Kapitel 72: Vertrauen

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*Chris' POV*
Es war eine traurige Zeit, in der wir viel redeten und nachdachten. Ich redete mit Andreas, mit seiner Frau und natürlich vor allem mit Alina. Ich erzählte und erzählte. Immer wieder, immer mehr. Und manchmal wurden wir beide wieder sehr traurig. Weil wir einfach nicht verstanden, wie es sein konnte, dass sie sich kaum mehr erinnern konnte. Das ein oder andere Mal saßen wir einfach zusammen da, stumm, und weinten. Damit, dass dieser Unfall solche Folgen haben könnte, hatte ich nicht gerechnet. Und das, obwohl die Ärzte mehrfach über mögliche Folgen gesprochen hatten.

Es war inzwischen der 27.12, ein Freitag. Es war 11:00 Uhr und ich war grade aufgewacht. Normalerweise stellte ich mir einen Wecker, sodass ich möglichst früh bei Alina sein konnte. Doch nicht heute. Denn Nadine, Alinas Freundin und Zimmergenossin hatte heute irgendeinen Termin, durch den bis kurz vor Mittag eine Besuchersperre galt. Was dort genau stattfand, wusste ich nicht. Aber ich hatte Alina versprochen, danach vorbeizukommen. So hatte ich nun nach mehreren Tagen immerhin wieder etwas mehr Schlaf finden können. Ich hatte oft wachgelegen und mich lange gefragt, warum das alles passierte. Warum immer ausgerechnet uns. Das fragten sich wahrscheinlich alle, denen etwas Schlimmes passiert war. Und ob Alina ohne mich etwas ähnliches passiert wäre. Ich kam zu dem Entschluss: wahrscheinlich nicht.

Ich klopfte an die Tür und öffnete diese vorsichtig, nachdem ich auf mein Handy geschaut hatte - 12:00 Uhr. Nadine schien nicht da zu sein, aber Alina begrüßte ich mit einem einfachen ,,Hey." und einem Lächeln. Sie saß im Schneidersitz auf dem Bett und dachte nach - etwas, was man bei jedem anderen Patienten in diesem Krankenhaus nicht hinterfragt hätte. Doch für Alina war es ungewöhnlich. Trotz den vielen Problemen hatte sie immer eine positive Ausstrahlung behalten. Ich setzte mich zu ihr und sie guckte auf. ,,Wo ist sie? Geht es ihr gut?" fragte ich, sie dachte bestimmt über Nadine nach. Doch Alina zuckte nur mit den Schultern und sah mich dann wartend an. Darauf, dass ich wie immer begann, ihr von uns zu erzählen. Jetzt, nach all dem fühlten sich die Erinnerungen wie ein Märchen an. Eine Geschichte, die zu schön ist, um wahr zu sein. Und während wir über diese Geschichten redeten, steckten wir in dieser unschönen Realität fest.

Ich überlegte grade, was ich ihr denn heute erzählen sollte, als sie mir einen Zettel überreichte, einen Brief. ,,Von dir?" fragte ich und sie nickte. Er war sorgfältig geschrieben und gefaltet. In diesem Brief erzählte sie mir nun endlich von ihren Gedanken. Davon, dass sie sich zwar an manches erinnerte, jedoch auch an vieles nicht. Sie erinnerte sich an die Choreografie und hatte oft Albträume davon, zu ertrinken. Sie schrieb mir auch, dass sie mir in keinster Weise die Schuld für den Unfall geben wollte. Es sei ihre Schuld gewesen, daran erinnerte sie sich klar. Sie hatte Andreas angelogen und gesagt, sie habe mit dieser Art Trick schon Erfahrungen gemacht. Doch das hatte sie nicht.

,,Ich bin erst seit ein paar Tagen wieder wach und obwohl ich so viel nicht mehr weiß, kamst du mir gleich bekannt vor. Und ja, unter diesen Umständen, die kaum bescheuerter sein könnten, klingt das vielleicht komisch - aber ich weiß, wie sehr ich dich geliebt habe. Und das tue ich auch jetzt noch." - Das war das Ende des Briefes. Glücklich und erleichtert zugleich legte ich den Brief beiseite. Doch ich schien etwas überlesen zu haben denn sie forderte mich auf, den Brief noch einmal zu nehmen. Sie zeigte auf den nun wirklich letzten Satz, ganz unten am Rand des Blattes. ,,Nach dem Aufwachen hatten wir einen schlechten Start. Aber vielleicht können wir das wiederholen, damit uns die schönen Momente in Erinnerung bleiben." laß ich laut vor. Und dieses Mal küsste sie mich.

Flash - Break the law of gravity 🦋 - Ehrlich Brothers FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt