„steh auf!", werde ich mitten in der Nacht aus meinem Schlaf - nicht wirklich sanft - geweckt. Ich schrecke kurz auf und strecke mich, um mich erstmal orientieren zu können. Als ich in diese mich immer wieder aufs neue faszinierenden Augen blicke, die durch das Mondlicht in Erscheinung treten, weiten sich meine Augen und ich sehe ihn fragend an. Er merkt mir meine Verwirrung und Überrumpelung an und weiß, dass keine Reaktion von mir kommen wird. Er schnaubt kurz und zieht mich grob aus dem Bett aber passt diesmal bedacht auf, dass es mich nicht hinhaut.
„du wirst jetzt einen meiner Männer behandeln müssen! Er wurde angeschossen.", erklärt er kurz. Man merkt ihm seine Anspannung an.
„wo angeschossen?", frage ich, lasse mich aber mitziehen. Währenddessen kann ich mir ein kurzes Gähnen nicht verkneifen. Viel zu sehr bin ich noch müde.
„weiß nicht. Die bringen ihn grad hier her. Müssten gleich da sein also frag jetzt nichts mehr und mach einfach deine Arbeit!", damit lässt er mich in diesem mir bekannten Raum alleine stehen.
Das hier alles macht mich aufeinmal hellwach. Man würde denken ich habe noch gar nicht geschlafen heute. Plötzlich kommen unmittelbar diese ganzen Geschehnisse vom ersten Tag hier wie Flashbacks vor meine Augen. Sofort läuft es mir den Rücken kalt runter und mir wird übel. Der Tag an dem...Onur umgebracht wurde. Einfach so. Nur weil wir einen seiner Männer nicht auf medizinischem Wege retten konnten.
War das fair? Wieso kann man sich mit seinem Schicksal - egal ob tragisch oder glücklich - nicht anfreunden oder es zumindest akzeptieren? Müssen deswegen automatisch andere Menschen mit in den Tod?
Außerdem wollte er nicht, dass der Mann ins Krankenhaus gebracht wird. Dieser ömer war doch von Anfang an für den Tod seines Mannes Schuld. Es war einfach jede Hilfe hier in diesem, nichtmal annähernd so gut wie in einem Krankenhaus ausgestatteten, Raum zu spät für diesen Mann. Da könnten nicht einmal die besten Ärzte der Welt etwas dran ändern. Wieso kann man das nicht verstehen? Wieso kann es dieser Mörder nicht verstehen? Ich spüre eine lauwarme Träne meine Wange runterkulllern als ich mich dem OP-Tisch nähere, um die Instrumente auf dem Beistelltisch zu desinfizieren und sterilisieren. Mit zittrigen Händen nehme ich die Pipette in die Hand.
„beruhig dich, wir schaffen das. Versuch nur eine ruhige Hand zu bewahren. Ich will nämlich noch nicht sterben!"
Diese Wörter hallen plötzlich laut in meinem Kopf, weswegen ich mein Gesicht schmerzvoll verziehe. Mein Herz schmerzt verdammt und wieder spüre ich nichts anderes als Schuldgefühle. Ich komme mit der Situation einfach nicht klar. Es macht mich jedesmal fertig. Genau derjenige, der alles versucht hat um nicht zu sterben, konnte dem Tod nicht entkommen. Stattdessen lebe ich noch. Ist das wirklich fair? Nein ist es nicht. Es tut mir so unendlich leid, Onur....
Plötzlich geht die Tür des Raumes auf. Die Männer bringen den Verletzten tragend in meine Richtung. Hinter ihnen taucht ömer auf. Während ich meine Tränen schnell wegwische und einen weiteren Schluchzer versuche zu unterdrücken, legen sie ihn auf den OP-Tisch ab.
„diesmal rettest du ihn. Hast du mich verstanden?", droht er tief und nähert sich mir. Dabei wirkt er wieder so unberechenbar. Mir fällt sein schwarzes Outfit auf, bestehend aus einer grauschwarzen Jeans und einem schwarzen Nike-Hoodie und drunter schwarze Nike-Sneaker, der im Kontrast zu meinem weiß-hellgrau gemischten Pyjama mit einer hellgrauen kuschelhose und einem weißen Langarmshirt steht.
„dann verschwindet! Ich kann mich bei so vielen Orang-Utans im Raum nicht konzentrieren.", fordere ich sie mit noch leicht verheulter Stimme auf. Auf mir sitzt ein unheimlich großer Druck und deswegen denke ich, kann ich mit diesem besser umgehen, wenn ich alleine mit dem Patienten in einem Raum bin. Dann würde ich nämlich versuchen die Umstände hier in diesem Gefängnis und alles drum und dran auszublenden und mich auf den Verletzten konzentrieren, so wie ich es auch immer im Krankenhaus in jeglichen Stresssituationen geschickt gemeistert habe.
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ÖMRA
RomanceDie lebensfrohe und leidenschaftliche Chirurgin Sahra (Auspr.: Sachra) Sayer rettet Leben und sieht das Leben als eine Art Busfahrt, die an verschiedenen Haltestellen hält und dabei verschiedene Situationen einsteigen. Für sie gibt es kein erbarmung...