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Unbeholfen trat ich ein paar Schritte nach hinten, hätte Jongin mich nicht festgehalten, dann hätte ich uns wahrscheinlich verraten. Ich war sprachlos. Geschockt. War es wirklich wahr? War ich wirklich nur ein Forschungsobjekt? Hatten unsere Eltern sich wirklich umgebracht? Sehun hatte es gesehen... musste dabei zusehen, wie Sie sich umbrachten... Deswegen ekelte Sehun sich so vor Blut... und war auch deswegen immer so kalt und abweisend. Nun konnte ich Sehun verstehen. Ich konnte ihn endlich verstehen. Er hat immer auf mich aufgepasst, nur dank ihm ging es mir noch immer gut. Nun verstand ich auch, warum wir uns so gestritten hatten, er wollte mich immer nur beschützen... All die Jahre hatte er nichts anderes getan, als mich zu schützen. Ich hatte, wie Sehun schon gesagt hatte, alles vergessen und verdrängt... Diese Menschen, die auch ich all die Jahre für meine Eltern gehalten hatte, hatten mir nichts mehr angetan, dank Sehun. Sie wussten nicht, wo ich war und wie es mir ging. Sie wussten nicht, dass ich hier war, Sie vermuteten es nur... Sehun versuchte mich weiterhin vor ihnen zu schützen.
- „Glaubst du, irgendwer würde dir glauben? Dir, einem „Monster", das schon vor Jahren für Tod erklärt wurde?" -
Die dunkle Stimme des Mannes, denn ich Jahre lang für meinen Vater hielt, riss mich aus meinen Gedanken.
„Lim erinnert sich! Sie erinnert sich an immer mehr! Ich weiß, dass sie wegen euch den Hang hinabgestürzt ist... Sie fing an sich zu erinnern, sie fand heraus, dass ihr gelogen habt... Sie fing an sich zu wehren, hab' nicht ich recht? Aber sie erinnert sich, sie erinnert sich fast an alles, sie will sich erinnern!", knurrte Sehun, ich konnte deutlich erkennen, wie er sich langsam wieder verwandelte. Er hatte einen Fehler gemacht, dass wusste er. Sehun hatte mich erwähnt, was bedeutete, dass er wusste wo ich war. Aus diesem Grund verwandelte er sich. Außerdem wusste er, dass ich hier war und ihm zugehört hatte. Sicherlich hatte er mich gerochen. Jongin bemerkt, dass ich unruhig wurde, da er mich leicht hinter sich schob, machte sich so bereit Sehun zu helfe, sollte es nötig sein. Ich selbst hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Ich sollte gehen, das wusste ich, doch ich bewegte mich nicht. Durch Unachtsamkeit hätte ich mich verraten können. In diesem Moment hatte ich Angst. Angst um Sehun und um mich. Angst um Jongin und die anderen.
- „Wir werden sie finden! Sie! Dich und all deine Freunde!" -
Knurrend sprang Sehun auf diese Menschen zu, Jongin folgte ihm, verwandelte sich im Sprung, sodass der weiß-schwarze Wolf kurz hinter Sehun landete. Bedrohlich knurrend baute Sehun sich zusammen mit Jongin vor den Menschen auf, die einst meine und Sehuns Eltern waren.
- „Weißt du, eigentlich wollten wir euch erst später töten... Aber du störst!" -
Der Mann zog eine Waffe hinter seinem Rücken hervor, zielte direkt auf Sehun. Ohne wirklich darüber nachzudenken, was ich tat nahm ich ein paar kleine Steine, rannte so leise wie möglich zu einer anderen Stelle, von wo aus ich den ersten Stein schmiss. Ich traf seinen Fuß, ehe ich so unauffällig wie möglich weiter lief und den nächsten Stein schmiss. Er hatte sich leicht in die Richtung gedreht, aus der ich zuerst geworfen hatte. Dieses Mal traf ich seinen Arm, woraufhin er leise zischte. So leise ich konnte lief ich zu meinem Anfangsversteck hinter dem Baum. Dieses Mal schmiss ich gleich fünf Steine mit mal. Durch Zufall flogen Sie etwas auseinander, wodurch es aussah, als seien sie aus verschiedenen Richtungen gekommen. Die Leute, die mich ein Leben lang belogen hatten, verschränkten zum Schutz ihre Arme vor ihren Köpfen. Erneut schmiss ich Steine.
Ich wusste nicht, was ich mir mit dieser Aktion erhofft hatte. Derjenige, der einst mein Vater war, zielte zwar nicht mehr auf Sehun. Er zielte in meine Richtung und schoss auch kaum eine Sekunde später. Nur knapp verfehlte mich die Kugel, blieb im Baum vor mir stecken. Sehun stieß daraufhin ein kurzes, aber lautes Heulen aus. Jongin wiederum stürmte, sobald der Schuss fiel, auf die beiden zu, stieß Sie um. Ich ließ mich währenddessen an meinem Baum hinabgleiten, versuchte dann meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen.
> Die Kugel hatte mich nur um ein Haar verfehlt... <
Ich wusste, dass ich zu unvorsichtig war, aber ich musste Sehun helfen, was hätte ich sonst tun sollen?
Ein erneuter Schuss ließ mich zusammenzucken. Für einen kurzen Moment blieb mein Herz stehen, ehe ich es wagte aus meinem Versteck etwas hervor zu kommen, um auf die Lichtung vor mir sehen zu können. Die Frau, die ich einst meine Mutter nannte, sah ihren Gefährten geschockt an, der sich vor Schmerzen auf dem Boden liegend sein Bein hielt. Überrascht sah ich zu Sehun und Jongin. Sehun, wieder in seiner Menschlichen Gestalt, hielt die Waffe, die noch vor wenigen Minuten der verletzte, blutende Mann am Boden auf ihn gerichtet hatte. Jongin war noch immer ein Wolf, stand nicht mal einen halben Meter neben dem verletzten. Erleichtert darüber, dass es beiden gut ging ließ ich mich, ohne jegliche bedenken, auf die Knie singen. Ein Ast knackte daraufhin unter meinen Knien, hätte mich sicherlich in diesem Moment verraten, wären nicht in diesem Augenblick Kris und zwei weitere Wölfe aus dem Gebüsch gesprungen. Der eine dunkelbraun, der andere grau. Sie begaben sich zu Sehun, sahen auf das Häufchen Elend vor ihnen herab. Bedrohlich knurrend trat Kris hervor, drückte den verletzten Mann mit einer seiner mächtigen Vorderpfoten weiter zu Boden. Er flechte seine Zähne, kam dem Gesicht des am Boden liegenden gefährlich nahe, ehe er neben sein Gesicht schnappte, als Wahrung. Er wandte sich daraufhin wieder von ihm ab. Stockend ließ ich die Luft aus meinen Lungen, als ich das Geschehen für mir beobachtete.
Ein stupser gegen meine Schulter ließ mich vor schreck zusammenzucken. Erschrocken sah ich nach rechts, wo ich den braunen Wolf ausmachte, der mich nur mit seiner bloßen Anwesenheit beruhigte. Beruhigt ließ ich mich gegen den Baum fallen, ehe ich meine Hand nach ihm ausstreckte. Kurz leckte er mir über die Hand, anschließend schob er seinen Kopf etwas unter meinen Arm und versuchte mich so etwas hoch zu ziehen. Ich verstand, was er von mir wollte und stand auf, daraufhin bückte er sich etwas. Misstrauisch sah ich ihn deshalb an, ehe ich leise fragte: „Ich soll auf deinen Rücken steigen? Bin ich nicht zu schwer?" Der Wolf sah in meine Richtung, sah mich mit einem Blick an, der mir so viel sagen sollte wie, ob verrückt wäre. Der Wolf schnaubte kurz, ehe er mir verdeutlichte, dass ich endlich aufsteigen sollte.
