Kapitel 4:

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Im Gebäude von SHIELD parken wir in der unteren Garage und nehmen den Aufzug hoch zur Lobby des Gebäudes, welches wieder so gut wie in Takt ist: das Dach wurde erfolgreich renoviert, aber die Inneneinrichtungen sind noch nicht vollständig abgeschlossen.

Auf mir ruhen Blicke, die ich kaum aushalten kann, aber muss. Trotzdem, diese Menschen haben jeden Grund dazu, mich so unerwünscht anzusehen, das weiß ich, aber sie könnten wenigstens so tun, als gäbe es mich nicht, denn Aufmerksamkeit ist das Letzte, was ich brauche. Ich schäme mich bis zu den Knochen, wenn ich daran denke, was ich getan habe und ich bekomme einfach nicht dieses grausame Gefühl in mir weg. Ich war ein „Assassin" und tötete im Auftrag von Hydra. Mir ist klar, dass ich höchstwahrscheinlich sehr vielen Freunden oder Bekannten das Leben genommen habe und sie waren ihre Freunde oder Arbeitskollegen, aber sie müssten doch alle wissen, dass es indirekt nicht meine Schuld ist.

Ich weiche nicht von Steves Seite weg, der immer wieder nett begrüßt wird. Manchmal denke ich mir, sich in seinem Arm zu schlingen, damit ich nicht einfach so umkippe, wie heute Morgen.

Als wir einen weiteren Aufzug auf der anderen Seite des Gebäudes nehmen, schaut Steve kurz zu mir, nachdem er das Büro des Direktors ausgewählt hat.

Als wir in dem gewünschten Stockwerk angekommen sind, deutet Steve auf die Tür direkt vorne rechts. Ich schaue ihn fragend an.

„Kommst du nicht mit?"

„Nein, ich hab' noch was zu erledigen."

Ich nicke leicht und hoffe, dass er es sich noch anders überlegt, aber nachdem ich den Aufzug verlassen habe, schließt sich die Tür und Steve fährt wieder runter. Als ich anklopfe, ruft eine bekannte, dunkele Stimme, dass ich hereinkommen darf. Langsam öffne ich die Tür und sehe durch den Spalt in den Raum, in welchem ich schon genug, als eine Handvoll Erinnerungen habe.

„Agent Sherman."

Ich öffne die Tür ein Stück weiter und betrete das Büro. Ich sage nichts und erblicke einen dunkelhäutigen Mann, mit Augenklappe, der von oben bis unten schwarz angezogen ist. Ich bin mir sicher, ihn schon mal gesehen zu haben, denn das Déjà-Vu-Gefühl geht mir einfach nicht mehr aus meinem Sinn. Und das schon seit ich in der Garage des Gebäudes bin.

Als ich die Tür hinter mir schließe, bleibe ich einige Sekunden lang mit dem Rücken zu ihm gedreht stehen und erst, als ich meinen ganzen Mut erfasst habe, gehe ich langsam auf ihn zu und versuche, nicht nervös zu wirken. Er sitzt bei seinem Büro und hält den Blick die ganze Zeit auf mich gerichtet; er wendet ihn kein einziges Mal weg. Als ich vor ihm sitze, hält er sein Gesicht normal und schaut mich ohne weitere Gefühle an.

„Sie kennen mich noch?"

Ich denke nach, aber ich kommt nicht auf den Namen. Seine Augenklappe sagt mir etwas, aber was genau es ist, weiß ich auch nicht. Kurz und klein: ich hab keinen blassen Schimmer, vor wem ich gerade sitze. Ich schüttele den Kopf.

„Ich bin Direktor Nick Fury." In mir geht eine Glühbirne auf.

„Fury.", brumme ich nachdenklich und das Déjà-Vu-Gefühl lässt langsam nach.

„Sie haben für ganz schön viel Wirbel gesorgt, nachdem Sie verschwunden sind. Ihre Suche war uns allen sehr wichtig, aber nach dem feindlichen Angriff von Hydra, wissen die Menschen nicht mehr, ob man ihnen vertrauen kann oder nicht."

„Vertrauen Sie mir?"

Er lehnt sich in seinem großen, dicken, schwarzen Sessel ganz entspannt zurück und schaut mich an.

„Das finden wir noch heraus."

„Sie wissen, dass es nicht meine Schuld war.", sage ich noch bevor er Luft schnappen kann. „Sie haben meine Erinnerungen gelöscht und haben mich ausgebildet... Ich-..."

„Skye, das wissen wir bereits." Er lehnt sich nach vorne. „Können Sie mir erklären, was genau im Versteck von Hydra vor sich gegangen ist?"

Ich schlucke und versuche jede Information, die ich hatte, jetzt zu erklären. Obwohl es mir nicht gerade wohl dabei ist, denn ich habe seit dem Tag, an dem ich aufgewacht bin, keine Ahnung, zu wem ich überhaupt gehöre: zu Hydra oder zu SHIELD. Das Wir-Gefühl bekam ich auf beiden Seiten zu spüren und nun die eine Seite zu verraten, gibt mir ganz und gar kein gutes Gefühl.

„Sie haben meine Gedanken gelöscht... ich wurde vom Winter Soldier zum Assassin ausgebildet." Er starre nach unten auf meine Hände, die zu zittern beginnen. „Man hat mir erst später erklärt, welche Mission ich haben werde und wie wichtig ich dafür bin."

Die Erinnerungen werden deutlicher je mehr man über sie spricht. Einiges kommt wieder hoch, wie das Training in einer Glaszelle, das Schlafen in diesem Zimmer und die Mission.

Ich schaue zu Nick Fury hoch. „Und Sie sollten wissen, dass das gesamte SHIELD ein Verrat ist."

„Das wissen wir seit dem Angriff.", antwortet er gelassen. „Wir haben bereits für die notwendigen Vorkehrungen gesorgt."

„Das STRIKE-Team und Alexander Pierce stecken alle unter einer Decke mit Hydra. Wieso ist das ihnen nicht schon vorher aufgefallen?", frage ich ihn wütend.

„Es ist mir aufgefallen, dass es Hydra noch gibt. Aber es kam etwas überraschend, dass sie uns angegriffen haben. Weswegen?"

Ich denke kurz nach. „Wir sollten eure Waffen stehlen und sehen, wie weit ihr entwickelt seid, damit wir einen Schritt voraus sind. Ich glaube, diese Mission war erfolgreich. Die andere Mission war aber für mich bestimmt."

„Die lautet?"

Ich puste Luft aus und mir kommen augenblicklich Tränen in die Augen.

„Ich sollte die Avengers töten."

„Hier sind aber nicht alle von denen."

„Aber drei von ihnen. Steve, Natascha und Clint. Für Hydra wäre das ein Anfang, wenn die drei von der Liste gestrichen wären."

„Wieso?"

Er weiß die Antwort noch besser als ich.

„Weil sie eine Bedrohung für Hydra darstellen."

Es wird still zwischen mir und Nick, bis er diese bricht.

„Wissen Sie, wieso man Sie entführt hat? Es könnte jeder Agent von hier sein, aber warum ausgerechnet Sie?"

Ich zucke mit den Schultern und mache ein ahnungsloses Gesicht. Denn diese Frage habe ich mir noch nie gestellt.

„Das will ich auch nur zu gerne wissen."

Nach meinen Worten steht er ruckartig auf und spricht lauter und deutlicher.

„Videoaufnahmen vom 3. Juni 2014."

Ich drehe mich sitzend und vor allem langsam im Stuhl um und entdecke einen elektronischem Bildschirm, der wie eine 3D Leinwand in der Luft vor mich bildet. Es ruckelt ein bisschen, bis ich alles erkennen konnte. Die Kamera hängt an der Ecke eines Computerraumes, in dem man Captain America mit mir erblickt.

Ich stehe langsam auf und nähere mich der Leinwand.

Die Aufnahme hat keinen Ton, deswegen ich nicht mehr weiß, was er dort gerade sagt. Als es zum Kampf zwischen mir und ihm kommt, wird er von einem Schuss einer Bazuka weggeschleudert und fliegt geradewegs durch eine dicke Mauer hinweg in eine Halle, welche explodiert, und kommt nicht mehr wieder. Als Natascha reinkommt und es ebenfalls zu einem Kampf zwischen mir und ihr eskaliert, kann ich sie bewusstlos schlagen. Dann spult Nick etwas weiter und ich erblicke in kleinen Ausschnitten, wie ich dort für eine Zeit lang stehe und nichts tue. Mein Gesicht schein verwirrt und wütend zugleich zu sein und ich starre zu Boden, als wäre mir etwas in den Sinn gekommen. Dann stoppt Nick gerade bei dem Bild, an dem ich getötet werde und der Winter Soldier den Agent umbringt. Dann kommt der Zeitpunkt meines Todes. Ich sehe, wie ich seine Wange halte und wir uns anschauen. Wie er mich lange auf die Stirn küsst. Doch als er seinen Kopf wieder erhebt, bin ich bereits tot. Das was ich jetzt sehe, war nach meinem „Tod" passiert ist, ist sehr seltsam. Es ist, als würde man in die Zukunft sehen: Bucky kniet immer noch neben mir, starrt mich normal an, legt meine Hände auf meine Wunde aufeinander, als würde ich beten und betrachtet mich noch eine Zeit lang, bis er mir wieder einen Kuss auf die Stirn gibt und meinen Leichnam zurücklässt.

The Assassin: Rise of HydraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt