Kapitel 8

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"KOMMT IHR ALLE JETZT BITTE SOFORT RUNTER!", brüllt Mrs Weasley neben mir. Wir stehen unten im Flur des Grimmauldplatz, um die Kinder zum Kings Cross zu begleiten. Mrs Weasley ist ein wenig nervös, weil sie Angst hat, den Zug zu verpassen. Ich verdrehe belustigt meine Augen und lasse meinen Blick über die vielen Koffer, die um uns herum stehen, wandern.

"Oh, um Himmels willen, Sirius, Dumbledore hat nein gesagt", sagt Mrs Weasley leicht verärgert und mein Blick wandert zur Treppe, wo Sirius in seiner Hundegestalt neben Harry aufgetaucht ist. Ich schmunzel. "Na gut, auf Deine Verantwortung", gibt Mrs Weasley schließlich nach und Sirius kommt auf mich zu. "Wenn er nicht hört, nehme ich ihn an die Leine, versprochen", lache ich und Sirius lässt ein Schnauben von sich hören. Ich bücke mich zu ihm und streichle ihm einmal über den Kopf. Dann verlassen wir das Haus. An der nächsten Straßenecke treffen wir auf Tonks, die sich uns anschließt.

Auf dem zwanzig Minütigen Weg zum Kings Cross passiert nichts weiter. Am Bahnhof angekommen lehnen wir uns der Reihe nach an die Wand zwischen Gleis 9 und 10, um zum Gleis 9 ¾ zu gelangen. Dort treffen alle irgendwen und unterhalten sich, nur ich stehe etwas abseits und beobachte die Szenerie. Mein Blick wandert über den Bahnsteig und ich suche nach irgendwas auffälligem, aber entdecke nichts, bis mein Blick auf eine große Person mit langem weißblonden Haaren fällt.

Bei der Person steht eine Hexe mit schwarzen Haaren, die sich gerade von einem Jungen, der ungefähr in Harrys Alter sein muss, verabschiedet. Im ersten Moment will ich es nicht wahrhaben, doch der Junge sieht Lucius zu seiner Hogwartszeit sehr ähnlich. Jetzt verabschiedet sich auch sein Vater von dem Jungen. Möglichst unauffällig versuche ich die Szene und vor allem Lucius zu beobachten, doch er scheint meinen Blick zu spüren, denn kaum ist der Junge in den Zug gestiegen, schaut er sich suchend um. Es dauert nicht lange bis sein Blick den meinen findet und sofort fesseln mich seine grauen Augen. Dieses Mal scheint er nicht den Blickkontakt unterbrechen zu wollen, denn er mustert mich und man erkennt, wie er zu realisieren scheint, wer ich bin.

In meinem Hals bildet sich erneut ein Kloß, den ich nicht herunterschlucken kann. Auch meinen Blick kann ich wieder nicht von ihm nehmen. Es ist als hält mich sein Blick gefangen, aber das konnte er früher schon immer. Weder auf seinem, noch auf meinem Gesicht sieht man ein Anzeichen dafür, was in uns vorgeht. Er soll nicht wissen, dass er immer noch diese Wirkung auf mich hat.

Nach so vielen Jahren sollte man eigentlich meinen, dass die Gefühle versiegen, aber irgendwie haben sie das nicht getan. Er trägt einen schwarzen Mantel, den er vorne zugeknöpft hat. In seiner einen Hand hält er einen Gehstock in dem vermutlich sein Zauberstab enthalten ist. Er hat sich schon früher immer gewünscht, so einen zu haben.

Als sich die Frau mit den schwarzen Haaren zu ihm dreht und seine Hand nimmt, versetzt das meinem Herzen einen kurzen Stich. Ich hatte vergessen, warum wir uns damals getrennt haben. In meinem Kopf bildeten sich sofort Bilder davon, wie sie ihn küsste, so wie ich es früher immer getan habe. Oder davon, wie er ihr die Hand an die Wange legt und sie mit dem selben weichen Blick ansieht, wie er es früher bei mir getan hat. Und unweigerlich dachte ich daran, wie schön wohl ihre Hochzeit gewesen sein muss. Meine Augen werden wässrig und ich versuche verzweifelt, mich von ihm abzuwenden. Über sein Gesicht huscht ein kurzes Lächeln, von dem ich nicht weiß was es zu bedeuten hat.

Der Warnpfiff, der das baldige losfahren des Zuges ankündigt, reißt mich aus meinen Gedanken und ich schaffe es, endlich den Blick von ihm zu reißen, um mich wieder zu den anderen zu drehen. Ich sehe, wie sich Sirius kurz auf die Hinterpfoten stellt und seine Vorderpfoten auf Harrys Schultern legt. Das sollte er nicht tun. So was macht ein Hund nicht.

Mrs Weasley scheint der selben Meinung zu sagen und schiebt Harry unerbittlich weiter zur Wagentür. "Um Himmels willen, benimm dich mal ein bisschen mehr wie ein Hund, Si...", beginnt sie zu zischen, doch ich unterbreche sie. "Schnuffel, aus", rufe ich und ziehe ihn an seinem Fell etwas zu mir. Ich bücke mich zu ihm und flüstere: "Oder willst du an die Leine?" Fast unmerklich schüttelt Sirius mit dem Kopf und setzt sich dann brav neben mich. Ich stelle mich wieder aufrecht hin und winke den Kindern nochmal zum Abschied.

"Wir sollten gehen", sage ich als der Zug verschwunden ist und drehe mich zum gehen. Die anderen folgen mir und vor dem Kings Cross trennen sich unsere Wege. Mr und Mrs Weasley gehen zurück nach Hause, Moody hat sich noch, bevor der Zug gefahren ist, verabschiedet und Remus und Tonks hatten noch was anders vor. Deshalb laufen Sirius und ich alleine zurück zum Grimmauldplatz. Den gesamten Weg bleibe ich still und denke an Lucius.

Kaum ist die Tür hinter uns zu, verwandelt sich Sirius zurück, dreht sich zu mir und nimmt mich in den Arm. Er hat also gemerkt, dass mich etwas beschäftigt. War irgendwie aber auch nicht besonders schwer zu erraten. "Malfoy war damals der Grund, warum du jeden in Hogwarts abgewiesen hast, wenn er mit dir ausgehen wollte, oder?" fragt er plötzlich und ich schiebe ihn ein Stück von mir. "Wie kommst du darauf?" Ich habe nicht bemerkt, dass Sirius den Blickkontakt zwischen Lucius und mir bemerkt hat. Irgendwie habe ich gehofft, dass die anderen so in ihre Gespräche vertieft waren und es einfach nicht bemerkt haben. "Ich habe deinen Blick gerade gesehen und Lily hat mir mal erzählt, dass du dein Herz schon im ersten Jahr auf Hogwarts verloren hast. Scheinbar hast du es bis heute nicht wieder", lächelt er und stupst mich einmal kurz an. Ich muss schmunzeln. "Das kann schon sein, aber er hat sich für die Tradition und gegen mich entschieden", erkläre ich ihm dann und er guckt mich mitfühlend an. "Ist schon in Ordnung. Mir war früher schon klar, dass das zwischen uns nicht ewig halten würde" Ich senke meinen Blick etwas und versuche den Kloß, der sich bei dem Gedanken an Lucius wieder in meinem Hals bildet, herunterzuschlucken. "Du hast was besseres als ihn verdient", versucht Sirius mich aufzumuntern und ich schenke ihm ein kurzes Lächeln.

Eine Piratin in HogwartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt