21. Kapitel

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P.o.v. Ylva
Nachdenklich starrte ich auf sie Mauer, welche einfach nur da stand, nichts tat.
Wow.
War ja auch eine Wand.
Was sollte diese denn machen, was erwartete ich bitte?
Und was kam als Nächstes?
Das die Wand sprechen kann?
Okaaaay, das war etwas weird was ich da dachte.
Nachdenklich glitten meine Hände in meine Pulli Taschen.
Zwischen meinen Fingern konnte ich einen wohlbekannten Gegenstand fassen.
Leise seufzte ich.
Wer wäre ich ohne dieser Kette?
Jedenfalls nicht die Ylva, die alle kannten.
Nicht die, die die Leute aus der Klasse kannten.
Nicht die, die Archie kannte.
Nicht die, die Pax kannte.
Ich wäre nicht einmal hier im Internat...
Wieder seufzte ich in Gedanken versunken.
Was war mit Pax los?
Was hatte ich ihm getan?
Eine Träne lief über meine Wange.
Pax. Gib dem Frieden Freiheit.
Pax. Gib dem Frieden Hoffnung.
Pax. Gib dem Frieden Ruhe.
Pax. Gib dem Frieden Frieden.

Langsam stand ich auf, lief zum Fenster, und öffnete es.
Kalte Luft umströmte mich, der Winter schien bald anzufangen.
Es wirkte alles so eingefroren.
Nichts bewegte sich.
Kein einziges Geräusch war zu hören.
Einfach nichts.
Die Zeit schien still zu stehen, nichts schien mehr voran zu gehen.
Es schien einfach alles still zu stehen.
Es schien alles für immer zu sein.
Doch wollte ich das?
Wollte ich, das Pax sich die ganze Zeit über scheiße fühlt?
Wollte ich, das ich selbst mich schlecht fühlte, da es ihm schlecht ging?
Ich wusste es nicht.
Ich konnte diese Fragen nicht beantworten.

Wieder seufzte ich.
Fest umschloss ich den Anhänger der Kette in der Pullitasche mit meiner Hand.
Es gab mir ein wenig Kraft.
Diese Kette, die ich von meiner Mutter bekommen hatte und überall hin mitnahm, sie immer um meinen Hals legte, oder zumindest bei mir hatte.

Doch meine Gedanken wurden unterbrochen, da die Tür aufgerissenen, und wieder zugeschlagen wurde.
Kurz darauf spürte ich etwas Warmes neben mir.
Langsam drehte ich meinen Kopf in diese Richtung, und ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen.
Rote Wuschelhaare, grüne Augen, minztürkiser Pulli, senfgelbes Hemd.
Das konnte nur einer sein.
Archie.
Er sah, wie ich eben, nachdenklich aus dem Fenster.
So drehte ich meinen Kopf ebenfalls wieder in diese Richtung, seufzte leise, und blickte nach draußen.
Es hatte wieder zu Regnen begonnen, das Prasseln war zwar nur ganz leise, aber es war da, wurde immer lauter.
Wieder seufzte ich auf, jedoch drehte sich der Junge nicht mal nach mir um.

,, Regen ist ein phantastisches Phänomen, nicht wahr?"
Ich musste lächeln. Diese Ausdrucksweise würde er wohl nie ablegen können.
,,Ja...er gibt der Stille einen traurigen, oder nachdenklichen Klang..."
Archie schüttelte den Kopf.
,,Ich meine damit nicht die Schwingungen und Empfindungen, die ein Mensch verspürt.
Ich meinte damit, wie dieser Regen sich hier auslebt. Zuerst nichts, dann ganz leise, dann immer lauter. Und schließlich revolutioniert dieser zu einem Gewitter"
Nachdenklich lenkte ich meine Aufmerksamkeit wieder nach draußen.
Ein Blitz war für einen Bruchteil der Sekunden am Himmel zu erkennen.
Archie hatte recht gehabt, als er meinte, das es ein Gewitter geben würde...
,, Übrigens...das Aussehen deiner zartgeschmiedeten Kette ist äußerst bemerkenswert"
,,Finde ich auch", lautete meine Meinung dazu, ,, Meine Mutter hat diese Kette bei meiner Geburt machen lassen. Sie ist wunderschön, und die einzige Kette, die ich besitze"
Ich nickte lächelnd, und strich über den silbernen Anhänger.
Auch ohne das Schmuckstück zu sehen konnte ich genaustens beschreiben, wie es aussah. Die Form glich einem kleinem Amulett, hatte eine Art Rand, welcher mit kleinen Glitzersteinchen verziert war.
Innerhalb dieses Randes befanden sich ganz kleine, zierliche Arbeiten, Mond und Wiese, ebenso wie ein Baum, und ein ganz kleiner, nur durch näherem Betrachteten erkennbarer Wolf.
Zweierlei Buchstaben machten den krönenden Abschluss des Anhängers: Ein Y, welches auch den Stamm des Baumes bildete und für Ylva stand.
Das S sagte über meinen Nachnamen aus, Santos.
Ylva Santos...
Ich lächelte noch immer, war nachdenklich.

Irgendwann verabschiedete sich Archie wieder von mir, ließ mich alleine zurück.
Etwas lächelnd ließ ich meine Hände in die Jackentaschen gleiten.
Archie hatte mich wieder aufgemuntert, nur wie er einfach er selbst war.
Wir hatten noch ein wenig geredet, mehr nicht, aber es hatte mir geholfen.
Nachdenklich ließ ich meine Hände in meine Jackentasche gleiten.
Ich lehnte mich an die Wand, dachte nach.
Archie war ein wunderbarer Junge. So warmherzig, und doch so... anders.
Ich bemerkte, wie ich einen Gegenstand erfasste.
Was war das?
Ach ja, meine Kette.
Ich lächelte etwas, umschloss das zierliche Schmuckstück mit meinen Fingern.
Kraft.
Geborgenheit.
Sicherheit.
Ich lehnte mich zurück, schloss meine Augen, genoss dieses Gefühl.
Dann jedoch öffnete ich meine Augen wieder.
Mir war etwas eingefallen.
Das konnte nicht meine Kette sein.
Die hatte ich nämlich um.
Langsam holte ich das Schmuckstück hervor.
Es glich meinem, jedoch war eines anders: es war statt einem Y ein L zu sehen, und mit einer Sonne versehen, nur diese eine Verzierung.
Die Kette.
Die Kette, die ich mein Leben lang, seit ich davon weiß, gesucht hatte.
Ich wusste nur, das ich einen Bruder oder eine Schwester hatte, welcher oder welche als kleines Kind zur Adoption freigegeben wurde.
Und das diese Kette zu dieser Person führte.
Angestrengt überlegte ich, woher ich den Schmuck hatte, schlagartig fiel es mir ein.
Die Kette lag am Nachttisch, welchen Pax im Zimmer stehen hatte.
Aber wenn ihm die Kette gehörte, war Pax dann...mein Bruder?

Pax - Schwarz ist keine Farbe [✓]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt