell wieder aufriss. Er seufzte auf, wollte Finja ihn jetzt auch noch im Schlaf verfolgen? 

Nach einigen weiteren missglückten Versuchen sah er ein, dass er im Moment wohl nicht schlafen könnte.

kiss me slow || slowbrickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt