Tag 16 - Verflucht

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Thema: Interpretiere: Ein verfluchtes Mädchen in einem Spukhotel.

Bereits früh morgens war sie aufgestanden und zu dem Spiegel im Bad ihres Hotelzimmers geeilt. Schnell kämmte sie ihre wunderschönen, langen, schwarzen Haare und flocht sie zu einem Zopf. Auch ansonsten war sie wunderschön, mit ihren langen, tiefschwarzen Wimpern, den großen, braunen Augen, den vollen, roten Lippen, rundlichen Gesichtszügen und der makellosen Haut. Jedoch blieb diese Schönheit im verborgenen, denn sie war unsichtbar. Ein schrecklicher Fluch hatte direkt nach ihrer Geburt eingesetzt und sie für alle unsichtbar gemacht. Keiner wusste, woher dieser Fluch gekommen war und wie man ihn wieder aufheben konnte. Seufzend betrachtete sie ihr Spiegelbild. Nichts sehnlicher wünschte sie sich, als ein mal gesehen zu werden. Sie wollte das Armband mit den Glocken daran nicht mehr tragen müssen und wollte auch nicht mehr die Frage danach, wo sie sich befand, beantworten. Als die Tür des Zimmers geöffnet wurde und ihre Mutter schnell das Zimmer betrat, verließ das Mädchen das Bad. "Schätzchen, wo bist du?", fragte ihre Mutter und schaute sich nach ihr um. "Hier", antwortete die zwölfjährige und ließ die Glocken klingeln. Sofort wanderte der Blick ihrer Mutter zu ihr und sie begann zu lächeln. Auch ihre Mutter war wunderschön. Sie hatte langes, lockiges, schwarzes Haar, grüne Augen, ebenfalls volle, rote Lippen und makellose Haut. Von einer Hexe hätte aber auch niemand etwas anderes erwartet. Sie war eine der mächtigsten Hexen der ganzen Welt. Jedoch war auch sie vollkommen machtlos gegenüber dem Fluch. "War die Madam bereits hier?", fragte sie. "Nein. Sie hatte doch gesagt, dass sie erst wieder vorbeikommen würde, wenn sie irgendwelche Hinweise hat", sagte das Mädchen. Bereits viele Jahre reisten sie umher und versuchten, den Fluch zu brechen. Dieses mal hatten sie in einem außergewöhnlichen Hotel gehalten. Es war für Menschen vollkommen unsichtbar und nur für die verschiedensten Wesen der Nacht gedacht. Am häufigsten traf man hier Geister, oder der Gleichen. Hexen verirten sich nur selten hier her. Aber die Madam, die dieses Hotel als ihren Wohnsitz bestimmt hatte, war keine gewöhnliche Hexe. Sie verstand die Magie so gut, wie keine Ander. Sie wahr wahrlich die größte Hexe, die es je gegeben hatte. In ihrer Verzweiflung war die Mutter zur Madam, wie sie von allen genannt werden wollte, geeilt und hatte ihr das Problem erklärt. Bereits mehrere Wochen lebten sie hier und waren weiter gekommen, als in allen vorherigen Jahren.

Plötzlich wurde die Tür mit Schwung geöffnet und eine junge Frau mit vollen, roten, lockigen Haaren, bernsteinfarbenen Augen und gebräunter Haut betrat den Raum. "Ich habe es!", verkündete sie stolz. Erwartungsvoll blickten die Mutter und das Mädchen zu ihr. "Du", begann Madam und zeigte auf die Mutter, "hast etwas schreckliches getan, wofür deine Tochter verflucht wurde. Aber keine Sorge, gestehe deine Tat hier und jetzt und der Fluch wird gebrochen sein." Überglücklich blickte das Mädchen zu ihrer Mutter. Als sie aber ihren unsicheren Blick bemerkte, verschwand die Freude. "Mama, was hast du getan...?", fragte sie. Die Mutter zögerte zuerst, sie musste den Fluch aber von ihrer Tochter nehmen, weswegen sie unsicher zu sprechen begann: "Ich hatte noch eine Tochter gehabt... In dem schrecklichen Krieg von vor 15 Jahren war dein Vater umgekommen... Ich hatte versucht, mich damit ab zu finden und...und einfach weiter zu leben...aber...ich konnte das einfach nicht... I-ich versank in Verzweiflung...bis ich dann eine Idee hatte... I-ich wollte ihn wiederbeleben..." "Aber, dafür muss man doch ein anderes Leben geben! Das ist doch verboten worden!", sagte das Mädchen empört. Ihre Mutter nickte. Zuerst verstand das Mädchen nicht ganz, was diese Geschichte mit ihrer Situation zu tun hatte, denn dafür wurde man nicht mit solchen Flüchen gestraft, als ihr dann der Geistesblitz kam. "D-du h-hast d-das Leben m-meiner Schwester ge-ge-opfert...!", stotterte sie geschockt und blickte ihre Mutter entsetzt an. Schuldbewusst nickte diese. Sie traute es sich garnicht, ihrer Tochter in die Augen zu blicken. So sah sie garnicht, wie der Fluch verflog. Doch auch das Mädchen bemerkte es nicht. Viel zu viele Gefühle strömten auf sie ein, weswegen ihr sogar die Tränen gekommen waren. "Wie konntest du nur?!", fragte sie, bevor sie schnell aus dem Zimmer rannte. Ihre Mutter rief ihr etwas nach, jedoch hörte sie nicht zu.

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