Ergeben seufzend stieg ich auf seinen Rücken, versuchte mich unbeholfen an ihm fest zu halten, als er sich wieder aufrecht hinstellte. Ich lehnte mich soweit ich konnte mit dem Oberkörper nach vorne, dass ich schon halb auf ihm lag, krallte mich dabei leicht in seinem Fell fest, da ich nicht herunterfallen wollte. Langsam ging der Wolf, mit mir auf seinem Rücken, zu Sehun, Jongin und Kris. Ich presste mich noch stärker auf seinen Rücken, damit mich niemand unerwünschtes mit entdecken würde. Wahrscheinlich stellte sich Jongin auch aus diesem Grund neben uns, während sich der graue Wolf vor uns stellte. Sehun kletterte währenddessen auf den Rücken des grauen Wolfs. Kurz sah er zu mir, doch ich konnte seinen Blick nicht deuten. Er wirkte so traurig und doch leer, weshalb ich beschloss Sehun später um eine Erklärung zu beten. Auch wenn er mir schon indirekt vieles erklärt hatte, hatte ich noch so viele Fragen, die er mir hoffentlich beantworten könnte.
Kris stieß ein letztes tiefes, warnendes knurren aus, ehe er voraus in den Wald stürmte, die anderen folgten ihm sofort, begaben sich dann gemeinsam auf den Weg zurück zur Höhle. Erschöpft und, wegen der Kälte leicht zitternd, vergrub ich mein Gesicht in dem Fell des braunen Wolfes. Ich ließ das eben Geschehene noch einmal Revue passieren. War es wirklich alles wahr, was Sehun erzählt hatte? War ich für diese Menschen wirklich nur ein Forschungsobjekt gewesen? Wie konnte ich nur alles verdrängen und sogar meine eigenen, leiblichen Eltern vergessen? Ich wusste einfach nicht mehr, was wahr und was falsch war. Und je mehr ich versuchte mich zu erinnern, umso schlimmer wurden meine Kopfschmerzen, doch ich wollte nicht aufgeben. Ich wollte mich um jeden Preis erinnern. In meinem Gedächtnis war eine riesige Lücke, die ich füllen wollte. Füllen mit Erinnerungen meiner Kindheit. Wenn ich mich an meine Kindheit zurückerinnerte, war das Erste an, dass ich mich erinnern könnte Sehuns 9. Geburtstag und meinen 6. Geburtstag. Ich konnte mich an keine Kindergartenzeit oder eine wirkliche Einschulung erinnern. Sehun und ich kamen den gleichen Tag in die Schule, er in die 3. Klasse und ich in die 1. Klasse, aber das mitten im Jahr. Ich konnte mich auch an keine weiteren Verwandten, wie Großeltern, Onkel oder Tante erinnern. Es hieß immer meine Großeltern wären schon früh verstorben. Ich konnte mich nicht mal an Freunde meiner „Falschen Eltern" erinnern. Da waren immer nur Sie... und natürlich Sehun, der fast nie von meiner Seite gewichen war und seine, beziehungsweise unsere Freunde.
Meine wirren Gedanken wurden unterbrochen, als sich etwas Warmes, weichen auf meinen vor Kälte zitternden Körper legte. Es war eine Jacke, wie ich durch einen kleinen Spalt meiner halb geöffneten, müden Augen ausmachen konnte. Wenn mich nicht alles täuschte war es Sehuns Jacke. Mich beruhigte es sofort zu wissen, dass Sehun immer noch auf mich Acht gab und sich um mich sorgte. Es gab mir so vertraut vor, gab mir das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Für einen Moment dachte ich an nichts weiter, als dieses vertraute Gefühl und genoss es. Zu lange hatte ich keine Zuneigung mehr herhalten, nicht seitdem Sehun und die Jungs fort waren. Ich hatte Sie so vermisst. Jeden von ihnen. Besonders aber Kris, liebte ich ihn doch. Sehun, war er doch mein Bruder und wahrscheinlich meine einzige richtige Verwandtschaft. Jongin und Chanyeol, die schnell meine besten Freunde wurden und mich immer verstanden hatten. Joonmyeon, ein wahrer Vaterersatz... Yixing, etwas komisch, stehts verwirrt aber immer mit einem Lächeln auf den Lippen. Luhan, der Teufel in Person, der mit Yixing zusammen das reine Böse verkörpert. Baekhyun, laut aber treu und ehrlich. Jongdae, sehr komisch, aber humorvoll, immer sofort zur Stelle, um einen aufzuheitern. Minseok, so niedlich er auch aussah, passte er doch immer auf einen auf, wie eine fürsorgliche Mutter. Zitao, sehr sensibel, aber warmherzig. Kyungsoo, war er doch mehr als jemand, der einen nur bekochte. Sie alle zusammen waren meine wahre Familie. Der Gedanke an die Jungs beruhigte mich, sodass ich bald einschlief und für einen kurzen Moment alles vergaß.
