11. Kapitel

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Onur ist doch tot? Das kann nicht sein! Halluziniere ich schon mittlerweile?

Ich betätige den Knopf und mein Fenster lässt sich automatisch nach unten schieben. Ich schau nochmal so um mich wirklich zu 100% zu vergewissern. Als er sich mit seiner vorderen Statur dann auch noch genau in meine Richtung dreht und gerade dabei mit jemanden in ein Gespräch verwickelt ist, lässt dies mein Herz schneller schlagen.

„Onur?", kommt hauchend von mir. Ich halte geschockt meine Hände vor mein Mund. Wie kann das sein? Ömer hat ihn doch umbringen lassen?!

„was murmelst du vor dich hin Mädchen?", sagt Ömer gelangweilt mit dem Blick gerade aus und betätigt ein Knopf, sodass mein Fenster wieder nach oben geschoben wird.

„halt an! Ich muss zu ihm!", kommt nur aufgebracht von mir. Ich schnalle mich einfach ab.

„zu wem?", ich spüre seine fragenden Blicke von der Seite auf mir.

„Onur!", wiederhole ich und sehe hinter zu ihm.

„nein!", gibt ömer nur kühl von sich und sieht aufeinmal angespannt aus. Dabei hat er das Lenkrad mit seinen großen gepflegten Händen so stark umfasst, dass seine Adern deutlich zu sehen sind.

„halt an verdammt!!!!", schreie ich ihn von der Seite an und kann ein Schluchzer nicht unterdrücken. Ich fasse an sein rechten Arm und schüttel es verzweifelt, in der Hoffnung es bewirkt etwas. Ömer hingegen ignoriert mich und denkt gar nichtmal dran anzuhalten. Ganz im Gegenteil er erhöht plötzlich sein Tempo. 220 km/h zeigt sein Tachometer mittlerweile an und erhöht sich immer mehr. Mir wird mulmig und Angst macht sich in mir breit.

„Ömer halt an bitte! Ich flehe dich an.", flehe ich ihn verzweifelt an, denn sofort schießen mir die Bilder von dem Autounfall, den ich als ich noch klein war, miterleben musste vor die Augen. Meine Eltern, ich und meine Cousine. Wir alle waren schwer verletzt und mussten lange Zeit im Krankenhaus behandelt werden. Seitdem kann ich hohe Geschwindigkeiten allgemein nicht ab und breche sofort in Panik aus. Ein Zeichen, dass ich dieses Trauma bislang noch nicht wirklich verarbeiten konnte.

„HALT AN HAB ICH GESAGT!", kreische ich heulend und halte meine Hände vor mein Gesicht. Ich weine mir die Seele aus und hole mittlerweile auch schon schwer Luft. Ich zittere am ganzen Leib verfolgt mit der Angst, jederzeit ein Unfall zu machen.

Plötzlich kommt das Auto zum Stehen. Sofort nehme ich meine Hände vom Gesicht und schaue nach vorne. Wir befinden uns am Ufer eines großen weiten Sees. Hier ist weit und breit niemand, nur Grünfläche und paar Enten, die sich am Ufer niedergelassen haben. Immernoch zittere ich leicht, habe mich jedoch etwas beruhigt. Keiner sagt etwas.

„w-as machen wir hier?", stotter ich dann doch und trockne mein Gesicht mit meinem Ärmel.

„Steig aus!", fordert er mich auf und macht den Anfang. Ich sehe ihm kurz hinter her und merke, wie er sich dem Ufer nähert. Dabei fährt er sich nachdenklich durch sein Gesicht und sieht in die Weite hinaus. Schnaubend steige ich aus und nähere mich ihm mit kleinen Schritten. Neben ihm schaue ich ebenfalls in die Ferne und keiner spricht zuerst.

„hat dein Fluchtplan doch nicht geklappt?", höre ich ihn schadenfroh mit einem verachtenden Ton plötzlich sagen.

„was?"

„wieso bringst du Elif genau in dein Krankenhaus? Ha? Wolltest du von deinen Kollegen Hilfe und so abhauen?", präzisiert er seine Frage. Ich spüre seine Blicke kurz. Dann dreht er sich wieder zum See und schmeißt ein Stein in die Ferne, welcher beim Zusammentreffen mit dem Wasser kurz einen Ton gibt und dann komplett im Wasser verschwindet.

„Ömer, was redest du da?! Mein Krankenhaus ist von der Stadt am nächsten und da ihre fruchtblase schon geplatzt war musste ich, als Ärztin, schnell handeln! Ich wollte keine Risiken eingehen! An abhauen oder sowas habe ich nichtmal gedacht! Ist das der Grund für deine Wut?", empört gucke ich zu ihm rüber und bemerke, dass seine Gesicht immernoch Wut ausstrahlt.

ÖMRAWo Geschichten leben. Entdecke jetzt