Ich wusste nicht, wie lange ich geschlafen hatte, aber als ich die Höhle verließ war es draußen wieder hell. Geblendet von der Sonne hielt ich mir schützend eine Hand vor die Augen. Blinzelnd gewöhnte ich mich langsam an die Helligkeit, ehe ich mich langsam zu den Jungs begab, mich zu ihnen ans Feuer setzte. Abwartend sahen mich die Jungs an, hätten aufgehört sich zu Unterhalten. Ich wusste, dass Sie auf all meine Fragen warteten, die ich schon die ganze Zeit über stellen wollte. Doch ich war mir nicht sicher, ob ich meine Fragen wirklich stellen sollte, geschweige denn, wo und wie ich anfangen sollte. Ein seufzen verließ meine Lippen, ehe ich beschloss die Frage als erstes zu stellen, die mich am meisten beschäftigte. „Ist es wahr? Ist es wirklich alles wahr, Sehun?", fragend sah ich ihn an, wollte es noch immer nicht wahrhaben, dass diese Menschen so grausam waren, dass Sie zu so etwas fähig waren. Für einen Moment sah er mir emotionslos in die Augen, ehe er seufzte, dabei den Kopf abwandte. „Ich wünschte es wäre nicht so...", antwortete er mir, konnte mir dabei nicht ins Gesicht sehen. Für mich brach derweil eine Welt zusammen. Obwohl Sehun es gestern schon erwähnt hatte war es doch etwas anderes, eine Bestätigung zu erhalten. Bemüht ruhig atmete ich tief ein und wieder auf, bevor ich forderte: „Erklär es mir! Erklär mir alles!" „Da gibt es nicht mehr viel zu erklären, das meiste hast du gestern schon erfahren... Wie gesagt, du hattest einfach alles so lange verdrängt, bis du es schließlich vergessen hast. Du hast unsere Eltern vergessen. Du hast einfach alles vergessen. Nach jedem Experiment... du hast es einfach durch Verdrängung vergessen. Ich konnte dir nicht helfen... das konnte ich nie. Ich hörte dich jedes Mal vor Schmerzen schreien... Irgendwann fing ich deswegen an die Menschen zu hassen, bis ich schließlich die Jungs kennen lernte. Ich wusste nicht, dass ich ein Wolf war. Ich bin zwar in meiner Wolfsform auf die Welt gekommen, doch es dauert, bis man sich verwandeln kann. Und, da ich nie mit anderen Wolfsmenschen zusammengelebt hatte, wo ich hätte sehen können wie das geht, hatte ich es einfach vergessen gehabt. Durch die Jungs fand ich erst alles heraus. Durch meine erste volle Verwandlung konnte ich mich an alles erinnern und uns war sofort klar, dass wir dich um jeden Preis schützen mussten. Nachdem wir fort waren konnten Sie dir nichts antun. Ich hatte dir zwar hinweise hinterlassen, doch du warst so sehr am Trauern um uns, dass du dich zurückgezogen hattest, wodurch Sie dir nichts tun konnten. Du hattest angefangen dich zu erinnern, du hattest angefangen an ihnen zu zweifeln. All die Zeit hatte ich dich über beobachtet..."
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A Dream? - it's the real life
Werewolf„Wo bist du nur?" Diese Frage stellte sich ein junges Mädchen, das ihren Tod geglaubten Bruder Sucht dabei macht sie mehrer erschreckende Entdeckungen und findet Dinge über sich und ihren Bruder heraus die sie nur aus Märchen kannte. Begleitet wird...